Debatte über Parteiausschluss SPD kritisiert Kramp-Karrenbauers Vorgehen im Fall Maaßen

Fehler des politischen Mitbewerbers werden in Wahlkampfzeiten ausgenutzt. Die SPD macht da keine Ausnahme. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer gab mit der Causa Maaßen aber auch eine schöne Steilvorlage.

 
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Berlin - Führende SPD-Mitglieder haben CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer vorgehalten, zu lange eine AfD-nahe Haltung des Ex-Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen hingenommen zu haben.

"Kramp-Karrenbauer hat auf Maaßen zu spät und falsch reagiert", sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach dem "Spiegel". "Statt sich klar von seiner AfD-nahen Haltung zu distanzieren, ließ sie lange zu, dass er damit Wahlkampf in Ostdeutschland macht. Und dann einen Parteiausschluss auch nur anzudeuten, was sie gemacht hat, war ein Fehler."

In der Union hielt man sich am Montag mit Kritik an der CDU-Chefin zurück. Sylvia Pantel, Sprecherin des konservativen Berliner Kreises in der Union, sagte allerdings der "Bild"-Zeitung (Montag): "Es ist ein Fehler, politische Debatten immer wieder nur an Personen festzumachen. ... Die Antwort auf die scharfe Kritik durch Hans-Georg Maaßen darf daher nicht die Frage eines Parteiausschlusses, sondern muss vielmehr eine Aussprache über die von ihm aufgeworfenen Fragen sein." Der "Rheinischen Post" (Montag) sagte Pantel mit Blick auf das Thema Parteiausschluss: "Die Diskussion darüber schadet nur der CDU, und das können die Wahlkämpfer im Osten jetzt bestimmt nicht gebrauchen."

Die Werteunion nannte den Ex-Verfassungsschützer ein "Sprachrohr" konservativer Christdemokraten. Maaßen, der Mitglied der Werteunion ist, macht zurzeit Wahlkampf für die CDU in Sachsen, wo am 1. September ebenso wie in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt wird. Es wird ein sehr knapper Wahlausgang im Rennen mit der AfD erwartet.

Kramp-Karrenbauer hatte kurz vor den schwierigen Wahlen - am 27. Oktober wird auch in Thüringen gewählt - mit Äußerungen zu einem möglichen Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen Ärger auch in den eigenen Reihen ausgelöst. Viele ostdeutsche CDU-Politiker reagierten irritiert.

Der Funke-Mediengruppe hatte Kramp-Karrenbauer gesagt: "Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet." Später sah sich die Parteichefin zu der Klarstellung gezwungen, dass sie keinen Parteiausschluss gefordert habe.

Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte im ARD-"Morgenmagazin": "Ich beschäftige mich eigentlich nicht mit Herrn Maaßen. Wir hatten gerade die Bilder aus Hongkong – das ist wirklich Besorgnis erregend, was da passiert – wir haben die Bilder vom Persischen Golf, wir stehen vor Herausforderungen mit der Automobilindustrie, wir müssen Klimapaket auf den Weg bringen." Die Union solle sich nicht mit sich selbst beschäftigen, sondern liefern und die Menschen davon überzeugen, "dass wir ne gute Politik machen".

SPD-Vize Ralf Stegner sagte dem "Spiegel", Maaßen sei aufgrund seiner offenkundigen Sympathie für die Rechte "politisch indiskutabel". "Wie stark seine sogenannte Werteunion zum Problem für die Union und wie schwach die CDU-Vorsitzende geworden ist, zeigt das Herumeiern von Frau Kramp-Karrenbauer". Im Koalitionsausschuss am Sonntagabend war die Stimmung zwischen den drei Bündnispartnern CDU, CSU und SPD gut und konstruktiv, wie es hieß.

CDU-Innenpolitiker Armin Schuster rief Maaßen auf, sich um ein Mandat zu bewerben - einen besseren Test für ihn gebe es nicht. Schuster warnte Kramp-Karrenbauer in der "Welt" (Montag) davor, den früheren Verfassungsschutzpräsidenten in eine Märtyrerposition zu bringen. Maaßen solle "endlich aus der Reserve" kommen und sich um ein Mandat zu bewerben. "Es gibt keinen besseren Test für ihn, ob wahrgenommene Stimmungen auch echte Mehrheiten bedeuten."

Werteunions-Chef Alexander Mitsch nahm Maaßen erwartungsgemäß in Schutz. "Herr Maaßen engagiert sich sehr aktiv und erfolgreich für die CDU im Wahlkampf in Ostdeutschland. Er vertritt Positionen, die jahrzehntelang unumstritten in der Union waren", sagte Mitsch der "Passauer Neuen Presse" (Montag). "Damit ist er gleichzeitig das Sprachrohr von immer mehr Mitgliedern, die wieder ein klares christdemokratisches Profil und eine Politikwende fordern."

In den "Stuttgarter Nachrichten" und in der "Stuttgarter Zeitung" (Dienstag) machte Mitsch deutlich, der Werteunion hätten die Äußerungen der CDU-Chefin keineswegs geschadet. "Wir haben über das Wochenende eine dreistellige Zahl an Neumitgliedern" gewonnen. Die Werteunion hatte sich 2017 als Verein gegründet - vor allem auch als Reaktion auf die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Werteunion sieht sich als Vertretung der konservativen Strömung in der Union, ist aber keine offizielle Parteigliederung.

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