Einzelstück für Prototypen-Bau – Auszeichnung: Dritter Platz auf der Hannover-Messe Preccon baut einzigartigen Reifenschnitz-Roboter

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Sie sind stolz – auf das, was sie gebaut haben. Und auf den Preis, den sie dafür bekommen haben: Hartmut Lindner und Dieter Ladegast, die Geschäftsführer des kleinen Bayreuther Unternehmens Preccon Robotics haben mit ihrem Team einen weltweit einzigartigen Roboter für den Reifenhersteller Continental gebaut. Für das Projekt gab es jetzt den dritten Platz beim Robotics-Award 2014 – trotz starker Konkurrenz aus großen Herstellern.

 
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Es war ein Projekt, das unter größter Geheimhaltung lief. Und bei dem – im übertragenen Sinn – David und Goliath Hand in Hand arbeiteten. Der große Reifenhersteller Continental auf der einen Seite, das 2006 gegründete Robotics-Unternehmen Preccon, das seinen Sitz im Gründerzentrum des Kompetenzzentrums für neue Materialen in Wolfsbach hat, auf der anderen Seite. Continental hatte bei Hartmut Lindner und Dieter Ladegast angeklopft und einen Roboter in Auftrag gegeben, der beim Bau von Prototypen für Reifen eingesetzt werden sollte.

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„Im Frühjahr 2012 kam der Auftrag, zehn Monate später haben wir ausgeliefert“, sagt Hartmut Lindner. „Vier Mann-Jahre Arbeit stecken in der Anlage.“ Diese Zeit zeigt: Es war kein Spaziergang, den Roboter zu bauen. Denn: „Wir haben dem Auftraggeber ein Konzept erstellt, das über seine Erwartungen hinaus gegangen ist“, sagt Dieter Ladegast. Und das Probleme löst, die dem Hersteller noch gar nicht bewusst gewesen sein, als der Auftrag vergeben worden war. Eines davon: Ein Reifen-Rohling gleicht dem nächsten nicht wie ein Ei dem anderen: „Da gibt es Größenunterschiede von bis zu 15 Millimetern, das Profil muss aber bis auf den Zehntelmillimeter genau geschnitzt werden“, sagt Lindner. „Wir befinden uns hier in einer schlabbrigen Geometrie. Das macht die Sache hochkomplex. Deshalb baute Preccon einen Roboter, der bild- und lasergestütztes Messsystem und Werkzeug in einem ist. „So etwas gibt es in der Art nur ein Mal weltweit“, sagt Lindner.

Der Roboter beschleunigt einen Prozess, der bislang zwei Tage gedauert hat, auf die Hälfte der Zeit: Bislang brauchte einer der Spezialisten, die ein neues Profil-Design mit heißen Messern in einen Rohling schnitzen, zwei Tage pro Reifen. Der Roboter schafft das in einem Tag. „Dazu kommt, dass ein Mann einen Tag brauchte, um die Schablone, die die Entwickler vorgeben, auf den Reifen aufzuzeichnen“, sagt Lindner. „Auch das kann unser Roboter – und zwar in einer Stunde.“ Das Problem bislang: „Wenn man mit dem Messer auch nur einen Hauch zu tief kommt und die die Karkasse des Reifens beschädigt, ist das ganze Teil im Eimer.“ Das ist eines der Probleme, das der Roboter aus Bayreuth löst. „Die Anforderung war: schnell, flexibel und genau soll er arbeiten.“ Und er soll vor allem das Ergebnis reproduzierbar machen, wenn einer der Prototypen bei den Tests für das Verhalten auf Nässe, bei Schnee und Eis oder bei der Rollwiderstands-Prüfung, die er durchläuft, beschädigt wird.

Die Anlage macht die Reifenschnitz-Spezialisten nicht entbehrlich. „Im Gegenteil: Sie können damit ihre Arbeit noch genauer machen“, sagt Ladegast. „Der Roboter bereitet Reifen auch für manuelles Schnitzen vor. Etwa bei Lastwagen-Reifen, die für die Anlage zu groß sind.“ Was die Prototypen-Anlage so besonders macht, ist die Art und Weise, wie sie arbeitet: „Wir haben eine Offline-Programmierung entwickelt, die es ermöglicht, dass der Roboter sofort loslegen kann, sobald er das neue Programm übertragen bekommen hat. Er muss nicht erst umfangreich eingestellt werden, weil er sich selber kalibriert“, sagt Lindner. Das ergebe eine deutliche Zeitersparnis, weil „wir ein durchgängiges Konzept entwickelt haben“. Vereinfacht ausgedrückt: Der Designer schickt das Programm in den Rechner des Roboters, der Reifen-Rohling wird auf den Tragarm gespannt, der Roboter greift sich eines der 40 Werkzeuge, die am Arm des Roboters erhitzt werden und beginnt, mit der heißen Klinge das Muster in den Gummi zu schnitzen. „Das geht butterweich rein“, sagt Ladegast. „Die Anlage ist dabei sehr bedienerfreundlich. Weil der Roboter selber schlau ist.“

Dass Preccon sich um den Robotics-Award auf der Hannover-Messe beworben hat, sei eine Spontan-Entscheidung gewesen, sagt Lindner. Man habe ja erst einmal klären müssen, ob man das Geheimnis lüften dürfe. „Und ein paar Tage vor Anmeldeschluss haben wir dann die Köpfe zusammengesteckt und definiert, wo die Innovationen stecken, ein Konzept gemacht. Wir mussten ja auch ein Video drehen. Das ist dann mehr oder weniger über Nacht entstanden.“ Aus „einem Haufen von Bewerbern“ seien vier übriggeblieben: Die österreichische Keba AG, die den ersten Platz belegte, die Fanuc Deutschland GmbH kam auf Platz zwei, den dritten Platz teilen sich Bosch und Preccon. „Den Leuten – allesamt Roboter-Spezialisten in der Jury – hat gefallen, was wir gemacht haben“, sagt Ladegast. Ein Preisgeld, sagen die beiden, habe es nicht gegeben. „Viel wichtiger ist, dass wir darüber reden dürfen.“