Ehrenamt in Kulmbach Spielerisch üben mit der Lernpatin

Sie wollte in jungen Jahren eigentlich immer Lehrerin werden: Silvia Höpfl, eine der Lernpatinen beim Familientreff der Geschwister-Gummi-Stiftung in Kulmbach. Foto: privat

Manchmal ist Distanz goldrichtig. Wenn Silvia Höpfl Grundschüler begleitet, fallen Lernen und Hausaufgaben oft leichter. Die 65-Jährige füllt ihr Ehrenamt mit viel Hingabe aus.

 
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Kulmbach - Leon (Name von der Redaktion geändert) rennt durch die Tür im Familientreff und begrüßt Silvia Höpfl stürmisch. „Weißt du, ich habe ein Klammerpflaster! Schau mal“. Wie ein Held erzählt der Zehnjährige von seinem Sturz in der Schule. Später werden die beiden zusammengesetzte Namenwörter üben, Lernrückstände aufholen und sich bei Lernspielen duellieren. „Er lässt mich oft gewinnen“, gibt die 65-Jährige zu. Man könnte meinen, das Duo aus ehrenamtlicher Lernpatin und Schüler im Projekt des Familientreffs der Geschwister-Gummi-Stiftung kennt sich schon seit Jahren. Tatsächlich sind erst wenige Wochen vergangen, seitdem sie sich zum ersten Mal begegnet sind.

Traumberuf: Lehrerin

Silvia Höpfl ist einem Aufruf gefolgt, in dem die Aktion für Grundschüler mit Lernrückständen, denen der Besuch einer kostenpflichtigen Nachhilfe nicht möglich ist, vorgestellt wurde. „Ich dachte mir, das ist genau das Richtige“, blickt sie zurück. Sie hat erwachsene Kinder und einen Enkel, der nun ebenfalls selbstständig sei. Davon, dass die Kulmbacherin vor ihrer Pension chemisch-technische Assistentin war, merkt man im gemeinsamen Lernen mit Leon vielleicht nur darin, dass sie stets genau und mit Liebe zum Detail arbeitet. „Ich gebe aber zu: Lehrerin an einer Fachschule war mein Traumberuf“.

Dafür ist sie heute „mittendrin“ in der Lehrsituation. Zweimal in der Woche unterstützt die Lernpatin ihren Schützling – besonders im Fach Deutsch. In Mathematik benötige er keine Hilfe. Dabei führt sie zunächst ganz behutsam in die folgenden zwei Stunden ein: Oft knabbern oder naschen die beiden eine Kleinigkeit, dann erzählt Leon von seinem Alltag und außerschulischen Aktivitäten.

Was danach folgt, gehe oft von Leon selbst aus: Der Junge bringt ein Spiel von zu Hause mit oder sie denken sich eines aus bis sie Unterrichtsstoff wiederholen oder Schulaufgaben erledigen. Vor kurzem galt es beispielsweise ein Gedicht auswendig zu lernen. Silvia Höpfl erklärte ihm zunächst schwierige, altertümliche Wörter zum besseren Verständnis. Nach wiederholtem Vorlesen und dem Vorstellen des Gedichtinhaltes konnte Leon schon einige Passagen frei sprechen. Das freut das Duo.

Projekt des Familientreffs

Auch Antonia Beyerlein, Leiterin des Projekts, beobachtet die Erfolge: „Da stimmt einfach die Chemie. Die beiden sind das ideale Zweiergespann.“ Leons Mutter bekräftigt das ebenfalls. Sie steht mit Silvia Höpfl in regem Austausch zu Inhalten und Terminabsprachen. Gleichzeitig erhält der Junge von seiner Lernpatin auch gute Wünsche auf elektronischem Weg: „Ich drücke die die Daumen für den nächsten Test!“ oder „Heute hat es wieder super geklappt!“

Das Erfolgsgeheimnis des Duos ist wohl zum einen Leons Offenheit gegenüber der Lernpatin, zum anderen deren Geduld und Gelassenheit. „Oft gelingt das Lernen leichter, wenn die Ehrenamtlichen ein ganz anderes Umfeld außerhalb der Schule und Elternhaus bieten und völlig unbeeinflusst und nicht so emotional sind“, erklärt Antonia Beyerlein.

Die Fachkräfte des Familientreffs stehen für fachliche Fragen zu Lerninhalten, Lernmethoden und Motivationstipps zur Verfügung. Auch das vorbildliche Engagement der Grundschulen vor Ort, Lernrückstände der Kinder aufzuholen, sei hervorzuheben, betont Silvia Höpfl.

Weitere Lernpaten stehen bereit

Derzeit warten sieben ehrenamtliche Lernpaten auf Grundschüler, die sie unterstützen können. Einer von ihnen ist Silvia Höpfls Mann. Er hat sich von der Begeisterung seiner Frau anstecken lassen. Für das Ehrenamt vorausgesetzt werden das Beherrschen der Grundrechenarten, gute Deutsch- und Rechtschreibkenntnisse sowie Zuverlässigkeit. Antonia Beyerlein bittet zudem um Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses.

Der Familientreff bietet dafür einen Versicherungsschutz, die Schulung der Ehrenamtlichen sowie Austauschtreffen. Die Erst- bis Viertklässler erhalten dafür eine Begleitung auf ganz besondere Weise: Unterstützung bei den Hausaufgaben und beim Aufholen möglicher Lernrückstände – gerade in Zeiten der andauernden Pandemie mit langen Home-Schooling-Zeiten. red

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