Für die Grünen ist das Beschlusspapier eine bittere Pille. Die geplante Novelle des Klimaschutzgesetzes genügt nicht den eigenen Ansprüchen im Kampf gegen die Erderwärmung, Umweltorganisationen reagierten entgeistert. Auch eine lange Liste an Autobahn-Ausbauprojekten akzeptierten die Grünen am Ende. Dafür sollen Solaranlagen und Windräder entlang der Straßen sprießen. FDP-Verkehrsminister Volker Wissing, der bislang kein ausreichendes Arbeitsprogramm zur Schließung der Klimaschutzlücke in seinem Bereich vorgelegt hat, hat künftig weniger Druck - schließlich soll die Bundesregierung insgesamt mehr Verantwortung für CO2-Einsparungen übernehmen und die zuständigen Minister etwas weniger.
Zwei gegen einen beim Klimaschutz
Die Grünen sehen sich beim Klimaschutz in Opposition zu SPD und FDP. Für die SPD mit Kanzler Olaf Scholz sind sie ernstzunehmende politische Konkurrenten, die FDP wiederum kämpft mit dürftigen Landtagswahlergebnissen. Eine Konstellation, die den roten und gelben Ampelpartnern wenig Lust machen dürfte, den Grünen bei ihrem Kernthema entgegen zu kommen.
Das Problem gipfelte in den sehr deutlichen Worten von Klimaschutzminister Robert Habeck aus der vergangenen Woche: Es könne nicht sein, "dass in einer Fortschrittskoalition nur ein Koalitionspartner für den Fortschritt verantwortlich ist und die anderen für die Verhinderung von Fortschritt." Die Grünen konnten sich auch im Koalitionsausschuss mit ihren Vorstellungen kaum durchsetzen und wählten am Ende den Spatz in der Hand anstelle der Taube auf dem Dach - ein Scheitern wollten sie nicht riskieren.
Viele Ampel-Streitigkeiten weiter offen
Denn auch nach dem schier endlosen Koalitionsausschuss sind längst nicht alle Auseinandersetzungen der drei Partner geklärt: Die umkämpfte Finanzierung der Kindergrundsicherung, ein Herzensprojekt der Grünen, wurde dem Vernehmen nach nicht einmal angesprochen. Im Beschlusspapier jedenfalls kommt sie nicht vor. Dabei gehen die Vorstellungen vor allem von Grünen und FDP weit auseinander: Familienministerin Lisa Paus hätte gern 12 Milliarden Euro, um Leistungen für Familien auch aufzustocken. Finanzminister Christian Lindner bremst und will erstmal dafür sorgen, dass alle bekommen, was ihnen jetzt eigentlich schon zusteht.
Auch den Haushaltsstreit klammerten die Koalitionsspitzen bewusst aus. Denn hier prallen Milliardenwünsche der Ministerien weiter auf Lindners Sparkurs - mit bisher kaum sichtbarer Bewegung. Inzwischen scheint realistisch, dass der Finanzminister seinen Entwurf erst nach der Steuerschätzung im Mai ins Kabinett schickt. Dann könnten die Spielräume zumindest etwas größer sein als bisher.
Die Beschlüsse der Koalition jedenfalls haben laut Lindner keinen direkten Einfluss auf den so hart umkämpften Etat für das kommende Jahr. Wirklich nicht? So soll zum Beispiel die Finanzspritze für die Bahn durch eine Erhöhung der Lkw-Maut gestemmt werden. Doch die bringt im Jahr nur fünf bis sechs Milliarden - den Bedarf der Bahn bis 2027 dagegen beziffert die Ampel auf 45 Milliarden. Genauso fraglich ist, ob der Klimafonds neben dem Haushalt groß genug ist für die Förderung des Heizungstauschs. Der nächste Streit scheint nicht weit.