Verteilung von Migranten Merkel begrüßt von der Leyens Vorstoß für Dublin-Reform

Ursula von der Leyen steht nach ihrer Bewerbungsrede vor den Abgeordneten des Europaparlaments im Plenarsaal. Von der Leyen spricht sich für eine Reform der Dublin-Regeln aus. Foto: Michael Kappeler Foto: dpa

Die künftige EU-Kommissionschefin will einen Neustart in der Flüchtlingspolitik - die bisherigen Regeln habe sie nie wirklich verstanden. Unterstützung bekommt von der Leyen aus Berlin.

 
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Berlin - Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will einen neuen Anlauf zur Reform der Flüchtlingsaufnahme in Europa nehmen.

"Ich habe nie wirklich verstanden, warum Dublin mit der einfachen Gleichung begann: Wo ein Migrant zuerst europäischen Boden betritt, muss er oder sie bleiben", sagte die CDU-Politikerin der "Bild"-Zeitung (Freitag). "Wir müssen Dublin reformieren, um mehr Fairness und Lastenverteilung zu erreichen."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) begrüßten die Ankündigung. Es sei richtig, über eine Überarbeitung der Dublin-Regeln zu verhandeln, sagte Maas am Freitag in Florenz. Dieser Schritt sei "nichts anderes als logisch": "Das ist eines der Spaltthemen der Europäischen Union." Man müsse dort endlich zu Entscheidungen kommen. Auch sein italienischer Kollege Enzo Moavero Milanesi begrüßte die Schwerpunktsetzung von der Leyens.

Unterstützung kam auch von Merkel. Die Kanzlerin bekräftigte zugleich vor Journalisten in Berlin, es könne nicht bei jedem Schiff mit Flüchtlingen erneut über eine Einzellösung verhandelt werden. "Die Seenotrettung ist für uns nicht nur Verpflichtung, sondern sie ist ein Gebot der Humanität."

In dem Interview ließ Leyen erkennen, dass sie das bisherige Dublin-System zugunsten der Mittelmeerstaaten reformieren möchte. "Die Migration findet auf dem See- oder Landweg statt. Wir können nur dann stabile Außengrenzen haben, wenn wir den Mitgliedstaaten, die aufgrund ihrer Position auf der Karte dem größten Druck ausgesetzt sind, genügend Hilfe leisten", sagte sie.

Schon unter EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte es Versuche gegeben, das Dublin-System zu reformieren. Eine Einigung der 28 EU-Staaten auf eine Reform scheiterte bislang aber vor allem an der Verteilung Asylsuchender auf alle Länder. Mitgliedstaaten wie Ungarn und Polen wollen sich nicht dazu verpflichten lassen, Migranten aufzunehmen. Nach den derzeit gültigen Dublin-Regeln ist jenes Land für ein Asylverfahren zuständig, in dem ein Migrant zum ersten Mal EU-Boden betritt.

Von der Leyen, die ab 1. November Kommissionspräsidentin sein wird, will die Flüchtlingspolitik zu einem Schwerpunkt ihrer Amtszeit machen. Bereits vor ihrer Wahl am Dienstag hatte sie sich für einen Neustart der festgefahrenen Verhandlungen starkgemacht und einen "Neuen Pakt für Migration und Asyl" vorgeschlagen. Dem "Spiegel" (Freitag) sagte sie: "Mehr Beamte für die Grenzschutzagentur Frontex, mehr Hilfe für Afrika, die Verteilungsfrage - die Instrumente liegen alle auf dem Tisch." Es gehe jetzt darum, "Mehrheiten dafür zu finden".

Besonders in der Kritik standen zuletzt die katastrophalen Bedingungen in libyschen Flüchtlingslagern. Deutschland kündigte am Freitag an, seine humanitäre Hilfe für Flüchtlinge und Migranten in dem nordafrikanischen Land aufzustocken. Die Lage für diese Menschen, insbesondere in den Internierungslagern sei "völlig inakzeptabel", erklärte Maas. "Wir müssen diesen Zuständen dringend abhelfen."

Demnach wird der Beitrag für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) für Libyen um zwei Millionen Euro auf insgesamt fünf Millionen Euro aufgestockt. In den Lagern mangelt es an Toiletten, Duschen, Essen und Trinken, und die Menschen werden nach Berichten von UN und Hilfsorganisationen teilweise misshandelt.

Die EU-Kommission teilte unterdessen mit, dass sie ein 1,4 Milliarden Euro schweres Hilfspaket zugunsten von Syrien-Flüchtlingen in der Türkei bewilligt hat. Das Geld werde vor allem dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung und den sozialen Schutz der Menschen zu gewährleisten, hieß es. Zudem sollten Regionen mit besonderes vielen Flüchtlingen Mittel für den Ausbau der kommunalen Infrastruktur erhalten. Die 1,4 Milliarden Euro werden aus dem Geldtopf gezahlt, der der Türkei im Zuge des 2016 geschlossenen Flüchtlingspakts versprochen wurde.

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