Langzeitarbeitsvisa für Pflegekräfte
Sie haben Lücken hinterlassen, die Briten nicht füllen wollen oder können. Deshalb wurden Hunderttausende aus anderen Teilen der Welt ins Land geholt. Als Beispiel nennt die Migrationsforscherin Madeleine Sumption von der Universität Oxford die Einführung von Langzeitarbeitsvisa für Pflegekräfte. Die größten Gruppen kommen aus Nigeria, Indien und Ghana. Die Branche sei von Kräften aus ärmeren Staaten abhängig, kritisieren Experten.
Zugleich wächst die Liste der Branchen beständig, die von den scharfen Visa-Regeln ausgenommen werden. Erst vor kurzem wurden Fischer ergänzt - das Versprechen, der Brexit helfe der heimischen Fischerei, hat sich noch nicht erfüllt. Beim EU-Handel mit frischen Produkten kommt es vielmehr seitdem zu Hemmnissen.
Freie Stellen mit Britinnen und Briten füllen
Brexit-Hardliner hingegen fordern, freie Stellen mit Britinnen und Briten zu füllen. "2,5 Millionen Menschen sind langfristig krankgeschrieben. Viele behinderte Menschen, die arbeiten wollen, finden keine Arbeit", sagte der Tory-Abgeordnete John Hayes dem Sender BBC Radio 4. Die Rechtskonservativen kritisieren, Arbeitgeber erhielten keine Anreize, Briten einzustellen und auszubilden, so lange sie günstigere ausländische Arbeitskräfte holen könnten. Doch die von Ex-Premier Johnson versprochene "high-wage, high-skill economy" - also eine Wirtschaft mit gut bezahlten und hoch qualifizierten Kräften - ist nicht in Sicht.
Um den Zuzug zu senken, kündigte die Regierung als ersten Schritt jüngst an, die Visa-Vergabe für Angehörige von Master-Studenten von 2024 an zu unterbinden. 2022 wurden 136 000 Visa für Partner oder Kinder von Studenten erteilt, mehr als acht Mal so viele wie noch 2019. Damit soll nun Schluss sein. Mit insgesamt knapp 1,5 Millionen Visa für Arbeit, Studium und Angehörige wurden im Jahr von April 2022 bis Ende März 2023 so viele ausgegeben wie nie zuvor.
45.000 Menschen irregulär eingereist
Auch gegen die irreguläre Einreise über den Ärmelkanal will London härter vorgehen. Im vergangenen Jahr reisten etwa 45.000 Menschen in kleinen Booten über die Meeresenge nach Großbritannien ein. Mit schärferen Asylgesetzen soll ihnen der Zugang zu Schutz in Großbritannien künftig versagt werden. Dass die Zahl dieser nicht erwünschten Migranten zuletzt zugenommen hat, liegt auch am Brexit: Denn seitdem gibt es keine Rücknahmeabkommen mehr mit der EU. Wie das Innenministerium mitteilte, warten knapp 175.000 Menschen auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag - auch das ein Rekord.
Der Ton hat sich verschärft. So bezeichnete Innenministerin Suella Braverman die Ankunft irregulärer Migranten als "Invasion". Ein andermal berichtete sie von ihrem "Traum", diese Menschen so schnell wie möglich abzuschieben. Kritiker warnen, die Rhetorik stachele zu Hass gegen Einwanderer an. "Es sei daran erinnert, dass jeder einzelne Mensch, der heute in Großbritannien lebt, der Nachkomme eines Einwanderers ist", sagte Peter Drechsler von der Internationalen Handelskammer in London der BBC.