Die flächendeckende Problemraupe

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Das Tierchen scheint sich in Bayreuth wohl zu fühlen. Und das wird zunehmend zum Problem: Der Eichenprozessionsspinner hat sich in Bayreuth festgesetzt und breitet sich wegen der seit Wochen sehr warmen Temperaturen extrem aus. Das Stadtgartenamt kommt nicht mehr nach, die Raupen zu beseitigen. Allerdings könne man der Raupe mit ihren gefährlichen Härchen gut aus dem Weg gehen.

 
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Die Prozession ist deutlich zu sehen. Ganz nahe am Boden reiht sich Raupe an Raupe den Stamm hinauf, etwas weiter oben an der ersten der Eichen, die rund um das Kriegerdenkmal in Thiergarten stehen, haben die Raupen schon begonnen, sich in das Gespinst einzuspinnen.

Man könne schon näher herangehen, um die Raupen zu beobachten, sagt Arnd Sesselmann, der beim Stadtgartenamt Bayreuth für die Baumpflege zuständig ist. "Seit sieben Jahren arbeite ich schon mit den Tieren. Noch nie habe ich mich infiziert", sagt Sesselmann.

In der Regel seien die Raupen auch tatsächlich nur an den Eichenstämmen anzutreffen, nicht auf den Wegen oder Wiesen ringsum - außer, es stochere ein Wanderer in den Nestern am Stamm herum und reiße ein Nest vom Stamm ab.

Härchen können hunderte Meter weit fliegen

Dann drohe die Gefahr, dass die feinen Brennhärchen abbrechen, mit denen die Raupen über und über bedeckt sind, um sich vor Fressfeinden zu schützen, wie der Schmetterlingsexperte Julian Bittermann erklärt. Mehrere hundert Meter weit könnten die Härchen fliegen und beim Menschen juckende Quaddeln auslösen, ebenso Bronchial- und Lungenprobleme. Im schlimmsten Fall können sie zu allergischen Schockzuständen führen.

Selbst die alten Gespinstnetze, die normalerweise im Mittelbereich der Eichenstämme hängen, können noch zu allergischen Reaktionen führen, warnt der Pflanzenökologe Pedro Gerstberger: "Problematisch ist es, wann man sie entfernt und dabei so vorgeht, dass die Haare auf den alten Raupenhäuten abbrechen, in der Luft verwirbeln und dabei eingeatmet werden oder auf der nackten Haut landen."

Die Raupen sind überall

Das große Problem: Die Raupen sind inzwischen überall. Die anhaltend warme Witterung habe dazu geführt, dass sich der Eichenprozessionsspinner "massiv ausbreitet. Wir registrieren das Vielfache von dem, was wir in den vergangenen Jahren hatten", sagt Robert Pfeifer, der Leiter des Stadtgartenamtes, am Mittwoch im Gespräch mit unserer Zeitung.

"Ständig gehen neue Meldungen bei uns ein. Zehn am Tag sind keine Seltenheit", sagt Pfeifer. "Wir können auch gar nicht in jedem Fall tätig werden. Nur bei städtischen Bäumen und dort, wo die Sicherheit von Kindern oder Fußgängern gefährdet ist."

Eine Firma beseitigt die Nester

Eine Firma sei im Auftrag des Stadtgartenamtes im Einsatz, um die Eichenprozessionsspinner-Nester zu beseitigen. Wie Sesselmann sagt, würden die Raupen entweder verklebt und dann mit Tüten vom Baum abgenommen oder abgesaugt. "Aber wir kommen nicht mehr nach", sagt Pfeifer. "Es ist inzwischen so viel geworden, dass man von einem flächendeckenden Befall sprechen kann."

Durch den Klimawandel sei das Insekt auch in Bayreuth angekommen, nachdem in den Jahren davor "vor allem wärmere Regionen, wie die Weinregion um Würzburg, Schweinfurt oder Nürnberg betroffen waren", wie Pfeifer sagt.

Es dauert noch bis zur Nestphase

Derzeit seien die Eichenprozessionsspinner-Populationen allerdings nach Pfeifers Worten "noch in einer Phase, in der wir zum Teil noch gar nichts machen können". Die Raupern wandern noch, haben sich noch nicht überall zu Nestern zusammengezogen und ins Gespinst eingepackt. "Man kann sie absammeln, aber ein paar Tage später geht das dann wieder los."

Besonders massiv sei der Befall derzeit in der Gravenreuther Straße, auch im Kreuzsteinbad und an Spielplätzen habe das Stadtgartenamt schon aktiv werden müssen. In der Ludwig-Thoma-Straße auf Höhe der Polizei und des Sozialgerichts sind ebenfalls Bäume mit Flatterband abgesperrt, eine der Sofortmaßnahmen, die das Stadtgartenamt treffe, um Fußgänger dazu zu bringen, Abstand zu halten von den befallenen Bäumen.

Abstand ist das beste Rezept

Abstand ist auch das beste Rezept, sagt Pfeifer: "Man darf da nicht in Hysterie verfallen. Im Gegenteil, man muss sich an den Umgang mit den Raupen gewöhnen." Denn man könne den Befall bestenfalls punktuell eindämmen, nie mehr aber beseitigen: "Wenn der Schmetterling geschlüpft ist, ist er sehr mobil und legt seine Eier in auch weiter entfernten Eichen ab, wo sie dann den Winter überdauern."

Pfeifer geht davon aus, dass nahezu jede Eiche - im Wald oder am Straßenrand - Wirtspflanze unter anderem für den Eichenprozessionsspinner ist.

Nicht berühren

Wie auch Schmetterlingsexperte Bittermann raten Pfeifer und Sesselmann zu Besonnenheit: Die Raupen nicht berühren, einen Bogen um befallene Bäume machen, Kinder nicht auf befallenen Eichen klettern lassen, zügig daran vorbeigehen, dann könne nichts passieren.


Info: Die Entwicklung des Eichenprozessionsspinners im Bayreuther Raum zeigt eine wissenschaftliche Veröffentlichung von Werner Wolf und Julian Bittermann, die unter diesem Link abrufbar ist.

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