Die Hürden der Faust-Festspiele „Hier bleiben wir“

Intendant Daniel Leistner und Geschäftsführer Uwe Vogel kämpfen seit Jahren um das Überleben der Faust-Festspiele. Zwanzig Jahre lang etabliert in Kronach, haben die Aufführungen nun in Pottenstein (Landkreis Bayreuth) eine neue Heimat gefunden.

 
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Allen Widrigkeiten trotzen, sich nicht unterkriegen lassen und Dinge einfach anpacken. So oder so ähnlich könnte das Motto der Faust-Festspiele-Macher bestehend aus Intendant Daniel Leistner und Geschäftsführer Uwe Vogel lauten. Das Duo hat schon so manche Hürden gemeistert, damit der Traum der eigenen Festspiele weiterlebt. Und die Beharrlichkeit sollte belohnt werden, denn inzwischen haben sich die Faust-Festspiele in Pottenstein etabliert und erfreuen sich eines großen Zuspruchs. Doch ganz so einfach war der Weg bis dahin nicht, wie die beiden im Interview berichten.

Etabliert waren die Faust-Festspiele bereits in der Vergangenheit. Genau 20 Jahre – von 1995 bis 2015 – waren sie ein Teil des Kronacher Kulturangebots. Damals wie heute wollte Leistner den Gästen schwierige Literatur – wie Goethes „Faust“ – näherbringen und vereinfacht, vielleicht auch mit ein bisschen Humor, auf der Bühne vortragen. Nachdem die Kulturszene vor Ort verändert werden sollte und kein „Bedarf“ mehr für diese Art von Schauspielkunst gesehen wurde, hatte Uwe Vogel die Idee, etwas Eigenes aufzubauen.

Herr Vogel, Herr Leistner, setzen wir mal alles auf Null. Wann wurden die Faust-Festspiele gegründet und vor allem wo?

Daniel Leistner: 1995 trat der damalige Kronacher Bürgermeister Manfred Raum an mich und meine Bühnenpartnerin Ulrike Mahr heran und fragte, ob man auf der Festung nicht ein Freilichttheaterprojekt etablieren könne. Ich hatte erst gar keine Lust, aber Ulrike hat mich förmlich gezwungen, mit ihr zusammen das Projekt hochzuziehen. So wurde ich der Faust der Faust-Festspiele und Ulrike Mahr der legendäre weibliche Mephisto. Gleich im ersten Jahr erwiesen sich die Festspiele als Riesenerfolg. Wir waren ständig ausverkauft.

Und weshalb gibt es die Festspiele nun nicht mehr in Kronach?

Leistner: Man wollte gehobenes Theater, nicht meinen Volkstheateransatz. Mein Konzept beeindruckte sie wohl nicht.

War das Ende 2015 absehbar?

Leistner: Nein. Der damalige Bürgermeister hatte sich noch zwei Monate zuvor hinter mich gestellt. Doch am Ende der Spielzeit 2015 hat der Kronacher Stadtrat absolut überraschend meine Entlassung verkündet.

Wer kam dann auf die Idee, weiterzumachen?

Vogel: Ich lernte Daniel beim Troschenreuther Mundarttheater kennen. Ich meinte immer zu ihm, dass er sich melden soll, wenn er etwas für Kronach hätte – und so kam es dann auch. 2015 ist einer seiner Schauspieler krank geworden und ich bin eingesprungen. Nachdem ich dann auch noch gehört hatte, dass die Faust-Festspiele gestrichen wurden, machte ich mir meine Gedanken. Ich saß gerade in Troschenreuth in einer Kneipe. Mit ein paar Bier wird man kreativ und so rief ich Daniel noch in derselben Nacht an.

Leistner: Da war es noch schwierig, mich zu erreichen, weil ich zu diesem Zeitpunkt mein Handy kaum in die Hand nahm noch benutzte. Ich war ein Smartphone-Verweigerer.

Vogel: Ich habe damals in Pegnitz gewohnt und direkt rumgefragt. Zuerst habe ich mit den Stadträten aus Troschenreuth gesprochen und dann mit dem damaligen Bürgermeister Uwe Raab. Damit nahm aber das politische Gezeter seinen Lauf.

Noch bevor es überhaupt losging, hatten Sie sich schon unbeliebt gemacht?

Vogel: Nicht unbeliebt, aber wir wussten damals ja nicht, dass so vehement gegen ihn agiert wird. Dadurch, dass er mit uns zusammengearbeitet hat, war der Rest gegen unser Festspiel-Projekt. Es war aber unser Traum und mit dem Gegenwind mussten wir dann arbeiten.

Leistner: Uwe Raab hat uns immer unterstützt. Er wollte, dass Pegnitz Festspielstadt wird. Wir sind ihm sehr, sehr dankbar.

Sie haben aber nicht aufgegeben, richtig?

Vogel: Nein, natürlich. Wir wollten es unbedingt. Auch mit dem Biergarten hatten wir nicht so viel Glück, weil der Pächter am Schlossberg, wo wir dann unsere Faust-Festspiele veranstaltet hatten, so oder so schon finanziell schlecht dastand. Das wurde richtig problematisch. Auch die restlichen Kulturschaffenden in Pegnitz arbeiteten gegen die Festspiele. Es wurde uns richtig schwergemacht. Warum auch immer, das verstehen wir bis heute nicht.

Leistner: Der Schlossberg war eine wunderschöne Spielstätte, aber leider für den Verein nicht mehr zu halten. Erstens war das Zeitfenster, in dem wir spielen konnten, zu klein und zweitens musste jedes Jahr in kürzester Zeit das Festspielgelände völlig neu auf- und wieder abgebaut werden. Wie eine Zirkusstadt. Das war einfach nicht mehr machbar.

Sie waren auf der Suche nach einer neuen Spielstätte und auf Grund des starken Widerstands haben Sie sich dazu entschlossen, Pegnitz zu verlassen, richtig?

Leistner: Es gab Hetze und einen Shitstorm gegen uns. Das war eine kleine Gruppe. Die Pegnitzer an sich mögen uns. Ich wohne dort ja. Diese kleine Gruppe hat uns trotzdem geschadet.

Vogel: Etabliert hätten wir solche Schläge ausgehalten, aber wir waren ja noch gar nicht so lange da. Es gab dann das Treffen im Gymnasium mit Bürgern. Noch vor Ort haben wir dann gesagt, dass wir es lassen. Die Leute wollten uns gar nicht zuhören, sie waren schon so aufgeheizt von der Stimmungsmache im Vorfeld.

Abermals standen die Faust-Festspiele vor dem Aus. Was geschah nach dem Treffen mit den Bürgern?

Vogel: Ganz kurz waren wir niedergeschlagen. Dann aber wusste ich schon, dass es eben woanders weitergehen muss. Wir hatten kurz darauf eine Anfrage aus Hollfeld. Ich wollte aber eigentlich nach Pottenstein. Es ist ums Eck und bietet traumhafte Kulissen. Wir haben uns sofort auf die Suche begeben und sind durch einen Zufall auf das Klumpertal gestoßen.

Leistner: Wir waren kurz geknickt. Aber nicht eine Sekunde habe ich daran gedacht, die Festspiele aufzugeben. Noch am selben Abend hatten wir eine Anfrage des Besitzers von Schloss Guteneck in der Oberpfalz, der neben seinem erfolgreichen Weihnachtsmarkt auch Festspiele etablieren wollte. Es liefen sogar schon Verhandlungen, aber Uwe wollte in die Fränkische. Wir sind rumgefahren und haben uns einfach umgeschaut. Bei einer Weihnachtsfeier sind wir auf Uwes jetzigen Nachbarn gestoßen, der uns den Platz an der Schüttersmühle zeigte.

Vogel: Wir waren vor Ort absolut geflasht. Es fing bei mir sofort das Rattern an. Wir waren von dem Gelände so begeistert. Ich hatte mit der Sekunde alles im Kopf, wie es aussieht.

Sie haben also neuen Mut geschöpft?

Leistner: Uns war klar, dass wir abermals bei Null anfangen, aber wir wollten 2020 schon durchstarten. Wir wollten es unbedingt. Dann kam Corona. Das war wieder so ein kleiner Rückschlag, aber wir hatten dadurch Zeit, alles für das Jahr 2022 vorzubereiten. Denn so lange zog sich die Krise.

Vogel: Ich habe fast alles selbst aufgebaut. Die Hütten, die Bühne. Dann noch das Umgraben. Ich habe geschuftet, damit alles für einen baldigen Start fertig wird.

Der jetzige Start in Pottenstein war ein großer Erfolg. Sie hatten sehr viel Rückenwind und haben nicht aufgegeben. War Pegnitz wein Fehler? Hätten Sie direkt in die Fränkische gesollt?

Leistner: Es war eine wunderschöne Zeit in Pegnitz. Und ohne die Erfahrungen aus Kronach und Pegnitz wäre der Erfolg in Pottenstein nicht möglich gewesen. Da sind wir uns sicher.

Vogel: Es war schon nicht leicht, aber umso schöner ist es, wenn man sich durchgekämpft hat und dafür belohnt wird – wenn daraus etwas so Wunderbares entsteht. Dafür sind wir dankbar. Jetzt sind wir im Klumpertal, haben uns etabliert und hier bleiben wir.

Das Gespräch führte Martin Burger.

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