Was reizt Jugendliche an Cannabis?
Neugier, Spaß haben, entspannt sein, sozial dazugehören: Das sind die meistgenannten Gründe einer großen Befragung unter 50 000 Cannabiskonsumenten. „Auf Jugendliche lässt sich das so ähnlich übertragen“, sagt Carina Weirather, Sozialpädagogin und Theatertherapeutin bei der Wilden Bühne Stuttgart, einem soziokulturellen Forum für ehemalige Drogenabhängige. „Hinzu kommt, dass Erwachsenwerden verschiedene Entwicklungsaufgaben mit sich bringt und Cannabis oder Alkohol bei diesen Aufgaben unterstützend wirken“, so Weirather.
Zu diesen Entwicklungsaufgaben gehört: herauszufinden, wer man ist – und wer man sein möchte. Sich aus der Geborgenheit der Eltern zu lösen – und im Freundeskreis oder einer Beziehung neue Geborgenheit zu finden. Und ein ausgeprägtes Risikoverhalten. Denn wegen der Umbauten im Gehirn brauchen Jugendliche wesentlich stärkere Anreize als Erwachsene, um Glücksgefühle zu verspüren. Wer nun gemeinsam mit Freunden kifft, fühlt sich der Gruppe zugehörig, wird vielleicht entspannter, glücklicher, traut sich mehr zu. „Das ist auch der Grund, warum 90 Prozent der Jugendlichen den Konsum dann wiederholen“, sagt Carina Weirather.
Und wie verhält man sich als Eltern?
Angebracht sind weder Panik noch Verharmlosung, findet Carina Weirather. Nach wie vor konsumiert nur eine Minderheit der Jugendlichen Cannabis, die Einstiegsdrogen bleiben weiterhin Alkohol und Tabak. Einer Umfrage der BZgA zufolge gaben zehn Prozent der unter 18-Jährigen an, schon einmal gekifft zu haben. Bei den 18- bis 25-Jährigen waren es dann allerdings mehr als 40 Prozent.
„Eltern sollten sich Faktenwissen aneignen und dann auf sachlicher Ebene mit einer klaren Haltung und ohne erhobenen Zeigefinger mit den Jugendlichen diskutieren“, sagt Annika Miller, Jugend- und Heimerzieherin bei der Caritas Stuttgart. Die Gesetzeslage mit dem Verbot gibt für sie einen guten Rahmen vor – bedeutet im Zweifelsfall aber auch eine Auseinandersetzung mit den Kindern. „Dazu muss man als Eltern aber bereit sein. Jugendliche brauchen Grenzen“, sagt Miller.
Wenn sie Cannabis ausprobieren wollen, wird sie das elterliche Gespräch vermutlich trotzdem nicht davon abhalten. Jedoch werden sie im Hinterkopf behalten, dass es den Eltern eben nicht egal ist, was sie tun.
Und wenn das Kind trotzdem regelmäßig kifft?
In solchen Fällen lohnt es sich, ruhig zu bleiben – und das Thema anzusprechen, jedoch ohne Vorwürfe. Zielführender sei, herauszufinden, warum, wie häufig und mit wem das Kind kifft. „Und wenn man allein nicht weiterkommt, sich nie zu scheuen, bei einer Suchtpräventions- oder Beratungsstelle Hilfe zu holen“, sagt Annika Miller. Die Angebote gibt es für Eltern wie für Jugendliche, sie sind anonym und kostenlos.
Info
Was ist Cannabis überhaupt?
Die Hanfpflanze ist eine der ältesten Nutzpflanzen. Sie enthält über 100 sogenannte Cannabinoide, am häufigsten enthalten sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC wirkt berauschend, entspannend, beruhigend und schmerzlindernd. CBD gilt als schwach beruhigend. Beide Wirkstoffe sind vor allem in den Blüten und blütennahen Blättern der weiblichen Hanfpflanze vorhanden. Marihuana, Gras oder Weed bezeichnet die getrockneten Blüten; Haschisch, Shit oder Dope das eingedickte und ausgehärtete Harz aus dem Pflanzensaft gepresster Blütenstände.
Beratung und Hilfe
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet digital Selbsttests und Beratungen an (www.drugcom.de). Zudem gibt es noch ein umfangreiches Informationsangebot der BZgA unter www.infos-cannabis.de