Die neuen Eigentümer haben viele Ideen zur Zukunft des Areals 27-Jähriger kauft Kulmbacher Spinnerei in Mainleus

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Die Kulmbacher Spinnerei in Mainleus, seit Frühjahr 2013 insolvent, gehört jetzt der Mainleus Invest GmbH. Der neue Geschäftsführer Sebastin Türk gewährt einen Blick ins Innere der riesigen Hallen. Foto: Eschenbacher Foto: red

Nach mehreren Jahren der Ungewissheit musste die Kulmbacher Spinnerei an ihrem letzten Standort in Mainleus die Lichter ausschalten. Der Unternehmer Arno Friedrichs und sein kaufmännischer Geschäftsführer Sebastian Türk sind die neuen Eigentümer des 140.000 Quadratmeter großen Geländes. Sie wollen dort Gewerbe ansiedeln, Wohnungen und ein Pflegeheim bauen.

 
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Ein Berg aus Aktenordnern liegt mitten im Zimmer. Die Schreibtische sind leer, obwohl noch Telefone und Computer darauf stehen. Der Raum in der Verwaltung wirkt, als sei er fluchtartig verlassen worden. Ein Aschenbecher trägt noch das blaue Logo KSP.

Die Abkürzung steht für Kulmbacher Spinnerei, einst der größte Arbeitgeber in Kulmbach. Und inzwischen endgültig am Ende. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer.

Noch bis vor gut zwei Jahren wurde hier am Standort Mainleus noch gearbeitet. Nach der zweiten Insolvenz im Frühjahr 2013 war die Spinnerei jedoch nicht mehr zu retten. Die Belegschaft hat zuletzt auf Teile des Gehalts verzichtet. Aber das reichte nicht. Ein amerikanischer Händler kaufte die Maschinen, tschechische Arbeiter holten das letzte geldwerte Metall aus den riesigen, unterkellerten Hallen.

Seit Juli die neuen Eigentümer

Im einstigen Chefbüro, ausgestattet mit hellbraunen Holzmöbeln im Jugendstil sitzt ein 27-Jähriger. Sebastian Türk, einst Auszubildender in der Kulmbacher Spinnerei, ist jetzt der Geschäftsführer der Mainleus Invest GmbH. Zusammen mit Arno Friedrichs, dem Chef der Mainleuser Hartmetall GmbH und Co. KG, hat er das 140.000 Quadratmeter große Spinnerei-Gelände im Juli gekauft.

Seit etwa einem Jahr beschäftigt sich Türk, kaufmännischer Geschäftsführer der Friedrichs Gruppe, mit dem Vorhaben. „2013 haben wir bereits Teile des Geländes vom Markt Mainleus erworben“, sagt er über die geschichtsträchtige Spinnerei. „Wir fanden damals schon, dass das Gelände unheimliches Potenzial besitzt.“

Wenn er „wir“ sagt, schließt das Friedrichs mit ein, der bei dem Gespräch nicht dabei sein konnte. „Wir wollen für den Ort etwas verbessern.“ Das Grundstück, das der Mainleus Invest bisher gehörte, kostete im Jahr zirka 80.000 Euro. Nur an Abgaben, ohne, dass dort etwas passierte.

Türk ist selbst Mainleuser, seine Großeltern waren in der Spinnerei beschäftigt, sein Vater arbeitete dort als Elektriker. „Ganz Mainleus ist um die Spinnerei gewachsen“, sagt Türk. Der Unternehmer Fritz Hornschuch baute Anfang des 20. Jahrhunderts den Standort Mainleus aus und ließ dort eine Niederlassung errichten. Für die Arbeiter wurde ein eigenes Wohngebiet gebaut, das heutige Hornschuchshausen. Der Markt habe nach dem Zweiten Weltkrieg und nach der Wiedervereinigung seine Blütezeiten erlebt, so Türk. Mit dem Ende des letzten großen Industrieunternehmens ergebe sich jetzt eine einmalige Chance, für den größten Ort im Landkreis Kulmbach, nachhaltig etwas zu schaffen. Dessen Ende war bitter: Zuletzt arbeiteten nur noch etwa 30 Beschäftigte in der Färberei.

Rückhalt aus dem Gemeinderat

Die volle Unterstützung von Bürgermeister Dieter Adam (FW) und dem Gemeinderat haben die neuen Eigentümer auf alle Fälle. „Ich bin für jede Idee dankbar, die uns voranbringt“, sagt Adam, der die momentane Situation für „einen Glücksfall“ hält. Die Gemeinde könne zwar keine Investitionszuschüsse gewähren. Sie wolle aber den Investoren helfen so gut es geht. Zunächst werde ein Gutachten über den Zustand des langjährigen Textilindustriegeländes und der teils maroden Gebäude erstellt. „Vielleicht können wir über den Städtebau etwas machen oder die Denkmalpflege“, sagt Adam.

Da das Gelände gewaltige Ausmaße hat, wird die Neugestaltung keine leichte Sache. „Ich könnte mir ein Mischkonzept vorstellen“, sagt Türk. „Gewerbe, Wohnbebauung, vielleicht ein Pflegeheim.“ Er will nicht allzu große Erwartungen wecken. Mit seinen konkreten Plänen hält er daher noch hinter dem Berg. Ihm ist das Risiko bewusst: „Die Gefahr einer finanziellen Pleite ist immer da.“

Mit einem dicken Schlüsselbund öffnet Türk die Tür des Kesselhauses. Im Inneren ist es gespenstisch dunkel. Stählerne Leitern führen nach unten in die Tiefe. Die Schaltschränke im hinteren Teil der Halle sind größtenteils demoliert. Kupferkabel bringen einiges an Geld. „Im Grunde ist das, was noch übrig ist, alles Müll und nichts mehr wert“, sagt Türk, der die Verträge aus der Zeit des wirtschaftlichen Übergangs noch erfüllen muss.

Eine Lebensaufgabe

Noch ist er optimistisch, die Herausforderung zu stemmen. Auch wenn sie möglicherweise zur Lebensaufgabe wird. Denn Türk hängt wie viele ehemalige Mitarbeiter an dem Industrieunternehmen mit der glanzvollen Vergangenheit.

Alles abzureißen wäre für ihn die schlechteste aller Lösungen. Zumal die Abrisskosten bei mehreren Millionen Euro liegen dürften. „Sicherlich müssen wir uns aber von Teilen trennen, weil sie nicht mehr erhaltenswert sind.“ Den markanten Turm in der Mitte des Areals wollen die beiden Investoren erhalten. Von einem Industriefotografen ließ Türk alles dokumentieren, historisch wertvolle Gegenstände in Sicherheit bringen. Damit Geschichte des traditionsreichen Textilunternehmens für kommende Generationen nicht verloren geht.

 

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