Eine Studie behauptet, auf Facebook würde zu Flüchtlingen sachlich diskutiert - Die Realität sieht aber anders aus Flüchtlinge: Kommentar(un)kultur im Netz

Von Kerstin Fritzsche und Elmar Schatz
 Foto: red

Die Flüchtlingsdebatte in sozialen Netzwerken läuft nach einer neuen Studie weitgehend sachlich – aber den Online-Redakteuren des Kuriers bietet sich leider ein ganz anderes Bild: Immer wieder müssen Hass-Tiraden gelöscht werden.

 
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Der öffentlich sichtbare Anteil vulgärer, aggressiver Kommentare liege konstant unter zehn Prozent, ergab die Studie des Münchner Beratungsunternehmens Munich Digital Institute. Dazu wurden die Kommentare zu Flüchtlings-Artikeln auf den Profilen von „Bild“, „Welt“, „Süddeutscher Zeitung“, „Zeit“, „FAZ“ und ARD-Tagesschau im Zeitraum von Dezember 2014 bis August ausgewertet.

51 Prozent der untersuchten Facebook-Kommentare seien klar pro Zuwanderung einzuordnen, vier Prozent klar negativ gewesen. Unklar ist, wie viele Artikel von den sechs Medien auf Facebook veröffentlicht, zu welcher Tageszeit und wie viele Kommentare untersucht wurden.

Ganz unten bei der Analyse steht, dass gelöschte Kommentare nicht berücksichtigt wurden. Jetzt wolle man Community-Manager zum Löschen in ihren Redaktionen befragen.

Dies hätte der Studie gutgetan, bevor man sie veröffentlicht. Denn die Kurier-Online-Redakteure erleben anderes und müssen bei Kommentaren zur Flüchtlingsdebatte zunehmend löschen und ermahnen. Viele beleidigen, attackieren oder drohen direkt, und werden von den Redakteuren auch direkt gesperrt.

Sachen wie „Haut diesen feigen Schweinen in die Fresse und steckt ihnen ihr eigenes Messer in den Arsch!“ können logischerweise nicht stehen bleiben. Zunehmend kommt der Hass unter Klarnamen, auch die Zugehörigkeit zu einer rechten Partei wird nicht mehr versteckt.

Der Kurier hat deshalb jüngst auch einige Fälle zur Anzeige gebracht. Viele begreifen dennoch nicht, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, dass sie als Person online nicht anders beurteilt werden (können) als offline. Auch die Redaktion selbst wird zunehmend zur Zielscheibe. So schlimm wie bei Anja Reschke, die Mord- und Vergewaltigungs-Drohungen auch per Kommentar erhielt, ist es beim Kurier nicht. Aber die Radikalität nimmt zu.

Lesen Sie auch den Kommentar dazu: Schlechte Studien führen zu negativen Reaktionen