Nur Sitzplätze erlaubt BFV entsetzt über Rahmenkonzept Sport

red
Kritisiert in scharfer Form das bayerische Innenministerium: BFV-Präsident Rainer Koch. Foto: /BFV

Das neue Rahmenkonzept Sport des Innenministeriums sorgt beim Bayerischen Fußballverband für blankes Entsetzen. Zuschauer­ sind nur auf Sitzplätzen zugelassen.

 
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München - Mit völligem Unverständnis und deutlicher Kritik reagiert der Bayerische Fußball-Verband (BFV) auf das in der Nacht zu diesem Freitag veröffentlichte und ab sofort gültige „Rahmenkonzept Sport“ des Bayerischen Staatsministeriums des Innen, für Sport und Integration.

Demnach bleibt unter anderem die Zuschauerzahl bei Veranstaltungen im Freien und damit bei Fußballspielen einschließlich geimpfter sowie genesener Personen auf maximal 500 beschränkt. Und dies noch dazu ausschließlich auf fest zugewiesenen Sitzplätzen inklusive einer Kontaktdatenerfassung und der Datenspeicherung für vier Wochen.

Stehplätze bleiben weiterhin grundsätzlich ausgeschlossen. Im Gegensatz dazu liegt die Zuschauerobergrenze in Gebäuden bei Einhaltung des Mindestabstands bei 1000 Zuschauern. Eine platzgenaue Kontaktdatenerfassung ist hier nicht vonnöten.

„Allmählich wird es absurd“, sagt BFV-Präsident Rainer Koch: „Es kann niemandem mehr ernsthaft vermittelt werden, warum bei einem Fußballspiel im Freien keine Besucher einzeln um weiträumige Plätze stehen dürfen, dagegen aber bei wissenschaftlich belegtem ungleich höheren Infektionsrisiko in Gebäuden bis zu 1000 Zuschauer zugelassen werden. Ich gönne den Kulturschaffenden und allen Veranstaltern jeden einzelnen zugelassenen Besucher. Aber dass die Interessen von Millionen Amateursportlern, fußballbegeisterten Kindern und Jugendlichen, unseren über 4500 Fußballvereinen in Bayern mit ihren zehntausenden Ehrenamtlichen und Millionen Fußballinteressierten aus deren Umfeld weiterhin völlig sinnfrei ignoriert werden, ist nicht mehr hinnehmbar. Ich kann jeden Vereinsverantwortlichen verstehen, der angesichts dieser Realitätsferne der Entscheider nur noch den Kopf schüttelt“, sagt Koch und legt nach: „Seit Beginn der Pandemie reichen Verband und Vereine der Politik immer wieder aufs Neue die Hand und bieten ihre volle Unterstützung und auch Expertise für einen sensiblen Umgang mit der Pandemie an. Ebenso die gemeinsame Ausarbeitung und Umsetzung von praktikablen und verantwortungsvollen Lösungen. Wenn dann dieses Angebot schon nicht angenommen wird, muss zumindest mehr als ein vollkommen widersprüchliches Konzept, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, herauskommen.“

Alle anerkannten Medizinier, Forscher und Virologen sind sich einig und belegen in ihren Studien, dass Sport unter freiem Himmel nicht im Ansatz ein erhöhtes Infektionsrisiko darstellt. Auch ist bis heute kein Fall bekannt, der eine Infektion im Zusammenhang mit dem Besuch eines Fußballspiels als Ursache belegt, heißt es in der Mitteilung des BFV weiter.

„Das neue Rahmenkonzept Sport ist ein Schlag ins Gesicht für alle Fußballvereine in Bayern“, bringt es auch BFV-Schatzmeister Jürgen Faltenbacher, der im Präsidium für den Spielbetrieb zuständig ist, auf den Punkt: „Man kann nicht permanent Solidarität einfordern und gleichzeitig den Vereinen jeden Handlungsspielraum verwehren, um aus dieser auch wirtschaftlich schweren Lage herauszukommen. Zumal unsere Vereine allesamt bewiesen haben, dass sie mit den etablierten Hygienekonzepten verantwortungsbewusst umzugehen wissen. Jeder, der einen Bezug zum Amateursport hat, weiß: In jeder Fußgängerzone ist mehr los, als etwa bei einem regulären Fußballspiel in der Kreisklasse. Dennoch sind genau diese einzelnen Besucher für viele Vereine überlebenswichtig. Es ist deshalb geradezu fahrlässig, sie mit einem solchen Rahmenkonzept weiterhin auszubremsen und am Ende auch die vielfältige Vereinslandschaft zu riskieren. Das gilt übrigens nicht nur für den Fußball,“ erklärt Faltenbacher.

Bereits Mitte Mai hatte der BFV in einem Offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder eine praxisnahe Lösung in der Zuschauerfrage bei Fußballspielen unter freiem Himmel eingefordert: Dabei vertritt der BFV die klare Auffassung, dass es eine Bagatellgrenze an Publikum brauche, bei der dies auch ohne besonderes Konzept, ebetuell mit Masken, möglich sein muss. Viele Kinderangebote funktionieren laut Faltenbacher nur dann, wenn die Eltern die Kinder fahren und begleiten – gerade jetzt wollen wir nicht viele Personen in einem Auto haben. Und ein Fußballplatz ist groß genug, um dort genügend Personen mit ausreichend Abstand unterzubringen. Faltenbacher abschließend: „Wir fordern also die Möglichkeit, ohne besonderes Konzept 100 Zuschauer bei Sportveranstaltungen im Freien zuzulassen, eventuell mit Maske und einfacher Kontaktverfolgung“.

Das Aktionsbündnis Team-Sport Bayern (TSB), eine Zusammenschluss mehrerer Sportverbände, lobt einerseits das Rahmenkonzept Sport. Es setze die Leitplanken für den Sportbetrieb unter den aktuell vorherrschenden Pandemie-Bedingungen und ermögliche die Rückkehr zum Sportbetrieb für alle Sportarten. In den einzelnen Punkten gibt es allerdings angesichts inhaltlicher und konzeptioneller Unverständlichkeiten und Widersprüche weiterhin Klärungsbedarf. „Warum draußen weniger Zuschauer, dann auch nur auf Sitzplätzen, zulässig sind als im Innenbereich ohne explizite Sitzplatzregelung, erschließt sich für TSB nicht.“

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