Abschiebungen nach Afghanistan über Usbekistan offen
Usbekistan ist als Nachbarland Afghanistans auch eins der Länder, das bei der Abschiebung von Straftätern dorthin helfen könnte. Es sei aber noch unklar, "ob und mit welchem Zeithorizont sich das praktisch materialisiert", heißt es aus Regierungskreisen. In dem Abkommen ist zwar grundsätzlich die "Durchbeförderung" von Staatsbürgern dritter Staaten geregelt. Aber eine konkrete Vereinbarung dazu enthält es nicht.
Deutschland schiebt seit Ende August wieder Straftäter in das von den islamistischen Taliban regierte Afghanistan ab. Der erste Flug wurde mit Hilfe von Katar organisiert. Scholz sagte auf eine Frage nach möglichen Abschiebungen über Usbekistan nur, dass es "vertrauliche Gespräche über Kooperationen in vielen Bereichen" gebe.
"Perle des Orients": Kulturprogramm zum Auftakt
Seinen Besuch in Samarkand, auch "Perle des Orients" genannt, begann Scholz mit einem Gang über den Registan, einen der prächtigsten Plätze Asiens. Dort besuchte er auch die Tilla-Kori-Moschee aus dem 17. Jahrhundert. Die Stadt gehört seit mehr als 20 Jahren zum Unesco-Weltkulturerbe.
Das Land mit seinen gut 36 Millionen Einwohnern öffnet sich seit Jahren stärker dem Westen. Unter dem Präsidenten Schawkat Mirsijojew hat es eine Vielzahl liberaler Reformen durchgezogen, Teile seiner Staatswirtschaft privatisiert und so auch Investoren angelockt. Allein in diesem Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent erwartet – auch dank der engen Handelsbeziehungen zu China und Russland.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat Usbekistan erst im Mai besucht und Investitionen angekündigt, bei denen Scholz kaum mithalten kann: Er sagte Hilfe für den Ausbau einer Gas-Pipeline und die Errichtung mehrerer Wasser- und Atomkraftwerke zu.
Zentralasien-Gipfel in Kasachstan
Am Montag reist Scholz weiter nach Kasachstan, in das größte und wirtschaftsstärkste Land Zentralasiens. Dort ist ein Gipfeltreffen mit allen fünf Staaten der zwischen Russland und China gelegenen Region geplant, zu denen auch noch Kirgistan, Turkmenistan und Tadschikistan zählen. Scholz will die Beziehungen zu diesen Ländern ausweiten und hat dazu vor einem Jahr in Berlin mit ihnen bereits eine strategische Partnerschaft mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Energie, Klima und Umwelt vereinbart. Diese soll nun mit Leben gefüllt werden.
Die fünf zentralasiatischen Staaten haben zusammen knapp 80 Millionen Einwohner und damit etwas weniger als Deutschland. Ihre Fläche ist aber elfmal so groß wie Deutschland und entspricht ungefähr dem Gebiet der gesamten Europäischen Union mit ihren 27 Mitgliedstaaten. Lange Zeit stand die Region aus deutscher Sicht im Schatten der beiden Großmächte China und Russland, auf die sich das Interesse der deutschen Wirtschaft konzentrierte.
Der russische Angriff auf die Ukraine hat das geändert. Russland fällt als lange Zeit wichtigster Energielieferant Deutschlands aus. Und die wirtschaftliche Abhängigkeit von China soll vor allem wegen der schlechten Erfahrungen mit Russland nun ebenfalls verringert werden. Die Bundesregierung will deswegen in Afrika, Lateinamerika und Asien bestehende Partnerschaften zu weniger wirtschaftsstarken Ländern vertiefen und neue Partner finden.
Rohstoffreichtum und Menschenrechtsverletzungen
In den zentralasiatischen Staaten sind die Rohstoffvorkommen für Deutschland besonders interessant. So versorgt Kasachstan als wirtschaftsstärkstes Land der Region jetzt schon die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt mit Öl und gleicht die Kappung der russischen Lieferungen aus. Die Bundesregierung ist zudem an den Gasvorkommen in der Region interessiert. Kasachstan verfügt aber auch über Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Gold und gilt als potenzieller Partner für die Produktion von Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.
Die autoritär geführten Staaten der Region stehen allerdings wegen Menschenrechtsverstößen international in der Kritik. Das gasreiche Turkmenistan etwa gilt als eine abgeschottete Diktatur ähnlich wie Nordkorea. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte Scholz vor der Reise auf, Missstände offen anzusprechen. "Die Bundesregierung kann nicht so tun, als seien engere Beziehungen zu Zentralasien ohne eine deutliche Verbesserung der Menschenrechtslage in der Region möglich", sagte Regionaldirektor Hugh Williamson.