Der sogenannte Coworking Space Hier kann man rund um die Uhr arbeiten

Peter Engelbrecht
Eigentümer Thomas Völkl (rechts) erklärt den Gästen das Großraumbüro, links der begehbare Würfel zum Telefonieren. Foto: Peter Engelbrecht

Die neue Arbeitswelt nennt sich Coworking Space. In Kemnath in der Oberpfalz gibt es so ein Angebot. 77

 
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Kreativ und innovativ arbeiten – das verspricht der sogenannte Coworking Space in Kemnath. Die Idee, die dahintersteckt: Eine „neue Arbeitsform“. Freiberufler, kleinere Start-ups oder digitale Nomaden arbeiten dabei in einem größeren, verhältnismäßig offenen Raum und können auf diese Weise voneinander profitieren.

Eigentümer Thomas Völkl will den Weg in die „neuen Arbeitswelten“ aktiv mitgestalten. Und das auch im ländlichen Raum, in Kemnath in der nördlichen Oberpfalz. Der sogenannte Coworking Space wurde im August 2021 eröffnet. Die Bayreuther CSU-Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer, ihr Oberpfälzer Amtskollege Tobias Reiß sowie Kreisräte und der Bayreuther Bezirksrat Stefan Specht schauten sich die Räume an.

Im Kemnather Industriegebiet gelegen, sehr gut erreichbar von Marktredwitz, Bayreuth, Weiden und Amberg aus, finden Interessierte die neuen Arbeitsmöglichkeiten. In einer früheren Industriehalle, die seit mehr als 40 Jahren verschiedene Firmen beherbergte, stehen „kreative und innovative Räume“ zur Verfügung. Dazu gehören ein Meetingraum für bis zu 16 Gäste, zwei Büroräume sowie ein Großraumbüro, neudeutsch OpenSpace genannt. Nebenan, durch eine großflächige Glaswand getrennt, liegt die ebenfalls nutzbare Terrasse mit Garten.

In den Räumen hängen Plakate mit Sätzen wie diesen: „Arbeitszeit ist Lebenszeit. Lebe Deine Arbeit!“ Thomas Völkl, der Erfinder dieses Angebots, ist ein redegewandter Rhetorik- und Kommunikationstrainer. „Die Leute können sich aussuchen, wie sie arbeiten wollen“, erklärt er mit hörbaren Oberpfälzer Zungenschlag. Das Tagesticket gibt es für 15 Euro, mit freier Platzwahl im Großraumbüro. Einen Monat hier zu arbeiten, kostet 195 Euro. Auch hier gilt die freie Wahl des Schreibtisches, man kann 24 Stunden an sieben Tagen die Woche schaffen.

Im Großraumbüro gibt es eine Schiefertafel, um sogleich seine Ideen zu notieren, sowie Stühle und Tische, die ans Klassenzimmer erinnern. Das Highlight ist der sogenannte Cube, ein begehbarer Würfel mit Glaswänden. Hier kann man vertrauliche Telefonate führen, die sonst niemand mithören soll. Der Würfel hat eine eigene Beleuchtung und Belüftung, erzählt Völkl stolz. Er selbst nennt sich „Space Captain“.

Die Idee sei einst in Großstädten entstanden, die Knappheit von Büroräumen sei ausschlaggebend gewesen. Und so hätten sich Firmengründer zusammen Räume gemietet, nach dem Motto „Gemeinsam alleine arbeiten.“ Das offizielle Grundverständnis beschreibt der Chef so: Zusammen arbeiten und Synergien nutzen; Offenheit, jeder ist willkommen; Nachhaltigkeit, gemeinsame Arbeit schont die Ressourcen; Gemeinschaft, das Wir-Gefühl ist wichtig, auch außerhalb der Arbeit.

Als Vorteil nennt Völkl auch die kurzen Wege. Man müsse nicht 100 Kilometer mit dem Auto zur Arbeit fahren, sondern könne dieses neue Angebot gleich um die Ecke mit dem Fahrrad erreichen. Die Halle habe sein Opa gebaut und sein Vater genutzt. Zuletzt war hier eine Autowerkstatt untergebracht. Geheizt wird das Gebäude mit Hackschnitzeln, auf dem Dach befindet sich eine Photovoltaikanlage. Investiert hat der Eigentümer nach eigenen Angaben rund 300 000 Euro. Zuschüsse gab es durch das Programm „Leader“ der Europäischen Union, das innovative Projekte im ländlichen Raum unterstützt. Durchschnittlich 30 Coworker haben sich bislang angemeldet, sie kommen einmal pro Woche oder auch nur einmal im Monat. Auch 20 Firmen haben hier ihren Briefkasten, das liegt wohl am Gewerbesteuerhebesatz von 230 Prozent in Kemnath – in Bayern mit der niedrigste Satz. Völkl kann sich vorstellen, dass auch der öffentliche Dienst stärker auf Coworking setzt und bittet die Abgeordneten, sich dafür stark zu machen.

Wie Brendel-Fischer gegenüber unserer Zeitung erläutert, war der Anlass für den Informationsbesuch, dass es aktuell einen starken Bedarf an Firmengründungen und -übernahmen gibt. Junge Unternehmensgründer stellten sich häufig die Frage, wie sie starten sollen. Hier biete der Coworking Space ein gute Möglichkeit. „Firmengründer können Ideen austauschen und Selbstbewusstsein erwerben“, sagt die Abgeordnete. Durch dieses Angebot könne man preisgünstig Infrastruktur und Technik nutzen. In der Region Bayreuth gebe es aktuell nur wenige solcher Angebote, bedauert sie.

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