Eine ungewöhnliche Wohngemeinschaft mit einem Jagdvogel Falkner zieht Bussard mit der Hand auf

Von Ulrike Sommerer

Daniel Kohl, Falkner auf Burg Rabenstein, hatte für einige Zeit einen ungewöhnlichen Mitbewohner: Rocky, ein Wüstenbussard. Er zog das Tier mit der Hand auf - und entwickelte eine ganz besondere Beziehung zu ihm.

Nach vielen Tagen als Wohngemeinschaft sind Daniel Kohl und der Wüstenbussard Rocky ein eingespieltes Team. Kohl zog den Bussard mit der Hand auf - inklusive gemeinsamen Fernsehgucken und Autofahren. Inzwischen lebt Rocky in der Falknerei der Burg Rabenstein, in etwa zwei Wochen wird er dort auch in den Flugvorführungen zu sehen sein. Foto: Münch Foto: red

Daniel Kohl hat die Seiten gewechselt. Nicht mehr gefressen werden, nein, fressen ist jetzt sein Metier. Besser: Das Metier seiner Tiere. Die Vorgeschichte: Schon immer gehörten Tiere zu Daniel Kohls Leben. Als kleiner Junge züchtete er Tauben. Doch eine nach der anderen wurde vom Habicht gerissen. „Und jetzt hab ich die Seiten gewechselt.“ Daniel Kohl muss lachen, als er das erzählt. Denn heute ist der 22-Jährige Berufsfalkner in der Falknerei der Burg Rabenstein und kümmert sich nun eben nicht mehr um die, die gefressen werden, sondern um die, die fressen. Falken, Bussarde, Adler. Jagdvögel. Zu einem hat er inzwischen eine ganz besondere Beziehung aufgebaut. Den Wüstenbussard Rocky zog er mit der Hand auf.

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Rocky und Daniel sind Freunde

Rocky stößt ein schrilles Quietschen aus, als Daniel Kohl in auf die Faust nimmt, die in einem festen Lederhandschuh steckt. Die knallgelben Füße des Tieres krallen sich fest, die Lederbänder daran hält Kohl. So hat er den Vogel sicher. Kohl spricht viel von Vertrauen, wenn er von sich und Rocky erzählt. Und er spricht von einer Beziehung auf Augenhöhe. „Nicht wie bei einem Hund, bei dem das Herrchen der Rudelführer ist.“ Rocky ist ein frei denkender Geist. Die Augen des Bussards blicken wachsam als Kohl ihn mit verliebten Blicken ansieht. Rocky schlägt mit den Flügeln.

Vier Wochen alt war Rocky, als Kohl ihn zu sich holte, die ersten Tage seines Lebens hatte der junge Bussard bei den Alttieren verbracht, was Kohl für die Prägung des Vogels wichtig war. Das Vertrauen zwischen Rocky und Kohl wuchs schnell. Am ersten Tag habe das Tier noch große Angst vor Menschen gehabt, doch schon am zweiten Tag waren Rocky und Daniel Kohl Freunde. „Wir sind zusammen Auto gefahren, haben Fernsehen geguckt“. Die vielen Actionfilme, die die beiden sahen, verhalfen Rocky auch zu seinem Namen, erzählt Kohl grinsend.

Bussard mit der Hand aufziehen

Kohl lebt allein. Was wohl von Vorteil ist, wenn ein Bussard gerne einmal in die Wohnung kackt („nicht so schlimm, kann man ja wegwischen“) oder („viel schlimmer, das Zeug verteilt sich überall“) den Gefiederstaub in der Wohnung hinterlässt oder („noch schlimmer“) sein Futter, Küken nämlich, rupft und mit einem Flügelschlag das Ergebnis selbst bis unter die Eckbank befördert, unter der es Kohl nur ganz schlecht wieder hervor bekommt... Doch einen Vogel per Hand aufzuziehen, war schon immer Kohls größter Wunsch. Jetzt hatte er die Gelegenheit - und griff zu. „Es ist einfach toll, ihn wachsen zu sehen.“ Zuhause bei Daniel Kohl kämpfte er täglich mit dem Kehrbesen, zerstörte Blumentöpfe, machte Mittagspause im Liegestuhl, rutschte in die Badewanne und machte sich einen Spaß daraus, sich jeden Morgen von Kohl suchen zu lassen. Sein liebstes Versteck: Hinter dem Vorhang. Seinen ersten Flugversuch, auch den durfte Daniel Kohl erleben. Rocky unternahm ihn in der Falknerei.

Der Anfang des Fliegens war das Ende der Wohngemeinschaft. Seitdem lebt Rocky in der Falknerei und Daniel Kohl wieder alleine. Da sich die beiden täglich in der Falknerei sehen, sei der Trennungsschmerz auszuhalten, sagt der 22-jährige Falkner.

Inzwischen ist Rocky zwölf Wochen alt, ein ausgewachsener Bussard. Sobald die Vögel trocken sind, die Federkiele nicht mehr von Blut versorgt werden, kann mit ihnen gearbeitet werden, können sie für die Jagd (und im Fall der Falknerei auf Burg Rabenstein auch für die Flugshows) ausgebildet werden. In etwa zwei Wochen wird auch Rocky in den Flugvorführungen der Falknerei zu sehen sein. Dass er in menschlichem Umfeld aufwuchs, habe bei seiner Ausbildung Vorteile. Wer schon Auto gefahren ist und Fernsehen geguckt hat, sei weniger schreckhaft. Kohl sagt: „Das Wesen der Tiere ist gefestigter.“

Adler züchten

Das ist gut. Denn die Vögel sind Waffen, mit ihnen darf gejagt werden. Ein Steinadler könne zum Beispiel durchaus ein Reh erlegen. Um Falkner zu werden muss man daher auch die Jägerprüfung ablegen und den Falknerjagdschein machen.

Die Falknerei auf Burg Rabenstein hat sich auf die Zucht von Adlern spezialisiert. Laut Kohl die schwierigste Zucht, legen Adler doch nur ein Ei pro Jahr. „Dieses Jahr ist extrem schlecht für die Zucht“, der lange Winter habe die Vitamin B-Produktion, die für die Brut wichtig sei, gedrosselt. „Von 14 befruchteten Eiern haben wir nur eines durchgebracht.“ Auch wenn sich Kohl um diese Zucht nun kümmert, die Beziehung zu Rocky bleibt eine besondere. Da passt mit Sicherheit kein Adler dazwischen...

Info: 68 Vögel gehören zum Bestand der Falknerei auf Burg Rabenstein. Flugvorführungen sind außer montags täglich um 15 Uhr.