Der Bayreuther Superforscher

Von Andrea Pauly
Professor Daniel Frost von der Universität Bayreuth hat den "deutschen Nobelpreis" bekommen. Das Foto zeigt ihm mit der Hälfte eines Würfels aus sehr hartem Metall. In dem Hohlraum in der Mitte untersucht Frost mit seinem Team die Wirkung von Druck und Hitze auf verschiedene Verbindungen. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Was ist das für ein Mann, der nach Stationen in England und Washington, D.C., vor fast 20 Jahren nach Bayreuth gekommen ist? Der für seine Forschung über den Erdmantel 2,5 Millionen Euro und den wichtigsten deutschen Wissenschaftspreis erhält? Auf die Gratulation zu seiner Auszeichnung erwidert er trocken: "Welcher Preis?". Seinen britischen Humor hat sich Daniel Frost nach fast 20 Jahren in Bayreuth jedenfalls bewahrt. Am Dienstag hat er den Leibniz-Preis 2016 bekommen.

 
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Druck und Hitze - das sind die beiden wichtigsten Faktoren in der täglichen Arbeit von Daniel Frost. Denn damit kann er nicht nur Material verändern, sondern auch erschaffen. Seit seiner Promotion in Bristol forscht der Engländer, der von den meisten Dan genannt wird, darüber, wie sich Stoffe unter dem Einfluss von großem Druck und Hitze entwickeln.

Zwölf Kilometer reichen nicht

Dabei hat er ein Problem: Die Materialien, die ihn am meisten interessieren, stecken so tief in der Erde, dass sie noch kein Mensch nachweisen konnte. Selbst die tiefste Bohrung, die je auf der Erde erfolgt ist, kratzt mit zwölf Kilometern gerade so an der Oberfläche des Erdmantels. Er will aber wissen, was in 6000 Kilometern Tiefe passiert. Also stellen Dan Frost und sein Team die Verhältnisse in einem sehr kleinen Maßstab nach, bauen Modelle und erschaffen künstliche Mineralien - eine Simulation dessen, was sich tief unter der Erdoberfläche befinden müsste. Diese synthetischen Mineralien wiederum nutzt Dan Frost, um Rückschlüsse auf die Entwicklung der Erde zu ziehen.

"Ich wusste nicht mal, dass ich nominiert bin"

Seit 1997 arbeitet der Brite am Bayerischen Geoinstitut (BGI), einem Forschungszentrum der Universität Bayreuth. Vor drei Jahren übernahm er am BGI eine Professur für experimentelle Geowissenschaften, seit Oktober 2015 leitet er das Institut. Im Dezember hat seine Karriere dort einen Höhepunkt erreicht: Ihn erreichte die Nachricht, dass er den Leibniz-Preis 2016 erhält - und damit 2,5 Millionen Euro für seine Forschung in den nächsten sieben Jahren. "Ich hatte keine Ahnung. Ich wusste nicht mal, dass ich nominiert bin."

5000 Tonnen Gewicht

Im Labor des BGI befindet sich ein Gerät, das Druck erzeugt. 5000 Tonnen Gewicht - halb so viel wie der Eiffelturm - konzentrieren sich darin auf wenige Millimeter. Was mit Mineralien unter diesem Druck geschieht, untersucht das Forschungsteam mitgeophysikalischen Methoden und vergleicht die Ergebnisse mit seismologischen Messungen aus realen Erdschichten. Bei Frosts Forschung geht es aber nicht nur um die Erde. So hat er gemeinsam mit seinen Bayreuther Kollegen ermittelt, warum der Mantel des Mars viel mehr Eisen enthält als der Erdmantel.Auch dabei spielen Temperatur und Druck eine entscheidende Rolle. Frost untersucht auch Material aus Meteoriten, das er unter verschieden hohem Druck bearbeitet - das gibt Aufschluss darüber, wie sich die verschiedenen Schichten eines Planeten entwickelt haben.

Aus Washington, D.C., nach Bayreuth

Promoviert hat Dan Frost zur geowissenschaftlichen Hochdruck- und Hochtemperaturforschung in Bristol. Danach arbeitete er für zwei Jahre in Washington, D.C., wo ihn eines Tages ein Bayreuther bei einem Kongress ansprach und ihm eine Stelle anbot: die Leitung des Hochdrucklabors. Er sagte zu und kam nach Bayreuth. Er heiratete eine Bayreutherin, gründete mit ihr eine Familie. "Spätestens wenn man Kinder hat, will man in einer solchen Landschaft leben. Dann ist Bayreuth phantastisch", sagt er. Dass die Fränkische Schweiz und das Fichtelgebirge auch eine große geologische Vielfalt aufweisen, war ein willkommener Zufall.

Ein bisschen so wie Urlaub

In den vergangenen Jahren hat er immer wieder Angebote von anderen Universitäten bekommen - und sich immer wieder dagegen entschieden, in seine englische Heimat zurückzukehren. "In Deutschland zu leben ist für mich immer noch ein bisschen so, als wäre ich im Urlaub", sagt der 45-Jährige. Auch nach fast 20 Jahren sei es für ihn ein kleines Abenteuer, in ein deutsches Geschäft zu gehen. Zugleich fühlt er sich in England heute ein wenig fremd - "Wenn man so lange in einem anderen Land lebt, beeinflusst das, wie man denkt."

Wie Diamanten wachsen

Der Leibniz-Preis ist mit 2,5 Millionen Euro dotiert. Ein Teil des Geldes will er nutzen, um herauszufinden, wie sich Diamanten entwickeln. "Wir wollen wissen, wie Diamenten wachsen und wo und warum sie in bestimmten Gesteinsarten proportional öfter vorkommen." Der Kreislauf von Kohlenstoff - und nichts anderes ist ein Diamant - zwischen der Oberfläche und dem Inneren der Erde im Laufe von Millionen von Jahren interessiert ihn besonders. Und natürlich spielt auch dabei Druck eine große Rolle.

Bayreuther Leibniz-Preisträger

Daniel Frost ist der dritte Leibniz-Preisträger am Bayerischen Geoinstitut: 1987 ist der Mineraloge Prof. Friedrich Seifert damit ausgezeichnet worden, 2001 der Geowissenschaftler Prof. Dr. Hans Keppler. Außerdem erhielten folgende Bayreuther Wissenschaftler den Preis: Prof. Wolfgang Schnick (Festkörperchemie, 1996), Prof. Christian F. Lehner (Molekulargenetik, 1997) sowie Prof. Ingo Rehberg (Experimentalphysik, 1998).

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