Der Kurier trieb das Original eines Dokumentes auf - Das ist eine Wende Fall Mollath: Grund der Wiederaufnahme wackelt

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Gustl Mollath auf dem Weg zum Untersuchungsausschuss des Landtages Foto: red

Auf den ersten Blick schaut es aus wie eine Formalie. Und doch haben die beiden Buchstaben „i. V." ziemlich viel Sprengkraft. Womöglich kippt durch die Recherchen des Kuriers einer der drei Gründe für das beantragte Wiederaufnahmeverfahren im Fall Mollath. Dies bestätigte ein Sprecher der Justiz.

 
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Es handelt sich um das Attest des Nürnberger Arztes, der Mollaths Ex-Frau Petra M. wegen der Misshandlungen ihres Mannes untersucht hatte. Der Kurier hatte bei seinen Recherchen das Original dieses Attests aufgetrieben.

Ausgestellt worden war es am 14. August 2001, exakt zwei Tage nach den Misshandlungen. Bekannt war bisher nur ein Attest, das am 3. Juni 2002, also fast ein Jahr nach den Misshandlungen, von dem Arzt anhand des alten Krankenberichts ausgestellt wurde. Dieses Attest gilt – bisher – als sogenanntes unechtes Dokument. Denn der Arzt, der in Vertretung, „i. V.", unterschrieben hat, war der Sohn der Ärztin, der die Praxis gehörte und deren Stempel das Attest trägt. Allerdings verschwimmt dieses „i. V." mit dem Namenszug des Arztes. Es war also nicht klar, welcher Arzt Petra M. untersucht hatte und das Dokument unterschrieben hatte. Auch die Ermittler hatten das „i. V." bisher als Teil des Namensschriftzugs interpretiert.

"in Vertretung"

An dem Original-Attest aber fällt deutlich auf, dass dort auch mit „i. V.", also „in Vertretung" unterzeichnet wurde. Ein solcher Hinweis auf eine Stellvertretung könne für die Frage, „ob die im gerichtlichen Verfahren verwendete Zweitausfertigung im Rechtssinne unecht oder verfälscht war, von Bedeutung sein." Dies bestätigte auf Anfrage der Sprecher des Nürnberger Oberlandesgerichts, Michael Hammer. Vereinfacht dargestellt: Wenn beide Male derselbe Arzt unterzeichnet haben sollte, ist die Bewertung als unechtes Dokument wohl kaum haltbar. 

Der Anwalt von Mollaths Ex-Frau Petra M., Jochen Horn, erhielt bereits einen Anruf vom General-Staatsanwalt. „Wegen der Eilbedürftigkeit der Sache" wurde er gebeten, das Attest den Ermittlern zur weiteren Prüfung vorzulegen. Er übergab es am Mittwochabend. Auch dies bestätigt der Gerichtssprecher auf Anfrage.

Mollath bestreitet bis heute

Gustl Mollath (56) behauptet, seit sieben Jahren zu Unrecht in der geschlossenen Psychiatrie zu sitzen. Ihm wurde Gemeingefährlichkeit unterstellt, unter anderem weil er Dutzende von Reifen zerstochen und seine Frau misshandelt hat, einmal hat er sie sogar bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Mollath bestreitet bis heute, jemals gewalttätig gewesen zu sein, obwohl er in einem Brief einräumte, sich „leider gewehrt" zu haben.

Er sieht sich als Opfer eines Komplotts und unterstellt seiner Frau, ihn mit dem Vorwurf der Körperverletzung in die geschlossene Psychiatrie gebracht zu haben, weil er angebliche Schwarzgeldverschiebungen anzeigte. Aber sein Fall könnte wieder aufgerollt werden, dazu gibt es zwei Wiederaufnahme-Anträge, einen seines Anwaltes und einen der Staatsanwaltschaft in Regensburg. Einer der drei Gründe, die zu einer Wiederaufnahme führen sollten, war dieses angeblich „unechte" Attest. Ein weiterer Grund ist ein neuer Zeuge, der behauptet, Mollaths Ex-Frau habe ihm gedroht. Und einer der Gutachter soll gesagt haben, er könne verstehen, warum Mollath ihn zu einem angeblichen Schwarzgeldkartell zähle.

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