Drogenprozess Gefälschte Impfpässe und Drogen im Schuh

Manfred Scherer
Beim großen Drogenprozess am Landgericht gab es nun den Auftritt eines Kronzeugen. Foto: Archiv/Scherer

Der Mann, durch den die Polizei auf eine mutmaßliche Drogenbande stieß, hatte am Freitag seinen Auftritt als Kronzeuge gegen die fünf Angeklagten. Dabei wurden interessante Details des Falles bekannt: Von einer hops genommenen Drogenkurierin, von gefälschten Impfpässen und Rauschgift im Schuh.

 
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Der 20-Jährige erschien am Freitagmorgen zunächst nicht zu seiner geplanten Zeugenvernehmung im Gerichtssaal. Auch sein Rechtsbeistand, Anwalt Tobias Liebau, war ratlos. Die Gerichtsvorsitzende ordnete daraufhin an, den jungen Mann von der Polizei suchen zu lassen. Und das ging schneller als gedacht: Er wurde von einem altgedienten Drogenfahnder vorgeführt. „Vergessen“ habe er die Einladung des Gerichts.

In der Aussage des Mannes wurde klar: Er hatte mit den Hauptangeklagten Geschäfte gemacht. Als Kriminalbeamte ihn im Frühjahr 2022 beschuldigten, entschloss der Mann sich, als Kronzeuge gegen die nun Angeklagten auszusagen – und quasi als Verbindungsmann zur Kripo – dabei zu helfen, die Angeklagten dingfest zu machen. Ihm selbst soll das auch helfen: Er steht unter Anklage; sein Prozess wird beim Amtsgericht stattfinden.

Spielothek als Anbahnungsort

In dem Prozess sind fünf Personen angeklagt: Drei Brüder im Alter von 28, 23 und 19 Jahren, ein Freund im Alter von 19 Jahren und die damalige Geliebte des 23-Jährigen. Die Frau ist 22 und ihre Wohnung in einem Hochhaus am Meranierring sollte beim spektakulären Höhepunkt des Falles eines zentrale Rolle spielen.

Aus der Aussage des Kronzeugen wurde deutlich: Der 23-jährige Angeklagte dürfte die treibende Kraft der Gruppierung gewesen sein. Die kriminellen Geschäfte mit dem Kronzeugen wurden in einer Spielothek angebahnt – zunächst bot der Hauptangeklagte dem Kronzeugen einen gefälschten Impfpass an und sagte: Falls der Kronzeuge „etwas anderes“ brauche, könne er sich jederzeit melden.

Der Kronzeuge berichtete, er habe in neun Fällen zwischen Mai 2021 und Januar 2022 jeweils 100 Gramm Cannabis erworben. Er berichtete, dass der Hauptangeklagte die Wohnung des 19-jährigen Mitangeklagten im Stadtteil Burg als „Bunker“ genutzt habe, ein Großteil der Deals sei dort abgewickelt worden, aber auch nahe einem Dönerstand in St. Georgen. Seine Lieferanten hätten behauptet, sie bezögen das Rauschgift aus Nürnberg und aus Berlin, aber „ich glaube Berlin, das war nur so eine Behauptung.“ Der Kronzeuge berichtete weiter, bei den Angeklagten habe es Ende Januar 2021 große Unruhe gegeben, nachdem eine ältere Frau, die für die Angeklagten als Drogenkurierin unterwegs war, auf dem Weg von Nürnberg nach Bayreuth in eine Kontrolle geriet: Zwei Kilo Marihuana seien so verloren gegangen. Dieser Fall steht dezidiert in der Anklage.

Haschisch in der Schuhspitze

In seiner Aussage berichtete der Kronzeuge, dass er eines Tages Angst bekam: Jedes Mal, wenn er bei der Kripo war, um zu berichten, sei er gefilzt worden und einmal fand sich plötzlich ein Stückchen Haschisch ganz vorne in der Spitze seines Schuhs. Möglicherweise von den Angeklagten dort platziert, weil sie ihn schon in Verdacht gehabt haben könnten.

Am 17. und am 22. Februar, so bestätigte der Zeuge, habe er – den verdeckten Ermittler „Alex“ im Schlepptau – jeweils 200 Gramm Cannabis in der Wohnung der Freundin des Hauptangeklagten gekauft, für acht Euro das Gramm. Dabei habe er auch gesehen, dass der 23-Jährige weit mehr Haschisch auf Vorrat gehabt habe. Auf insgesamt 1,5 Kilo schätzte der Kronzeuge die Menge damals. Sie wurde ihm zum Sofortkauf angeboten.

Diese Information gab der verdeckte Ermittler weiter, die Kripo entschloss sich zum Zugriff: Am 22. Februar gab es erste Verhaftungen. Bei einer Durchsuchung der Wohnung im Meranierring aber fanden die Ermittler die erhoffte große Drogenmenge nicht. Sie war aber da: Zwei der noch nicht festgenommenen Angeklagten brachen die von der Polizei versiegelte Wohnung auf und holten das Rauschgift aus einem Versteck im Bettkasten. Sie konnten es aber nicht mehr abtransportieren, denn die Polizei umstellte gerade das Hochhaus. Noch vor ihrer Festnahme versteckten die zwei Angeklagte das Hasch im fünften Stock hinter dem Aufzug. Umsonst: Diesmal hatten die Ermittler einen Drogenspürhund dabei.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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