Demokratiebus in Pegnitz Ort der Begegnung statt Filterblase

Von Wolfgang Karl

PEGNITZ. Der Demokratiebus macht Station in Pegnitz. Das Team will einen Ort bieten um wieder miteinander zu reden und raus aus der Filterblase zu kommen.

 
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Bürgermeister Uwe Raab (SPD) spricht davon, dass er stolz ist, dass Pegnitz Fairtrade-Stadt ist. „Damit helfen wir, dass es andernorts lebenswert ist, damit Menschen nicht mehr zur Flucht gezwungen werden.“ Schüler der Realschule Pegnitz halten eine Fahnenkette hoch. An ihr hängen Blätter mit verschiedenfarbigen Handumrissen, darüber steht „High five, Demokratie ist wertvoll“. Jeder Schüler hat auf seinen Handumriss geschrieben, Begriffe wie Frieden, Umweltschutz und Freundschaft, eben was Schüler mit dem Begriff Demokratie verbinden. Raab ruft den Schülern zu, sie sollten die Fahne der Demokratie hochhalten.

Huber findet Bus "fantastisch"

Stadträtin Sandra Huber (Bündnis 90/Grüne) findet es „fantastisch“, dass der Demokratiebus auch in Pegnitz Halt macht und eine Botschaft vermittelt, die auch ihr am Herzen liege: „Jede und jeder einzelne von euch kann mitmachen. Wir kriegen die Welt nicht besser gemeckert, sondern nur besser gemacht.“

"Ich lebe gern in Deutschland"

Dekan Gerhard Schoenauer von der evangelischen Kirche schreibt in seiner kurzen Ansprache allen AfD-Wählern Gesalzenes ins Stammbuch. Jene, die aus nicht-radikalen Gründen die AfD wählten, gäben der AfD den notwendigen Anschein der Legitimität. Etwas, wofür Schoenauer ganz und gar nicht stehen möchte: „Ich lebe sehr gern in Deutschland und das lasse ich mir von rechten Dumpfbacken nicht kaputt machen“, sagt er.

"Omnibus" heißt "für alle"

Doch ist das Wahlkampf, was hier passiert in der Pegnitzer Hauptstraße? Eben nicht: Beinahe alle vom Team betonen, dass sie überparteilich seien. Der Demokratiebus sei eine Initiative, um Debatten im öffentlichen Raum zu fördern. In Bayern ist es schon die zweite Tour des Busses. Passend, kommt das Wort „Bus“ ja vom Lateinischen „omnibus„, was so viel heißt wie „für alle“.

Von der Brennpunktschule in den Bus

Stella Bauhaus ist eigentlich Mathematik-, Deutsch- und Biologie-Lehrerin aus Berlin – und Initiatorin der Linie 94 die neben dem Demokratiebus schon 2017 den Bus der Begegnung betrieben haben. Warum fährt sie mit Doppeldeckerbussen quer durchs Land? „In Berlin war ich in einer Brennpunktschule als Lehrerin beschäftigt. Dort ist mir aufgefallen, dass die Wahrnehmung meiner Schüler nicht über 300-400 Meter aus ihrem Viertel hinausgeht“, sagt Bauhaus. Die Eltern seien auch nicht diejenigen gewesen, die ihre Kinder an die Hand genommen und ihnen etwas Anderes von der Welt gezeigt hätten.

"Wichtig, den Leuten zu begegnen"

Der Schauspieler Shai Hoffmann ist Projektleiter des Demokratiebusses. „Ich bin viel in sozialen Netzwerken unterwegs und habe mich dort auch politisiert“, sagt Hoffmann. Er sei erschrocken über den Ton, in dem dort geschrieben wird. „Mir war wichtig, den Leuten zu begegnen, mit ihnen zu reden.“

Alles dabei im Doppeldeckerbus

Darum beschlossen die beiden, selbst zu den Menschen im Land zu fahren und ihren Horizont zu erweitern. Am Besten ginge das mit einem Doppeldeckerbus, in dem man alles dabei hätte. Tatsächlich gibt es sogar eine Küche im Demokratiebus. Das obere Stockwerk ist mit Holzdielen ausgelegt, Teppiche, Sofas, Sessel stehen herum. Man darf nicht zu groß sein, schon Menschen durchschnittlicher Größe müssen sich bücken.

Mehr Sitzgelegenheiten im Oberdeck

Zum Sitzen geht es, man kommt leicht ins Gespräch. Das ist vielleicht auch das Besondere an diesem Bus: Denn ein wenig hätte man schon Informationsmaterial erwartet, Broschüren zur politischen Bildung oder Ähnliches. Bis auf einige Informationen über den Demokratiebus selbst und das Bayerische Bündnis für Toleranz gibt es nichts dergleichen.

Begegnung steht im Vordergrund

Die Begegnung zwischen Menschen soll im Vordergrund stehen. Darum hieß der Demokratiebus im vergangenen Jahr auch noch Bus der Begegnung. Vor der Bundestagswahl fuhr das Team kreuz und quer durch Deutschland, als mobile Begegnungsstätte. „Die Idee war, einfach mal aus der eigenen Filterblase herauszukommen“, sagt Julia Hübner vom Team „Bus der Begegnung“, „wir umgeben uns ja viel mit Menschen, die unsere eigenen Meinungen bestätigen. Das fühlt sich natürlich gut an, aber daraus kann eben diese ’Spaltung der Gesellschaft’ entstehen, von der so oft gesprochen wird. Wir reden weniger miteinander.“

Von Anfang an dabei

So sei die Idee geboren gewesen und Hübner war von Anfang an dabei. Doch funktioniert das und kommt es nicht auch häufig zu Konflikten? „Wir sind viel auf Marktplätzen. Da trifft man schon oft auf Leute, die man sonst nicht getroffen hätte“, sagt Hübner. Auch solche, die sich offen rassistisch äußerten, oder solche, die darüber reden wollten, warum sie die AfD gewählt haben.

"Man hat auch selbst Vorurteile"

„Man hat auch selbst Vorurteile, die man überwinden muss“, sagt Hübner. Da müsse man die Menschen reden lassen, nicht kommentieren oder bewerten, sondern sich „in Offenheit üben“. Nur so komme man überhaupt ins Gespräch und könne selbst Vorurteile aufbrechen.

Dosenwerfen für Demokratie

Ruth Martini ist auch mit auf Tour durch Bayern. Sie arbeitet als Honorarkraft für das Bayerische Bündnis für Toleranz und dessen Aktion „Demokratie find’ ich gut“. Sie hat einen Tisch aufgebaut auf dem Blechdosen stehen. Diese sind Teil des Spiels „Räum ab, was der Demokratie entgegensteht“. Auf den Dosen stehen Wörter wie Hetze, Diskriminierung und Intoleranz. Mit einem Ball kann man die Dosen symbolisch abräumen.

"Demokratie ist Privileg"

Warum engagiert sich Martini selbst für Demokratie? „Meine Eltern sind damals aus Rumänien geflohen, noch unter der Diktatur von Nicolae Ceausescu. Darum bin ich in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass es ein Privileg ist, in einer Demokratie zu leben und dass man sie schützen sollte.“


Die Tour

Der Demokratiebus befindet sich auf seiner zweiten Tour durch Bayern. Station macht er noch in Fürth (Mittwoch, 19. September), Nürnberg (Donnerstag, 20. September), Bamberg (Freitag, 21. September) und Erlangen (Samstag, 22. September). Weitere Informationen zur Aktion gibt es unter: www.demokratie-find-ich-gut.de/demokratiebus.

Der Initiator

Nach Pegnitz geholt hat den Demokratiebus der „runde Tisch für Demokratie, Toleranz und Menschenwürde“. Ein Zusammenschluss von Vertretern von Kirchen und Schulen, sowie weiteren engagierten Bürgern, unter anderem Susanne Bauer.  Wie kamen sie auf die Idee, den Bus zu holen? “Da war viel Netzwerkarbeit dabei, auch über Kontakte zu „Demokratie Leben“, die den Bus mitfördern“, sagt Bauer.

„Uns war wichtig, mit dem Bus darauf hinzuweisen, dass Demokratie von Beteiligung lebt – und nicht das Recht des Stärkeren bedeutet, sondern den Schutz der Rechte der Schwächeren.“ Als der runde Tisch angefragt hatte, war die Juli-Tour des Demokratiebusses gerade vorbei, die September-Tour stand bereits. Ursprünglich sollte der Bus am 18. September in Rothenburg ob der Tauber halten, aber dort stellte man fest, dass der Doppeldecker nicht durchs Stadttor passt – Ein Termin wurde frei und Pegnitz bot sich an. „Ich bin glücklich, dass es geklappt hat“, sagt Bauer. Wie beim Demokratiebus könne man übrigens auch beim runden Tisch jederzeit einfach dazukommen und mitmachen, sagt sie noch.