Diabetes: Interview mit Isabell Kaußler, der Gründerin der Selbsthilfegruppe Diakids Kinder sollen mit Kindern reden

Von Florian Ritter

Das Thema Diabetes betrifft Menschen überall in Deutschland. Auch in Pegnitz gibt es Menschen die von der Krankheit betroffen sind. Isabell Kaußler leitet die Selbsthilfegruppe Diakids Pegnitz, die sich vor allem um Familien kümmert, deren Kinder an Diabetes erkrankt sind.

 
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Diabetes: Wenn durch die Krankheit im Körper keine Insulinzufuhr mehr möglich ist, müssen die Patienten spritzen.⋌ Foto: Gero Breloer/dpa Foto: red

Seitdem Kaußlers Tochter mit knapp zwei Jahren bereits an Diabetes Typ eins erkrankte, versucht sie, Kindern die Möglichkeit zu geben sich mit anderen über ihre Krankheit auszutauschen. Die Kinder sollen sehen, dass sie sich wegen der Diagnose nicht schämen müssen und dass ein weitestgehend normales Leben auch weiterhin möglich ist.

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Wie gehen Sie mit der Diabetes-Erkrankung Ihrer Tochter um?

Isabell Kaußler: Als wir mit unserer Tochter ins Krankenhaus kamen hatte man von Diabetes zwar schon mal gehört. Man hatte dann eigentlich immer den Typ zwei im Hinterkopf und man dachte immer: Na ja, mit der Ernährung und Bewegung kann man das alles wieder hinbekommen. Aber das ist ja bei Typ eins nicht so, weil das Immunsystem betroffen ist. Man muss ein Leben lang spritzen. Das hat mich damals natürlich schon sehr vor den Kopf geschlagen und geschockt. Aber man muss das Thema Diabetes annehmen, man kann es ja nicht ändern und je länger man da braucht, desto schwieriger wird es die Situation als normalen Alltag anzusehen. Wir kommen jetzt eigentlich sehr gut zurecht.

Wie wurde die Krankheit damals diagnostiziert?

Kaußler: Das ging bei uns damals eigentlich recht schnell, es ist normalerweise ein Verlauf von vier Wochen bei Typ eins. Bei uns fing es damit an, dass unsere Tochter viel getrunken hat. Am Anfang freut man sich natürlich, man tauscht ja auch immer Geschichten mit anderen Eltern aus und man denkt sich: Jetzt trinkt meine Tochter auch mal mehr. Aber das ging dann damit weiter, das sie (meistens nachts) die Windeln voll machte. Ich bin mit dem Windeln kaufen überhaupt nicht mehr hinterher gekommen. Unsere Tochter fing dann auch ziemlich stark abzubauen. Deswegen sind wir dann zum Arzt gegangen und sind auch sofort eingewiesen worden. Wir haben’s rechtzeitig erwischt, manche Kinder fallen ins Koma.

Deshalb haben Sie dann auch die Selbsthilfegruppe gegründet?

Kaußler: Ich bin ein Mensch der sich gern austauscht. Damals hab ich überall geschaut, ob es irgendwo was gibt. Es gab zwar Gruppen und Treffen, aber die waren alle nicht regelmäßig und wenn dann eher in der Nürnberger Gegend. Ich bin ja auch berufstätig, da ist das schwer. Der Hauptgrund war aber für mich, dass vor allem die Kinder die Möglichkeit für einen Austausch mit anderen Kindern haben, und die Eltern eher im Hintergrund bleiben.

Haben sie viel Zulauf? Leute, die sich melden und sagen, dass sie so ein Angebot schon lange suchen? Oder ist es eher schwierig?

Kaußler: Es ist sehr mühsam, ich kämpfe da gegen Windmühlen. Zum Einen bilden sich die meisten Gruppen eher im Internet, Facebook ist da natürlich sehr groß. Da gibt’s regen Austausch. Die meisten wollen dann auch eher anonym sein, meistens tauschen sich dann auch eher die Eltern über die Kinder aus. Da wird dann eher darüber gesprochen, welche Probleme die Eltern haben und das ist ja eigentlich nicht mein Ziel. Natürlich haben wir Eltern Probleme, aber eigentlich will ich, dass die Kinder mehr untereinander vielleicht Sachen besprechen, die sie uns Eltern gar nicht anvertrauen wollen. Es gibt inzwischen ja genügend Diabetiker, aber das ist eben immer noch eine Art Tabu, ein Scham-Thema. Deswegen sind die Treffen ja auch so wichtig: Dabei kann ich mich mit Anderen ungezwungen treffen, die auch betroffen sind.

Sie sagen, es gibt immer mehr Diabetiker. Bemerken Sie diesen Anstieg auch persönlich?

Kaußler: Dadurch, dass ich jetzt mit dem Thema zu tun habe, merke ich es mehr. Aber man sieht es den Leuten ja meistens nicht an. Bei Erwachsenen sieht man es ja schon zumindest ab und zu, wenn die sich spritzen. Bei Jugendlichen merkt man es fast nie. Ich bin ich eigentlich fast, dass meine Tochter so früh die Krankheit bekommen hat. Dadurch ist das für sie jetzt schon etwas völlig Normales, sie wächst damit auf und hat da auch keine Scham. Für ältere Kinder, die krank werden, ist es schon schwerer. Diese Kinder verändern teilweise dadurch auch ihre Verhaltensweisen. Hier besteht dann ein Ansatz für die Selbsthilfegruppe, denn das muss ja eigentlich nicht sein. Klar, die Kinder müssen vieles beachten und messen, aber es soll ja wirklich nicht ihre Lebensqualität einschränken.