Deutsch-tschechisches Kunstprojekt Skulpturen verbinden Menschen

Bei einem Gesprächsforum des Kunstvereins Hochfranken Selb Projekt geht es um die Rolle von Kunstwerken. Fachleute, aber auch das Publikum sind sich einig: Sie sind äußerst wichtig.

 
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Petr Kropp, Sabine Richter, Dieter Rossmeissl, Zuzana Jürgens und Niels-Christian Fritsche (von links) beim Gesprächsforum auf dem Podium. Foto: pr.

Sind Skulpturen im öffentlichen Raum überhaupt notwendig, und können diese zwischen Menschen eine Verbindung schaffen? Wer konkrete Antworten erwartet hat, wurde im Rahmen des Gesprächsforums des Kunstvereins Hochfranken Selb im Porzellanikon enttäuscht. Gewinn zogen die Zuhörerinnen und Zuhörer jedoch aus den Impulsen des hochkarätig besetzten Diskussionspodiums im Rahmen des deutsch-tschechischen Kunstprojektes in der Grenzregion und Europastadt Selb-Asch. Das teilt der Kunstverein Hochfranken Selb mit.

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Geleitet wurde das Forum von Dieter Rossmeissl, dem Kulturreferenten a. D. der Stadt Erlangen und gebürtigen Selber, der zu Beginn in das Kulturprojekt einführte und es als wichtiges, europäisches und gesellschaftspolitisches „Experiment“ bezeichnete.

Kultivierung des Raumes

Die subjektive Wahrnehmung des Architekten Petr Kropp, der in Tschechien, der Slowakei und in Holland wohnt und die Grenzregion mehrmals nach dem Fall der Grenze bereist hat, ist eine schrittweise und positive „Kultivierung des Raumes“, insbesondere durch die öffentlichen Kunstwerke. Damit sei der zunächst durch den Schlagbaum begrenzte Raum erweitert und durch die Kunst verbunden worden. „Gleichzeitig verschieben sich damit auch die mentalen Grenzen der Gesellschaft hüben und drüben.“

Für die bayerisch-tschechische Literaturwissenschaftlerin Zuzana Jürgens benötigt die bildende Kunst auch gar keine Sprache im herkömmlichen Sinn. Sie komme ohne wörtliche Übersetzung aus und verbinde damit per se die Menschen der Region auf beiden Seiten, da dem Betrachter die oftmals leider hinderliche Sprachbarriere nicht im Wege stehe. Nach ihrer Meinung „brauchen die Menschen die Kunst, und die Kunst braucht die Menschen“. Eine nicht notwendige Übersetzung mündet eher in die Begrifflichkeit der Begleitung oder der Vermittlung.

Wahrnehmung ohne Worte

„Brecht eine Lanze für das Sehen!“, steuerte die Künstlerin und Kunstdozentin Sabine Richter aus Nürnberg bei. Für sie bedeutet die Ansicht im wörtlichen Sinne auch die Vermittlung von Haltung und von Werten. Die Kunst sei ganz allgemein eine Wahrnehmung beziehungsweise ein Ausdruck ohne Worte und verbinde die Menschen, die sich darauf einlassen, ganz gewiss. Außerdem bezog sich Richter auf den Philosophen Vilém Flusser, für den ein öffentliches Kunstwerk allein in seiner Form eine Information ist. Ein großes Fragezeichen stellte sie aber an das Ende des Wortes „Wertschätzung von Kunst und Kultur?“, die für sie persönlich so viel Positives vermag.

Für den Dresdner Architekten Niels-Christian Fritsche, der ebenfalls in einer Grenzregion verwurzelt ist, hat dieses Fragezeichen viel mit dem Begriff der „kognitiven Verzerrung“ zu tun, der den Menschen leider immer wieder auf bekannte Muster zurückbringe, was zu Fehlern führe. Er forderte daher mehr Toleranz, die durch mehr Bildung erreicht werden könne, um sich nicht von moderner und zugänglicher Kunst „stressen“ zu lassen. Für ihn ist die Kunstbetrachtung das ideale Kreativitätstraining und gibt wichtige Impulse für eine tiefergehende Verbindung, auch zwischen Menschen. „Kunst ist und bleibt vor allem ein Probehandel und sollte genau so aufgefasst werden, bevor an einen ökonomischen Nutzenaspekt gedacht wird.“

Andauernder Prozess

In die Podiumsdiskussion mischten sich viele weitere Impulse aus dem sehr aktiven Publikum. Der bildenden Kunst verwandte Themengebiete wie die Musik oder der Literatur, Sprache im allgemeinen oder ländlicher Kulturraum im speziellen wurden hierbei gemeinsam in Verbindung gebracht. Einig war man sich darin, dass die Kultur – insbesondere in der Form von Skulpturen im öffentlichen Raum – äußerst wichtig sei und gerade in der Grenzregion Verbindungen zwischen den Menschen herstellen könne. Für Hans-Joachim Goller, dem Projektleiter des Kunstvereins, bleibt das Zusammenwachsen der beiden Völker aus Bayern und Tschechien ein andauernder Prozess, an dem er mit den Mitteln der Kunst, stetig weiterarbeiten werde.