Einmalig im Landkreis 8000 Arbeitsstunden für neues Gemeinschaftshaus

Peter Engelbrecht
Bürgermeister Robert Pensel hinter dem Tresen des neuen Dorfgemeinschaftshauses in Haag. Foto: Peter Engelbrech

Bürger haben ehrenamtlich mit angepackt und ein neues Dorfgemeinschaftshaus in Haag geschaffen. Es soll ein Treffpunkt in der Gemeinde sein.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wenn es keinen Treffpunkt mehr in der Gemeinde gibt, dann müssen die Bürger selbst mit anpacken und ein Wirtshaus schaffen. So ist es in der Gemeinde Haag mit dem Dorfgemeinschaftshaus geschehen – ein wohl einmaliges Vorhaben im gesamten Landkreis Bayreuth, was den außergewöhnlichen ehrenamtlichen Kraftakt betrifft.

„Hier haben Leute von 14 bis 80 Jahren mitgearbeitet“, zeigt sich Bürgermeister Robert Pensel sichtlich stolz. In das neue Dorfgemeinschaftshaus in Haag, die heruntergekommene frühere Gaststätte zur Rotmainquelle, haben freiwillige Helfer sage und schreibe rund 8000 Arbeitsstunden gesteckt. Das Amt für Ländliche Entwicklung, das die Maßnahme im Rahmen der Dorferneuerung förderte, zahlte pro Helferstunde zwölf Euro, die von den Ehrenamtlichen wiederum an die Gemeinde gespendet wurden.

300.000 Euro gespart

Hätte man die Arbeiten an Firmen vergeben, hätte das mindestens rund 400.000 Euro gekostet, rechnet Pensel vor. Er kommt zum Schluss: durch Eigenleistung wurden etwa 300.000 Euro gespart. Die Gesamtsumme für das Dorfgemeinschaftshaus, die angrenzende neue Kulturscheune, einen neuen Lagerschuppen und die Außenanlagen beträgt 1,038 Millionen Euro. Davon zahlte das Amt für Ländliche Entwicklung in Bamberg je nach Maßnahme 50 bis 70 Prozent Zuschuss.

Das Dorfgemeinschaftshaus sei erst durch die Eigenleistung möglich geworden – sonst hätte man das nicht finanzieren können, unterstreicht der Bürgermeister. Das Engagement der Einheimischen sei so groß gewesen, dass es eigentlich mit einem Bürgerpreis gewürdigt werden müsste, findet er. Wochenende für Wochenende hätten Freiwillige das ehemalige Wirtshaus umgebaut und saniert, häufig am Samstag von 7 bis 19 Uhr. Unter der Woche waren die örtlichen Rentner aktiv. Insgesamt rund 50 Helfer hätten in ihrer Freizeit mit angepackt. Ehrenamtlicher Bauleiter war Willi Engelhart.

Glücksgriff

2018 im Herbst sei mit den Arbeiten begonnen worden, im Juli 2022 war das Dorfgemeinschaftshaus dann fertig und wurde offiziell eingeweiht. „Das waren vier interessante Jahre, denn man wusste ja nie, wann wird’s fertig“, sagt Pensel. Das frühere Wirtshaus wurde 2012/13 vom damaligen Bürgermeister Horst Rauh gekauft. Amtsnachfolger Pensel bezeichnet das als „Glücksgriff“, denn das markante Gebäude liegt in der Dorfmitte von Haag. Für ihn war es eine „Herzensangelegenheit“. Im Rückblick sagt er zufrieden: „Es hat sich rentiert.“

Für die Betreuung des Hauses wurde eigens ein Dorfverein gegründet, der das Wirtshaus quasi von der Gemeinde gepachtet hat. Nach den amtlichen Vorgaben darf das Dorfgemeinschaftshaus zwölf Jahre lang nicht an einen Wirt verpachtet werden. Im Dachgeschoss, das komplett erneuert wurde, ist bereits der Ausbau einer Wohnung für einen möglichen künftigen Wirt vorgesehen. Doch das hat noch Zeit.

Im neuen Treffpunkt tagt bislang die Feuerwehr, der Gesangverein probt oben im ersten Stock. Der Frauenstammtisch und der Stammtisch der Feuerwehr sind hier neuerdings ebenfalls daheim. Auch der Kinderfasching, das Heringsessen und ein Weinabend könnten hier laufen.

Die Gemeinderatssitzungen werden ab 2029 ebenfalls oben im Saal stattfinden – doch dann wird Pensel ganz sicher nicht mehr im Amt sein, denn er will zum Ende der Wahlperiode 2026 aus Altersgründen aufhören. Und: Für Hochzeiten, Geburtstage und Taufen können die Wirtsstube (35 Sitzplätze) oder die benachbarte Kulturscheune (100 Plätze) gemietet werden. „Das soll ein neuer Treffpunkt für die rund ein Dutzend Vereine in der Gemeinde werden“, hofft Pensel.

Wirtshaussterben schlug voll zu

Denn das Wirtshaussterben schlug voll zu. Früher gab es bei 1000 Einwohnern jeweils ein Gasthaus in Gosen, in Obernschreez und in Unternschreez sowie zwei Einkehrmöglichkeiten in Haag. „Da ist nichts mehr da“, bedauert Pensel. Deshalb macht das neue Gemeinschaftshaus Sinn. Auch sonst wurde Infrastruktur massiv abgebaut: Die Post, die Raiffeisenbank, die Sparkasse und der Edeka-Laden sind längst verschwunden.

An eine bessere Vergangenheit erinnern noch historische Schwarz-Weiß-Bilder, die in der Gaststube hängen. Sie zeigen Haag, wie es einst war mit der Feuerwehr, dem Dorfladen und den Wirtshäusern. Auf einer vergrößerten Postkarte ist eine Dorfansicht mit Kirche, die benachbarte Rotmainquelle und die Gastwirtschaft mit Metzgerei und Bäckerei zu sehen.

Die Gaststube ist heute wohl so gestaltet, wie sie einst einmal ausgesehen hat: Die Eckbank ist umlaufend, wie es früher in den Wirtshäusern war, die Wände sind Mannshoch mit dunklem Holz verkleidet. Bislang trifft sich am Dienstag die Feuerwehr hier, sonst gibt es – noch keine – regelmäßigen Öffnungszeiten. Die Kommunikation läuft elektronisch über die Dorfvereins- und Wirtshaus-App.

Die gesamte Dorferneuerung sollte ursprünglich 2023/24 fertig werden, doch Personal- und Materialmangel verzögern das Projekt. Pensel will keine Prognose mehr zur Fertigstellung abgeben. Die Unwägbarkeiten sind einfach zu groß.

Bilder