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Vor 40 Jahren war es der Stolz von Bayerns kleinstem Kurbad, bis Juli soll nichts mehr davon übrig sein: Das ehemalige Kur- und Sporthotel – acht Stockwerke, 120 Zimmer, 180 Betten – wird abgerissen. Ein letzter Rundgang, Geschichten und Anekdoten um ein Bauwerk, das mal ein Leuchtturmprojekt war.
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Das Hotel: Anfangs der 1970er Jahre kommt die große Welt ins kleine Alexandersbad. Das Kur- und Sporthotel bringt Kurgäste, aber auch Jetset und Prominente ins Fichtelgebirge. Riesige Empfangshalle, Schwimmbad im obersten Stock mit Panoramablick und öffnendes Dach, Restaurants, Bars – eine über der Empfangshalle war Stammplatz für Schauspieler Günter Strack – , Disco mit freitäglicher Livemusik, ein geschlossener Übergang zum Kurmittelhaus, eine Ladenzeile mit Boutiquen und Arztpraxen.
Doch der schöne Schein währt nur gut zehn Jahre. Schon 1985 werden vier der acht Stockwerke in ein Seniorenheim verwandelt, das auf der Rückseite einen separaten Eingang bekommt. Die oberen Stockwerke bleiben Hotel, aus einem Haus werden faktisch zwei. Mitte der 90er Jahre werden die Hotelräume noch mal komplett renoviert und neu möbliert, doch es zieht nie ein Gast ein – eine gigantische Fehlinvestition.
Das Seniorenheim bleibt bis Anfang der 2010er Jahre. Die Eigentümer sehen sich für den Weiterbetrieb immensen Investitionen gegenüber. Das Haus kommt bei einem kleinen Berliner Auktionshaus unter den Hammer. Der Gemeinderat ist aufgescheucht: Was wird aus der ortsbildprägenden Bettenburg mit dem Betoncharme der 70er Jahre? Womöglich eine gigantische Ruine mitten im Ort? Kurz entschlossen fährt man nach Berlin und bietet mit, das Anfangsgebot liegt bei 95 000 Euro. Bürgermeister Peter Berek hat sich parallel bei Landrat Karl Döhler die Erlaubnis eingeholt, dass die kleine, hoch verschuldete Kommune um das inzwischen leere Hotel mitbieten darf.
Auftritt Herr Shi aus China. Er überbietet jedes Gebot der Gemeinde, erhält den Zuschlag, der Hammer fällt bei 500 000 Euro. Doch der Mann aus Fernost mit dem vielen Geld hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Er wusste offenbar nichts von den hohen Hürden für den Weiterbetrieb als Seniorenheim. Und den Fichtelgebirgswinter hatte er auch nicht auf der Rechnung. 2015 friert eine dauergefüllte Steigleitung für den Feuerschutz auf, 300 000 Liter Wasser verteilen sich gleichmäßig in den unteren Etagen des Hotels. In einem der großen Räume im Erdgeschoss künden randvolle Plastikeimerpyramiden von Herrn Chis Versuchen, das Wasserproblem zu lösen. Anderswo sind es schwarze Flecken an Wänden und Decken und sogar Pilze auf dem Teppichboden.
Knapp zwei Jahre nachdem Herr Shi das Hotel ersteigert hat, verkauft er es für 680 000 Euro an die Gemeinde, die 90 Prozent Zuschuss erhält. Doch der große Batzen kommt erst noch. Der Abriss kostet rund zwei Millionen Euro, auch hierauf bekommt die Kommune 90 Prozent Zuschuss.
Die Promis: Unter den Leuten mit bekannten Namen im Hotel waren Günter Strack, Barbara Rütting und viele andere Schauspieler, aber auch Skirennläuferin Hanni Wenzel (Olympia-Gold 1980 in Lake Placid).
Die Abreißer: „Gehen Sie davon aus, dass im Juli hier nichts mehr steht“, sagt Richard Steppan aus Waldsassen. Er hat den Abriss geplant. Das Kur- und Sporthotel ist sein größtes Gebäude bisher, sieht man von Industrieschornsteinen ab. Alte Porzellanfabriken und Ziegeleien ,vor allem in der Oberpfalz, hat er schon dem Erdboden gleichgemacht.
Thomas Böhm aus Ebersbach wird mit 15 Mann die eigentliche Arbeit machen. Sein bisher größter Abriss: ein Kohlekraftwerk in Erfurt. Der eigentliche Abriss beginnt mit der Garage. Ein 120-Tonnenbagger mit 50-Meter-Arm und riesiger Schere wird sich durch die tragenden Stahlbetonteile fressen. Wie bei 70er-Jahre-Bauten üblich, sind die Abreißer auch mit Problemabfällen konfrontiert: Schächte und Leitungen aus Asbestzement, PCB-haltige Abdichtungen. Überall im Haus sind bereits Löcher in den Wänden, wo Steppan die Innereien des Hauses unter die Lupe genommen hat.
Eine spektakuläre Sprengung wird es nicht geben. „Der Staub wird das größte Problem“, sagt Steppan. So lange Frost ist sollen deshalb Schneekanonen zum Einsatz kommen, der Kunstschnee bindet den Staub noch besser als Wasser.
Das soll kommen: Konkrete Pläne für die Nachnutzung der 14 000 Quadratmeter großen Fläche gibt es noch nicht. Ein Wohnwagenstellplatz ist angedacht, wo vor 40 Jahren Luxuskarossen vor den Augen staunender einheimischer Buben vorfuhren. Und das bald fertige neue Kurmittelhaus liegt gleich daneben. Ende April ist Einweihung. Und wenn es gut läuft und erweitert werden muss, dann ist Platz dafür da.
Peter Berek, Bürgermeister: „Ich war 13, als ich 1982 nach Bad Alexandersbad kam. Das Hotel war für mich einfach nur riesengroß. In der Empfangshalle ist eine gewaltige Säule, wenn der Mitarbeiter am Empfang mich nicht sehen konnte, bin ich reingehuscht und habe das Hotel erkundet.“ Das Gefühl für die Größe des Hauses hat sich Berek bis heute bewahrt: „Auch wenn wir jetzt noch ins Haus kommen, entdecken wir immer wieder neue Räume.“
Ronald Ledermüller, Gemeinderat: „Als ich drei Jahre alt war, bin ich der Schauspielerin Barbara Rütting mal mit dem Fahrrad in die Haxen gefahren. Sie wohnte im Hotel und war gerade aus dem Edeka rausgekommen. Das war meinem Vater furchtbar peinlich. Später war die Tiefgarage unser Spielplatz. Hier haben wir immer Agenten gespielt, so lange, bis uns Beschäftigte entdeckten und verscheuchten.“