EHC-Trainer zieht Halbzeitbilanz

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Die Hälfte der Oberliga-Hauptrunde ist vorbei. Nach 20 Spielen ist der EHC Bayreuth Tabellenzweiter – eine tolle Momentaufnahme, aber alles lief trotzdem nicht rund bei den Tigers. EHC-Trainer Sergej Waßmiller blickt auf die Tops und Flops der bisherigen Saison und erklärt, was sich im weiteren Saisonverlauf noch ändern muss.

Sergej Waßmiller (links) ist zufrieden mit dem bisherigen Saisonabschneiden des EHC Bayreuth, doch der Trainer weiß auch, dass es noch einiges zu verbessern gibt. Foto: Peter Kolb Foto: red

Was waren für Sie die Höhepunkte der bisherigen Saison?
Sergej Waßmiller: Ganz klar die zwei Derbysiege gegen den VER Selb. Sie waren knapp, hart umkämpft, viele Zuschauer waren im Stadion – so wünscht man sich Eishockey. Wenn man diese Derbys gewinnt, dann gibt das jedem Spieler Selbstvertrauen. Super waren auch die sieben Siege in Folge im Oktober. Und da hat ja unter anderem ein wichtiger Spieler wie Andreas Geigenmüller verletzungsbedingt gefehlt. Egal was passiert, die Mannschaft kämpft immer weiter und punktet. Dafür muss ich meinen Jungs Respekt aussprechen.

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Sie sprechen den Kampfgeist an, mit dem der EHC oft Rückstände dreht. Ist das die größte Stärke in dieser Saison?
Sergej Waßmiller: Wille, Kampfgeist und Fitness sind herausragend – was fehlt ist die Konstanz. Wir haben eine junge Mannschaft, die immer noch im Lernprozess ist. Einige rufen ihr Potenzial immer besser ab, andere müssen daran noch arbeiten. So kommt es eben zu Ausrutschern, weil Fehler gemacht werden. So wie zuletzt beim sehr, sehr bitteren 3:4 gegen Bad Tölz.

Ein gutes Beispiel ist Fedor Kolupaylo. Er stand bei einigen Fans in der Kritik, hat sich aber mittlerweile zum Torjäger entwickelt.
Waßmiller: Man muss den Jungs eben Zeit geben. Wir haben bewusst junge, talentierte Spieler geholt. Wir wollen ihnen die Chance geben, sich zu beweisen und weiterzuentwickeln. Sobald Wille und Einstellung da sind, kann ich als Trainer helfen und schenke dem Spieler das Vertrauen. Auch wenn es momentan vielleicht nicht so läuft.

Da ist Jan Pavlu das Paradebeispiel – in der Vorbereitung überragend, hat er bisher noch keinen Oberliga-Treffer erzielt.
Waßmiller: Aber Jan Pavlu rackert, kämpft und gibt nie auf. Er arbeitet hart im Training an sich und ist willig zu lernen. Das ist schon die halbe Miete. Auch bei ihm wird der Knoten noch platzen.

Wie sind Sie spielerisch und taktisch mit den Leistungen ihres Teams zufrieden?
Waßmiller: Wir spielen gutes und aggressives Eishockey mit starkem Forechecking und Defensivverhalten. Auch in Unterzahl wird ordentlich gearbeitet. Aber Fakt ist auch: In Überzahl müssen wir uns deutlich steigern. Da sind wir ligaweit nur siebtbestes Team. Zudem müssen wir unsere leichtsinnigen Fehler abstellen. Es hat sich gezeigt, dass diese gnadenlos bestraft werden.

Aber die Mannschaft hat auch Probleme, mit Führungen umzugehen. Es gelingt nur selten, eine Partie nach einem Vorsprung souverän herunterzuspielen.
Waßmiller: Physisch haben wir sicher kein Problem, sondern eher ein mentales. Man muss mit einer 3:1-Führung eben nicht blind nach vorne rennen und so hinten leichtsinnig werden. Auch hier müssen wir noch lernen, auf Ergebnis zu spielen. Und was man nicht außer Acht lassen darf: Ein zurückliegender Gegner riskiert mehr, drückt auf den Anschluss. Die Qualität, einen Rückstand aufzuholen, hat jede Mannschaft in dieser starken Liga.

Dass der Gegner noch an eine Aufholjagd glaubt, liegt aber auch am EHC selbst. Wenn man die Chancen nutzen würde, wäre der Gegner nicht mehr in Schlagdistanz.
Waßmiller: Unsere Chancenverwertung ist der Wahnsinn – aber nicht im positiven Sinn. Daran müssen wir arbeiten ohne Ende. Es ist zwar gut, dass wir die Chancen haben, aber das genügt nicht. In Weiden oder in Regensburg müssen wir nach erstem Drittel 3:0 oder 4:0 führen – und was passiert? Wir verlieren die Spiele. Und das sind nicht die einzigen Beispiele. Ein ehemaliger Trainer hat mir gesagt: Ich kann dir alles beibringen – Schlittschuh laufen, Passen, Schießen – aber das Tor trifft man oder eben nicht. Aber ich bin mir sicher: Wenn man bei jedem Torschuss im Training konzentriert ist, den Treffer will, dann wird es auch im Spiel klappen – zumindest hoffe ich das stark.

Es gab auch Unruhe im Team. Wie ist aktuell die Stimmung in der Kabine?
Waßmiller: Der eine oder andere Spieler war in dieser Saison nicht bereit, seine Rolle in der Mannschaft anzunehmen. Da hat die Einstellung nicht gepasst. Aber die aktuelle Mannschaft zeichnet sich durch viel Teamgeist aus. Wir haben richtig Spaß am Eishockey.

Nennen wir das Kind beim Namen: Es gibt einen Spielerschwund. Bruce Becker, Sebastian Wolsch, Patrik Franz und Dustin Ketzler haben sich vom Oberliga-Team verabschiedet.
Waßmiller: Bei jedem dieser Spieler gab es Gründe für den Abschied. Ich will jetzt diese Themen nicht wieder hochkochen lassen. Wenn Spieler und Verein mit der Zusammenarbeit unzufrieden sind, dann ist eine Trennung eben besser. Es bringt nichts, einen Spieler durch die Saison zu schleppen. Solche Trennungen sind im Eishockey ganz normale Vorgänge. Aber es stimmt, wir haben aktuell drei Spieler weniger im Kader als wir vor Saisonbeginn geplant hatten. Ketzler zähle ich nicht dazu, er hat sich bei uns beworben und es hat eben für ihn nicht gereicht. Als fester Bestandteil des Oberliga-Kaders war er nie geplant.

Wird personell nachgebessert?
Waßmiller: Wir sind intensiv auf der Suche nach Neuzugängen und werden auf jeden Fall noch einen Spieler bekommen. Die Priorität liegt auf einem Verteidiger, da wir momentan nur sechs gelernte Defensivkräfte haben. Diese Ergänzung ist notwendig, um die Mannschaft nochmals zu stärken.

Was trauen Sie ihrer Mannschaft in dieser Saison noch zu?
Waßmiller: Der erste Platz ist vergeben, der EV Regensburg ist einfach zu dominant. Unser Ziel bleibt ein Platz unter den Top vier nach Ende der Hauptrunde und damit das Heimrecht in den Playoffs. Das wird schwer genug, denn die Oberliga Süd ist stärker und ausgeglichener als die Jahre zuvor und macht deshalb noch mehr Spaß, da sich nach jedem Wochenende Verschiebungen in der Tabelle ergeben. In jedem Spiel muss Du alles abrufen, um eine Chance zu haben. Der Kampf um das Playoff-Heimrecht wird wohl bis zum letzten Spieltag spannend bleiben. Da ist es wichtig die Spannung zu halten und nicht locker zu lassen. Ein Blick in die Tabelle muss genügen, um die Motivation bei jedem Spieler hoch zu halten.