Bereits am Vortag waren Rücktrittsgesuche von mehreren Ministern im Parlament eingegangen. Der Fraktionschef der Präsidentenpartei "Diener des Volkes", David Arachamija, hatte dazu geschrieben, dass über die Hälfte der Ministerposten neu besetzt werde. Dem waren Ankündigungen von Präsident Wolodymyr Selenskyj vorangegangen, wonach die Regierungsarbeit durch Neubesetzungen verbessert werden soll.
Kritiker sehen die Umbesetzungen als Aktionismus
Zum Sinn der Kabinettsumbildung wird weiterhin spekuliert. Viele nun entlassene Regierungsmitglieder bleiben - wenn auch in anderer Position - voraussichtlich in hohen Ämtern. Kritiker sehen die Umbesetzungen als Aktionismus, um Veränderungen vorzutäuschen. Die anhaltend schwere Lage an der Front und die Probleme bei der Energieversorgung durch die ständigen russischen Angriffe auf die Infrastruktur lassen die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der eigenen Führung wachsen.
Selenskyj selbst begründete den Umbau mit einem notwendigen Neustart. "Wir brauchen heute neue Energie", sagte der Staatschef und dankte den Ministern für ihre bisherige Arbeit. Konkret zu den Personalien äußern wollte er sich allerdings nicht.
Die oppositionelle Parlamentsabgeordnete Iryna Heraschtschenko schrieb hingegen nach den Abstimmungen bei Facebook: "In der Regierung Selenskyj fehlen heute 10 von 21 Ministern. Die Regierung ist faktisch handlungsunfähig."
Der mit einem Hochverratsvorwurf in Untersuchungshaft sitzende ursprünglich für die Selenskyj-Partei gewählte Parlamentsabgeordnete Olexander Dubinskyj bezeichnete den Vorgang als "Augenwischerei". "Das Hauptproblem, weswegen die Ukraine den Krieg gegen die Russische Föderation verliert, ist die Inkompetenz der Regionalregierungen, die über (Andrij) Jermak aus dem Präsidentenbüro ernannt wurden", schrieb er auf Telegram. Ebenso problematisch sei die grassierende Korruption. Der Regierungsumbau werde daher die Probleme nicht lösen. Viele Beobachter schreiben die Umbildungen auch dem wachsenden Einfluss des Chefs des Präsidentenbüros zu, Andrij Jermak.
Die Ukraine wehrt seit über zweieinhalb Jahren eine russische Invasion ab. Regierungschef Schmyhal ist seit 2020 im Amt.