Die Stadt ist noch bezahlbar, aber gerade Familien müssen oft länger suchen So tickt der Bayreuther Wohnungsmarkt

Von Katharina Wojczenko
Alexander Glaser vom Gutachterausschuss zeigt die Karte mit den Bodenrichtwerten. Farbig markiert sind Gegenden, wo zuletzt die gleichen Durchschnitts-Grundstückspreise erzielt wurden. Allerdings ist die Farbauswahl im Rathaus begrenzt. Heißt: Eine Farbe für mehrere "Inseln" bedeutet nicht, dass dort auch derselbe Bodenpreis gezahlt wurde. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Kurier-Leser klagen immer wieder darüber, dass es gerade für Familien schwer ist, in Bayreuth eine günstige Wohnung zu finden. Wie steht’s um den Wohnungsmarkt in der Stadt? Der Kurier hat die wichtigsten Daten zusammengetragen. Die Stadt hat weder einen Überblick über Leerstände noch erstellt sie einen Mietspiegel.

 
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Das sagen Familien: Zuletzt hat Jasmin Lange ihren Frust auf Facebook öffentlich gemacht – und viele Reaktionen geerntet. Für sich, Mann und die beiden Söhne sucht sie eine Vier-Zimmer-Wohnung. Maximal 500 Euro kalt, 700 Euro warm. Seit einem Jahr. Auch in Mistelbach, Speichersdorf und Bindlach. Ohne Erfolg. In günstigen Wohnungen seien keine Kinder erwünscht gewesen. Überall würde sie aber nicht hinziehen. „Ich will meinen Kindern ein gutes Umfeld bieten.“

Jennifer Meier hat ein anderes Problem: die 1000 Euro Kaution, weil derzeit nur ihr Mann verdient. „Vermieter lassen sich nicht darauf ein, das zu stückeln, weil sie schlechte Erfahrungen hatten.“ Sie wohnt mit Mann und Baby auf 57 Quadratmetern für 500 Euro warm. Seit anderthalb Jahren suchen sie drei Zimmer für 650 Euro warm. Sie habe sich bei der Gewog beworben, bislang erfolglos.

Das sagt die Stadt: „Weniger der Preis ist das Problem als die Verfügbarkeit“, sagt Sozialreferent Carsten Hillgruber. Von Großstädten wie München sei Bayreuth weit entfernt. Schwierig zu finden seien Kleinwohnungen für eine Person – und für größere Familien, die vier Zimmer und mehr suchen. Wie viele Mietwohnungen leerstehen, ist der Stadt nicht bekannt. Aktuell stehen im Sozialamt 31 Familien auf der Warteliste, sagt Amtsleiter Werner Köstner.

Die Wohnbaugenossenschaften: Gerade bei Familien mit kleinem Geldbeutel sind Genossenschaftswohnungen begehrt. „Alle drei Genossenschaften haben ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis“, sagt Gewog-Geschäftsführer Uwe Prokscha. Im Schnitt ist hier der Quadratmeter für gut vier Euro zu haben. Der Bayreuther Markt sei insgesamt ausgeglichen. Engpässe wegen der Studenten seien abgeflaut, weil viel gebaut wurde. Aktuell stehen weniger als ein Prozent der 3800 Gewog-Wohnungen leer. Die Gewog baut drei neue Häuser mit barrierefreien Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen.

Prokscha empfiehlt Familien, Zeit für die Suche mitzubringen und sich bei allen drei Anbietern zu bewerben, am besten persönlich. Und sich möglichst nicht auf einen Stadtteil zu versteifen. Große Wohnungen sind bei allen rar. „Bei den Vier-Zimmer-Wohnungen und Reihenhäusern haben wir mehr Nachfragen als Angebote“, sagt Markus Keil von der GBW. Gerade günstige Wohnungen würden selten gekündigt. Deshalb baut die GBW im Kreuz auch Vier-Zimmer-Wohnungen und Reihenhäuser – ab 2016. „Wir haben eher kleinere Einheiten“, sagt auch Julia Fick vom Bauverein. Vermietet wird zuerst an Mitglieder, auf der Warteliste steht eine zweistellige Zahl an Familien. Nur zehn Prozent der Wohnungen im Bestand haben vier Zimmer, schätzt sie.

Die Mieten: In Bayreuth gibt es keinen Mietspiegel, sondern nur eine Mietenübersicht. Dafür wertet der Gutachterausschuss der Stadt jährlich etwa 1000 Anzeigen von Vermietern und zusätzlich Fragebögen aus. Die Statistik berücksichtigt weder die Lage noch die Zahl der Zimmer, sondern nur den Preis pro Quadratmeter.

Eine 25-Quadratmeter-Wohnung kostete 2014 im Schnitt 263 Euro kalt, 50 Quadratmeter gab es für 400 Euro, 75 Quadratmeter für 531 Euro, 100 Quadratmeter für 673 Euro. Eine Wohnung nach den Wünschen von Jasmin Lange zu finden, ist demnach schwierig. Alexander Glaser vom Gutachterausschuss geht davon aus, dass die ortsübliche Miete sogar unter der ermittelten liegt, weil die Übersicht Bestandsmieten nicht erfasst. In München zahlt man übrigens etwa 18 Euro pro Quadratmeter.

Die Bodenpreise: Und selber bauen? Für 140 bis 180 Euro pro Quadratmeter können Familien in Bayreuth Grundstücke bekommen, ohne weit aus der Stadt ziehen zu müssen. Das trifft auf 80 Prozent der Grundstücke zu, sagt Glaser vom Gutachterausschuss. „Das ist für eine Stadt von der Größe Bayreuths eher viel.“ Jeder, der ein Grundstück oder eine Immobilie kauft, muss dies vom Notar beurkunden lassen. Dieser schickt die Urkunden zum Gutachterausschuss, der daraus den jährlichen Immobilienmarktbericht erstellt. Wer sich für ein Grundstück interessiert, kann dort kostenlos nachschauen, welche Preise andere in der Gegend zuletzt bezahlt haben. Glaser zückt dafür eine Karte mit vielen bunten Flecken. Das sind Gebiete, in denen der durchschnittlich erzielte Quadratmeterpreis gleich ist.

In Bayreuth fallen zwei Dinge auf: Die Bereiche, in denen der Grund ähnlich viel kostet, stimmen nicht mit den Stadtteilen überein. So gilt die Preisklasse des Roten Hügels ein Stück über die Stadtteilgrenze hinaus. Und alles, was östlich der Autobahn liegt, ist günstiger. Dort gingen die Grundstücke für 120 bis 160 Euro weg. Westlich davon für 140 bis 200 Euro.

Über die Details kann Glaser nur den Kopf schütteln. Weshalb also der Quadratmeter 2014 in St. Georgen im Schnitt 130 Euro gekostet hat und in Meyernreuth 140 Euro. Und warum der Boden im Saas-Randgebiet für 180 Euro wegging. Das teuerste Pflaster war im Bereich der Parsifalstraße mit 330 Euro für den Quadratmeter. Besonders günstig ist es in Thiergarten mit 65 Euro, „aber da werden Sie kein Grundstück kriegen“. Der Stadtteil ist klein.

Das ist nicht nur dort das Hauptproblem: „Der Markt ist praktisch leer gefegt“, sagt Glaser. Die Leute suchten in der Regel ein, zwei Jahre nach einem Grundstück. Auch wenn sich Verkaufswillige beim Baulückenkataster melden sollen. 2014 wechselten 34 unbebaute Wohnbaugrundstücke den Besitzer und 145 bebaute.

So kann’s gehen: Tanja Müller hat anderthalb Jahre gesucht. „Es waren im Internet nie mehr als vier Vier- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen im Angebot.“ Demnächst zieht sie mit Mann und den zwei Söhnen Richtung Saas in ein Reihenhaus mit Gärtchen. 950 Euro kalt zahlen sie für 150 Quadratmeter Wohnfläche, „die absolute Ausnahme“ und größer als gesucht. Die meisten Wohnungen kosteten 1200 Euro, zu viel für die Selbstständigen. „Gott sei Dank wollte der Vermieter eine Familie mit Kindern.“ Schon vorher hatte sie Glück. Der Vermieter nahm für die Vier-Zimmer-Wohnung in der Innenstadt 600 Euro kalt, „weil er möchte, dass Familien in der Stadt wohnen können.“

Info: Der komplette Immobilienmarktbericht des Gutachterausschusses für Grundstückwerte der Stadt Bayreuth ist für 25 Euro im Rathaus erhältlich.

So rechnen Bayreuther Vermieter, damit sie nicht draufzahlen.

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Hinweis: Der direkte Vergleich mit Bayreuth ist aus zwei Gründen nicht möglich: Bayreuth hat nur eine Mietübersicht, keinen Mietspiegel - und der unterteilt zudem die Wohnungsgrößen anders. Aber eine grobe Idee bekommt man dadurch schon.

Hier können Sie nachrechnen, was Sie in München für Ihre Wohnung verlangen könnten.

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