Smudo sieht keinen Gegensatz zwischen der offizielle Corona-Warn-App und der Luca-App. Die App des RKI sei geeignet, flüchtige Begegnungen zu erfassen, quasi ein individuelles Radarsystem. Die Luca-App dagegen könne bei privaten Treffen und im Restaurant oder auch bei Sportveranstaltungen, Konzerten und im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden, um sich gezielt an einem Ort einzuchecken.
Sicherheitsexperte Rüdiger Trost von F-Secure sieht es als Vorteil, dass die Luca-App nicht vom Staat in Auftrag gegeben wurde: „Hätte eine staatliche Behörde die App entwickelt, die Name, Adresse und Handynummer abfragt, wären die Vorbehalte groß gewesen und niemand würde ihr trauen. Die App würde zerredet, und das Vertrauen sinken.“ Smudos Konzept überzeugt den Sicherheitsexperten: „Mehrfache Verschlüsselung und explizite Freigabe der Daten durch den Nutzer zeigen, dass man sich über Sicherheit und Datenschutz schon in der Designphase Gedanken gemacht hat.“
Alternativen zu Papierlisten
Die Luca-App sei deutlich besser als die Kontaktlisten auf Papier, denn der Betreiber könne bei der App nicht auf die Daten zugreifen, nur das Gesundheitsamt. Trost sieht aber auch einen Nachteil: „Dass nicht alle Gesundheitsämter angeschlossen sind, und weite Teile Deutschlands damit zunächst noch außen vor sind, ist zu bemängeln.“ Bislang probieren nur wenige Gesundheitsämter die Kooperation aus, etwa auf Sylt, Amrum und Föhr oder in Schwerin und Rostock. Deshalb nutzt Smudo jede Chance, im TV und auf anderen Wegen für die Anbindung weiterer Gesundheitsämter zu werben.
Die Luca-App stößt aber nicht nur auf Begeisterung. Gegenwind kommt von anderen Start-ups, die über kein so prominentes Aushängeschild wie Smudo verfügen. „Wir sehen die große Gefahr, dass der Wettbewerb durch die Luca-App unterminiert wird“, erklärten unter anderen die Anbieter Darfichrein.de, Railslove, CoronaAssist:Presence, Kontakterfassung.de und Hygieneranger.
Railslove-Geschäftsführer Jan Kus verweist darauf, seine Lösung Recover sei bereits seit Mai 2020 bei Gastronomen, im Einzelhandel, bei Konferenzen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen im aktiven Einsatz. In seiner Heimatstadt habe auch Fortuna Köln seit September mit Recover die Gäste auf den Sitzplätzen datenschutzkonform erfasst.
Bei Recover muss auf dem Smartphone keine App installiert werden. Ähnlich wie bei Luca wird mit der Kamera ein QR-Code erfasst und eine Webseite von Recover aufgerufen. Dort werden die Kontaktdaten eingetragen und der Veranstaltung zugeordnet. Mit einem weiteren Fingertipp kann man sich wieder auschecken.
Öffnungsstrategie aus dem Lockdown
Kus regt an, dass sich die 16 Start-ups - darunter auch die Macher der Luca-App - möglichst schnell an einen Runden Tisch setzen, um die unterschiedlichen Ansätze zu Risikoermittlung zu konsolidieren, damit dann alle an einem Strang ziehen. „Wir haben eine diverse Start-up-Landschaft in Deutschland, die gemeinsam starkes bewegen kann“, schrieb der Unternehmer an seinen Ministerpräsidenten Achim Laschet (CDU), der sich zuvor als Fan der Luca-App geoutet hatte.
Achim Berg, Präsident des Digitalverbandes Bitkom, kritisiert, dass bei einem Einsatz von Apps wie Luca, Recover oder eGuest vielerorts noch große Verunsicherung vorherrsche, weil einige Verbraucher- oder Datenschützer empfehlen, auf Papierlisten zu setzen. „Dabei haben Apps zur Kontaktnachverfolgung den großen Vorteil, dass persönliche Daten wie Telefonnummer oder Adresse nicht von jedermann eingesehen werden können, die Lesbarkeit sichergestellt ist und vor allem, dass die Gesundheitsämter direkt digital informiert werden, wenn es Infektionen an einem bestimmten Ort gab.“ In Kombination mit der Corona-Warn-App könnten solche Kontaktnachverfolgungs-Apps eine große Unterstützung bei einer Öffnungsstrategie aus dem Lockdown sein.