Die grünen Sportschuhe
Karin Orbes versuchte zunächst, ihm Appetit zu machen, weil er auch gesagt hatte, er habe Hunger. Das Angebot, dass es doch schön sei, wenn man zusammen essen könnte, schlug er allerdings aus. Erst als sie ihn auf seine Sportschuhe mit den grünen Streifen ansprach, reagierte der Demenzkranke. Orbes fragte ihn, ober er einmal Sportler gewesen sei und er bejahte. Er habe Fußball gespielt. Auf die letzte Begegnung der Spielvereinigung angesprochen leuchteten die Augen auf und Orbes fragte ihn, ob er nicht Fotos aus früheren Zeiten habe, die er ihr zeigen könne. Und schon durfte sie ihn – auf dem neuen Weg – ins Zimmer zurückbringen. 20 Minuten habe das gedauert, sagt Orbes, die dem Personal keinen Vorwurf macht. „Man muss ein Konzept entwickeln. Die neue Ausbildung der Krankenschwestern und Pfleger ist da eher kontraproduktiv. Es wird wenig Ahnung vom Krankheitsbild vermittelt,“ klagt sie.
Behördenapparat kam in Gang
Und dann war da noch die Geschichte der dementen 100-Jährigen, die seit einem Schlaganfall vor 20 Jahren von der Tochter gepflegt wurde. Das war auch ihr Wunsch gewesen. „Ohne jegliche finanzielle Unterstützung,“ sagt Keßler. „Viele Leute wissen gar nicht, was ihnen an staatlicher Hilfe zusteht, das erfährt man oft bei Hausbesuchen.“ Die alte Frau war nachts gestürzt, konnte sich alleine nicht mehr aufrichten und rief nach Hilfe. Die Tochter schlief fest, und so holten Nachbarn die Polizei. Damit kam der Behördenapparat in Gang. Die Greisin kam ins Bezirkskrankenhaus und Betreuung wurde beantragt.
Langwieriger Einspruch
Auf der Suche nach einem Anwalt stieß die Tochter im Telefonbuch auf die Alzheimer Gesellschaft und sie wandte sich an Karin Orbes, die wiederum Einspruch erhob gegen dieses Vorgehen. Einem mühseligen Prozess, der viele Aktenordner füllte, folgte der Richterspruch, der im Haus der 100-jährigen Frau verkündet wurde: Sowohl Heimunterbringung als auch unter Betreuung stellen wurden für unnötig erachtet. Karin Orbes: „Wir haben dann gemeinsam den 100. Geburtstag bei ihr Zuhause gefeiert und sie hat noch ein Jahr gelebt. So, wie sie es sich gewünscht hatte: in ihrem Haus.“ Stefan Keßler: „Das war der bisher größte Erfolg der Alzheimer Gesellschaft. Das Urteil hat mir meinen Glauben an den Staat wiedergegeben.“
Programm zur bayerischen Demenzwoche:
Montag, 19. September, 10 bis 16.30 Uhr
Demenzparcours im BRK-Ruhesitz Bayreuth. Gezeigt wird, wie es sich anfühlt, wenn alltägliche Dinge nicht mehr gelingen.
Donnerstag, 22. September, 10 bis 17 Uhr
Infotisch und Rikscha-Präsentation im Landratsamt Bayreuth. Aufzeigender Einsatzmöglichkeiten und Tipps zur Unterstützung
Freitag, 23. September, 9 bis 16 Uhr
Angehörigenberatung im BRK-Altstadtpark (um Anmeldung wird gebeten)
19 bis 20.30 Uhr Filmvorführung „The father“ in der BRK-FAchschule für Pflege,
Samstag, 24. September, 10 bis 17 Uhr
Fest zum Welt-Alzheimertag und zum 15-jährigen Bestehen des Vereins im Kaffee Klatsch am Menzelplatz mit Gottesdienst, Gesprächen, Vorführungen und Rikscha-Fahrten.