Und tatsächlich - wer sehen will, was das Feuer angerichtet hat, kann dies an den Ufern der Seine besser erkennen als auf der Stadtinsel. Denn wer von der Seite auf das Kirchenschiff schaut, sieht, wie sich das Feuer durch das Dach gefressen hat. Dort stehen Kräne, Netze wurden gespannt und Holzstützen angebracht. Vor dem Brand fanden an der mächtigen Kathedrale Bauarbeiten statt - das riesige Gerüst auf dem Dach steht noch immer - es ist merkwürdig in sich zusammengeschmolzen. Das Dach selbst - es fehlt.
Der Brandursache sind die Ermittler immer noch nicht viel näher gekommen. So viel steht fest: Ein krimineller Hintergrund ist wohl ausgeschlossen. Das Feuer sei entweder durch einen Fehler im elektrischen System oder eine nicht richtig ausgedrückte Zigarette ausgelöst worden. Und auch eine andere Sache zieht sich hin: Die Bleiverschmutzung. Deswegen bleibt der Vorplatz vorerst geschlossen - weitere Reinigungsarbeiten sind nötig. Vor allem in der Dachkonstruktion und der Turmabdeckung der Kathedrale war viel Blei verarbeitet gewesen. Es war bei dem Feuer geschmolzen.
Für die vielen Händler und Restaurants auf der berühmten Île de la Cité ist der andauernde Ausnahmezustand im Viertel ein Drama. Die Brandkatastrophe sei auch eine Katastrophe für die Gegend, klagt Patrice LeJeune, Präsident des Händlervereinigung von Notre-Dame. Nach dem Brand seien viele Läden praktisch fünf bis sechs Wochen geschlossen gewesen.
Wegen der Absperrungen kämen viele Touristen nur für ein Foto, blieben aber nicht länger im Viertel. Und das sei schlecht fürs Geschäft. Der Umsatz der Händler liege aktuell nur noch zwischen 40 und 70 Prozent des Üblichen, schätzt LeJeune. Besonders schlimm sei es für die Restaurants und Geschäfte in den kleinen Straßen direkt an der Kathedrale. Dort gebe es nun düstere Durchgänge zwischen Häusern und Trennwänden - wenig einladend.
Frankreichs Finanzminister Bruno LeMaire hatte den Geschäftsleuten im direkten Umfeld der Kathedrale im Juni 350 000 Euro Hilfen zugesichert. Das reiche auf die Dauer nicht aus, kritisiert LeJeune. "Sie hören uns zu, aber sie handeln nicht", sagt er. "Was wird im Herbst passieren? Was wird im Winter passieren? Was wird nächstes Jahr passieren? Wir wissen es nicht."
Fünf Jahre - so lautet Präsident Emmanuel Macrons ehrgeiziger Plan für den Wiederaufbau. Und in der Zwischenzeit? Auf dem Vorplatz der Kathedrale soll ein Andachtsraum errichtet werden - sobald es die Sicherheitsbedingungen zulassen. Dort sollen Gläubige auch die Beichte ablegen können, hieß es von der Erzdiözese. Bis dahin wird es wohl weiter Schnappschüsse vor Zäunen geben.