Es geht ganz schön brutal zu unter den verfeindeten Fußballfans nach dem Spiel. Zwar gilt eigentlich die Regel, dass keine Waffen verwendet werden. Doch dann stirbt einer der Hooligans mit Schädelfrakturen und einer Stichwunde in der Notaufnahme. Obwohl schnell klar ist, dass er an einem „Ackermatch“ teilgenommen hatte, hat es das Saarbrücker „Tatort“-Team zunächst schwer: Denn lieber klären die gewaltbereiten Fans die Probleme unter sich, statt mit der Kripo zu reden.
In „Die Kälte der Erde“ (Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste) ermitteln die Hauptkommissare Adam Schürk (Daniel Sträßer) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) zum vierten Mal gemeinsam. Sie sind dabei nicht allein: Ihre beiden Kolleginnen Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer), die bislang eher im Hintergrund standen, rücken mehr in den Fokus.
Zu verdanken haben sie dies auch Regisseurin Kerstin Polte. Die 48-Jährige hatte zwar mehrere unterschiedliche „Tatort“-Angebote auf dem Tisch, sich aber ganz bewusst für den Saarbrücker Krimi entschieden. Vor allem habe es sie gereizt, den beiden Kommissarinnen, die in den ersten beiden Fällen „noch sehr untererzählt“ gewesen seien, mehr Raum und Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. „Ansonsten hätte mich das nicht so interessiert“, gibt sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zu. Doch in der Kombination mit einem „tollen Buch“ von Melanie Waelde, in der es zudem eine spannende Antagonistin gibt, sei dies Motivation gewesen, „Ja“ zu sagen.
Klar dreht es sich im Fall auch um die verschwundenen Millionen aus dem Bankraub von Adams Vater aus der letzten „Tatort“-Folge. Aber eben auch darum, ob man lieber Alleingänge bevorzugt oder bereit ist, Wege gemeinsam zu gehen.
Obwohl der neueste SR-Tatort durch eine aggressive und gewaltbereite Grundstimmung durch die Hooligan-Szene geprägt ist, in der auch Frauen wie Alina (Bineta Hansen) ihren festen Platz haben, ist er kein düsterer Thriller wie sein Vorgänger „Das Herz der Schlange“. Aber er ist auch mehr als „nur“ ein Krimi. Für Kerstin Polte, die besonderen Wert auf einen queeren Blickwinkel legt, ist es vor allem „ein toller Figurenfilm“. Und den hat sie sogar mit einigen witzigen Szenen und trockenem Humor gespickt. „Ich erzähle auch Dramen gerne auf eine humorvolle Art und Weise“, sagt sie der Deutschen Presse-Agentur, „weil ich das Gefühl habe, dass man damit wirklich viele Menschen dazu einlädt, auch in düstere Ecken zu gucken.“
Die passende Location für ihren „Industrie-Western“ hat sie jedenfalls im Saarland gefunden: Denn „Die Kälte der Erde“ spielt nicht nur im schönen Kommissariat an der Saar, sondern auch im trostlosen Lebensumfeld der Fußballfans, vor Industriekulissen und auf einer Kohlehalde. „Das ist wie bei den Hooligans“, sagt Polte. „Da ist nicht die glänzende Oberfläche, sondern auch das Eckige, Kantige, Abgewetzte und Raue, was dahinterliegt.“
Da passt es ganz gut, dass es auch beim Saarbrücker „Tatort“-Team manchmal noch etwas knirscht. Wenngleich es auch deutlich knistert. Und weil die vier Kommissare inzwischen Nähe zulassen und Verbundenheit zeigen, haben sie sich zu einem richtigen Team entwickelt.
Wie stark die Beziehung zwischen Adam und Leo ist und ob sie weitere Geheimnisse oder gar Lügen aushält? Das wird nach der verheißungsvollen letzten Szene der nächste Fall zeigen. Kerstin Polte verrät jedenfalls nur so viel: „Bei Adam und Leo ist klar geworden, wer was liebt und was will. Jetzt müssen sie gucken, wie sie da wieder rausfinden.“ dpa
„Die Kälte der Erde“ "Tatort" im Hooligan-Milieu
dpa 28.01.2023 - 19:19 Uhr