Streitpunkt I: Muss eine Schule in einem Schloss residieren?

Muss sie nicht, sagt Christa Müller-Feuerstein. Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat ist die schärfste Kritikerin der langfristigen Vermietung des Schlosses an die Senivita gGmbH, den Träger der Internationalen Schule. Wohlgemerkt: Der Vertrag missfällt ihr, nicht die Schule selbst. „Eine Schule ist immer noch am besten in einem Schulgebäude aufgehoben.“ Das Schloss ließe sich anderweitig nutzen – vor allem so, dass es für die Öffentlichkeit zugänglich ist. „Daran hat die Stadt aber nicht mit dem notwendigen Nachdruck gearbeitet. Stattdessen hat man versucht, schnell eine Entscheidung im Stadtrat durchzudrücken:“

Gegenrede aus dem Rathaus. Die Internationale Schule mag in einem Schloss zu Hause sein. Finanziell bevorzugt wird sie dadurch nicht. Denn: Das Schloss ist genauso eine städtische Immobilie wie alle anderen Schulgebäude in der Stadt, mit Ausnahme des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums (im Eigentum des Freistaats). Der Bauunterhalt liegt bei der Stadt. „Das ist eine Mammutaufgabe, die Jahr für Jahr Investitionen in Höhe von mehreren Millionen nach sich zieht“, sagt Pressesprecher Joachim Oppold.

Kopfschütteln bei Horst Wiesent, geschäftsführender Gesellschafter der Senivita gGmbH und oberster Chef der Schloss-Schule. „Die Entscheidung im Stadtrat ist gefallen. Die Diskussion ist vorbei.“ Aber wenn es denn sein muss: Vor drei Jahren hätten Stadt und Schulträger intensiv nach einem passenden Gebäude gesucht. Ohne Erfolg. Erst dann kam die Idee auf, das Schloss Thiergarten zu nutzen. „Inzwischen ist der Standort für uns alternativlos.“ Nicht wegen eines elitären Anspruchs, sondern weil sein Unternehmen mehrere hunderttausend Euro investiert habe.

 

Streitpunkt II: Was muss ein Schloss kosten?

Öffentlich will es keiner sagen. Man beruft sich auf Vertragsinhalte, die vertraulich zu behandeln sind. Aber längst weiß man auch außerhalb des Stadtrates und der Verwaltung, wie hoch die Miete ist, die der Träger der Schule zu bezahlen hat: 1200 Euro im Monat – mit Anpassung an die Preissteigerung. Die Stadt ist dem Schulträger, der eigenen Angaben nach in den kommenden Monaten 300 000 Euro in den Schlossumbau stecken wird, mit der neuen Vereinbarung entgegengekommen. „Mit einer solchen Mietpreissenkung finanziert die Stadt den Umbau am Ende selbst“, sagen Kritiker. Und: Der Mietverzicht bezahlt eine Umgestaltung, die es ohne die Schule im Schloss gar nicht bräuchte. Von den 36 Kindern, die die Schule derzeit besuchen, kämen nur zwölf aus Bayreuth. „Da klafft ein Missverhältnis“, behauptet auch Müller-Feuerstein.

Befürworter der Schule im Schloss verweisen indes auf Marktmechanismen: Wer eine sanierungsbedürftige Immobilie wie Schloss Thiergarten vermieten wolle, müsse entweder selbst sanieren oder einen Mietpreis anbieten, der dem Mieter Luft lässt. Fakt ist auch: Die Stadt hat vor Jahren, nach dem Auszug des Hotels und Restaurants, händeringend versucht, das Schloss an einen neuen Nutzer zu verkaufen. Es gab Anfragen, aber keinen einzigen konkreten Interessenten.

„Wir sind eine gemeinnützige Schule, wir übernehmen einen Teil der städtischen Aufgaben und betreiben sogar noch Wirtschaftsförderung“, sagt Schulträger Wiesent. „Es grenzt schon an eine Unverschämtheit, wenn man uns dann auch noch abkassieren will.“

 

Streitpunkt III: Wird hier städtisches Eigentum verschleudert?

An diesem Punkt scheiden sich die Geister der Juristen. Die einen sagen: 1200 Euro für ein Schloss sind eindeutig zu wenig. Und das richtig dicke Ende komme, wenn ein Rechnungsprüfer diesen Vertrag unter die Lupe nehmen und für nicht haltbar erklären würde. Dann nämlich könnte der Schulträger, der ohne Schulhaus dastünde, Schadenersatzforderungen geltend machen. Falsch, sagt die andere Fraktion der Juristen. Von einer Verschleuderung könne nicht die Rede sein. Viel eher schon davon, dass ein Projekt mit gesellschaftlichem Nutzen ermöglicht werde. Die gemeinnützige GmbH, die die Schule betreibt, will keine Gewinne erzielen – im Gegensatz zu dem gastronomischen Betrieb, der zuvor Schloss Thiergarten nutzte. Der übrigens zahlte Kurier-Informationen zufolge noch deutlich weniger Miete, als der Schulträger es künftig tun muss. Die Einnahmesituation der Stadt hat sich also eher verbessert.

Doch auch das wird bereits wieder bezweifelt: Im Unterschied zu jenen Zeiten, als das Schloss als Hotel und Restaurant genutzt wurde, trägt die Stadt jetzt den Aufwand für die Pflege des parkähnlichen Grundstücks rund ums Schloss, heißt es.

Ob Verschleuderung oder nicht: Stadträtin Müller-Feuerstein erinnert an die jüngste Geschichte des Schlosses. 1982 habe die Stadt das Anwesen aus der Konkursmasse eines pleitegegangenen Baugeschäftes gekauft. 1,5 Millionen Mark hat das Anwesen gekostet, 300 000 Mark davon brachten die Bürger der Stadt in einer Spendenaktion auf. „Das geschah auch unter der Voraussetzung, dass das Schloss der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.“ Damals habe Bürgerbeteiligung im allerbesten Sinne funktioniert, sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende. Heute würden Entscheidungen in nichtöffentlicher Sitzung und unter unverständlichem Zeitdruck durchgesetzt.

Was im Rathaus vor sich geht, will Horst Wiesent nicht kommentieren. Aber er rät zu einer realistischen Sicht: Zwei Millionen Euro sind seiner Meinung nach das Minimum, was in das Schloss investiert werden müsste, um es wieder als Restaurant und Hotel zu bewirtschaften. Und dann bleibe immer noch das Problem, dass das Geschäftsmodell nicht funktioniert. Nur zwölf Appartements, das Anwesen ist zu klein für ein Hotel. Ob sich unter diesen Umständen ein Betreiber finden lassen würde, bezweifelt Wiesent. Und ein leerstehendes Schloss wäre für die Stadt ganz sicher der allergrößte Schaden.

 

Streitpunkt IV: Wer bezahlt die Lehrer?

Auch wenn diese Frage immer mal wieder Anlass für Spekulationen gibt: Der Internationalen Schule wird bei der Finanzierung ihrer Lehrer keine Extrawurst gebraten. „Das Bayerische Schulfinanzierungsgesetz ist für alle privaten Grund- und Mittelschulen gleich“, sagt Martin Steiner, stellvertretender Pressesprecher der Regierung von Oberfranken. Die Stadt hält sich raus, so wie sie das bei anderen Privatschulen auch tut. Stadtsprecher Joachim Oppold: „Wir leisten keinerlei Transferzahlungen an private Schulen, also auch nicht an die Internationale Schule.“ Das Geld von der Regierung und das Schulgeld der Schüler-Familien zusammengenommen, reichen nicht, um die Lehrer zu bezahlen, sagt Wiesent. „Also decke ich das Defizit.“

Nachtrag: Die erste Entscheidung, das Schloss Thiergarten als Schulgebäude an die Senivita gGmbH zu vermieten, hat dasselbe Stadtratsgremium getroffen, das jetzt wieder über die Schule zu entscheiden hatte. Mit 35 gegen zwei Stimmen hatten sich die Räte am 24. März 2010 für die Vermietung ausgesprochen. Für die Verlängerung des Mietvertrages gab es in der vergangenen Woche eine weniger deutliche Mehrheit.