Lesen Sie auch:
Drei Fragen an Klaus Wührl-Struller
Herr Wührl-Struller, die Walküre soll in einfache Sprache übersetzt werden. Was heißt das?
Klaus Wührl-Struller: Das heißt, dass wir möglichst keine Fremdwörter benutzen. Und dass wir zusammengesetzte Wörter durch Bindestriche koppeln, damit sie leichter zu erkennen sind. Donaudampfschifffahrt zum Beispiel ist leichter zu lesen, wenn man Donau-Dampf-Schifffahrt schreibt. Man sollte außerdem soweit möglich auf Nebensätze verzichten und auf gar keinen Fall irgendetwas einschieben.
Warum muss man einfache Sprache lernen? Ist sie nicht das Normalste auf der Welt?
Wührl-Struller: Wer bei einem solchen Projekt mitmacht, der liest, schreibt und spricht in aller Regel auch viel. Und gerade dann wird der Blick für das einfach blind. Wer in der Stadt regelmäßig einen laden betritt, der wird kaum noch merken, dass er da über eine Schwelle muss. Wer sich einmal in einen Rollstuhl setzt, der merkt das sofort. Es geht also vor allem darum, die Leute für das zu sensibilisieren, was Sprache unnötig schwierig macht.
Nehmen wir ein Beispiel. Im dritten Aufzug der Walküre sagt Waltraude: „Auf sie noch harren müssen wir hier: Walvater gäb’ uns grimmigen Gruß, säh’ ohne sie er uns nah’n!“ Wie könnte das in einfacher Sprache lauten?
Wührl-Struller: Ich würde sagen: „Hier müssen wir auf Brünhilde warten. Wotan wird böse sein, wenn wir ohne sie kommen. Und Wotan ist der oberste aller germanischen Götter.“ Wir müssen also klar machen, wer „sie“ ist. Und dass mit Walvater Wotan gemeint ist. Und wer wiederum der ist. Wir müssen also auch sagen, was sonst nur in irgendwelchen Info-Kästen steht. Beinahe automatisch wollte ich übersetzen: „Wotan wäre böse, wenn wir ohne sie kämen.“ Aber auch der Konjunktiv ist unnötig kompliziert.