Corona-Effekt fällt weg Die Zahl der Verkehrstoten steigt wieder

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Das Statistische Bundesamt erwartet für dieses Jahr rund 2790 Verkehrstote (Archivbild). Foto: IMAGO/Fotostand/IMAGO/Fotostand / K. Schmitt

Der Pandemie-Effekt ist vorbei, die Zahl der Unfalltoten steigt wieder deutlich an. Es gibt aber trotz einer höheren Zahl von Toten und Verletzten im Straßenverkehr auch positive Nachrichten.

 
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Die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland steigt wieder. Das Statistische Bundesamt erwartet für das Jahr 2022 ausgehend von den Zahlen für den Zeitraum von Januar bis September für das Gesamtjahr mit einem Anstieg um mehr als 220 Toten im Vergleich zum Vorjahr. Das wären dann etwa 2790 Menschen, die im Straßenverkehr gestorben sind, wie die Behörde am Montag mitteilte. Dies wäre ein Anstieg um rund 9 Prozent.

Allerdings waren in den Corona-Jahren 2020 und 2021 mit 2719 beziehungsweise 2562 im Straßenverkehr Getöteten jeweils neue Tiefststände seit Beginn der Statistik im Jahr 1950 erreicht worden. Dies lag nicht zuletzt daran, dass nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts in diesen beiden Jahren auf deutschen Straßen deutlich weniger Kilometer zurückgelegt wurden als vor der Pandemie.

Die Zahl der Verletzten wird nach Schätzungen der Statistiker im Gesamtjahr 2022 ebenfalls um rund 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigen. Das wäre ein Anstieg um etwa 30.000 Menschen auf ungefähr 353.000 verletzte Unfallopfer.

Etwa 2,1 Millionen Unfälle in diesem Jahr

Auch die Zahl der polizeilich erfassten Unfälle dürfte mit mehr als 2,4 Millionen höher sein als im Vorjahr: Das wären etwa 4 Prozent, wie es hieß. Eine Zunahme um rund zwei Prozent dürfte es den Schätzungen zufolge auch bei den Unfällen mit Sachschäden geben. Hier gehen die Statistiker von etwa 2,1 Millionen Unfällen in diesem Jahr aus.

Doch trotz einer höheren Zahl von Toten und Verletzten gibt es eine positive Nachricht. Die Behörde geht davon aus, dass die Zahl der Unfälle mit Toten und Verletzten unter der des Jahres 2019 bleibt, das nicht durch die Corona-Pandemie beeinflusst wurde. Damals registrierte die Polizei knapp 2,7 Millionen Unfälle, darunter 300.000 mit Personenschaden, bei denen 3046 Menschen getötet wurden.

Das Bundesamt sieht darin auch einen Erfolg der Bemühungen um mehr Verkehrssicherheit: So seien 1972 in Deutschland bei weitaus weniger zurückgelegten Kilometern noch fast 20.100 Menschen im Straßenverkehr tödlich verunglückt.

Weniger Verkehr bedeutet weniger Unfälle

Dass die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten und verletzten Menschen mit dem Auslaufen von Corona-Maßnahmen wieder steigen würde, sei absehbar gewesen, sagte Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforscher der Versicherer, der Deutschen Presse-Agentur. „Corona macht aus uns keine besseren Menschen.“ Er sehe angesichts des dennoch deutlichen Rückgangs im Vergleich zu 2019 mehrere Sondereffekte.

Zum einen könne in den Sommermonaten das 9-Euro-Ticket dafür gesorgt haben, dass nicht nur Autofahrer, sondern auch Radfahrer vermehrt in Bus und Bahn umgestiegen seien - und weniger Verkehrsaufkommen bedeute auch weniger Unfälle.

Zum anderen könnten spätestens zur Jahresmitte die angestiegenen Benzinpreise vor allem auf den Autobahnen dazu beigetragen haben, dass viele Autofahrer vermehrt den Fuß vom Gaspedal nahmen. Im Stadtverkehr sei das übrigens nicht deutlich geworden, sagte Brockmann.

Zunahme von Autos mit Assistenzsystem

Der Unfallforscher verwies zudem auf die Zunahme von Autos mit Assistenzsystem, die künftig noch weiter steigen könnte. „Diese Systeme wirken auch auf Abstand und Geschwindigkeit ein.“ Noch sei es zu früh zu sagen, ob auch der Trend zu Elektromotoren die Unfallzahlen senke. Hier gebe es noch nicht genügend Zahlen - bei einem höheren Anteil von Elektromobilität sei es aber in der Zukunft durchaus denkbar. Allerdings bleibe auch die Entwicklung im Radverkehr abzuwarten, denn hier habe der Trend zu Elektrorädern die Zahl schwerer Unfälle eher steigen lassen.

„Die beiden Corona-Jahre haben den Unfallzahlen vielleicht gut getan, leider ist der Straßenverkehr dadurch aber nicht plötzlich viel sicherer geworden“, sagte Kurt Bodewig, Präsident der Deutschen Verkehrswacht, zu den Zahlen. „Besonders der sprunghafte Anstieg des Radverkehrs und der Fahrradunfälle hat gezeigt, dass auf dem Weg zur Vision Zero noch viel zu tun bleibt. Und auch wenn die Langzeitentwicklung eine leicht positive Tendenz zeigt, verlor in diesem Jahr trotzdem alle drei Stunden ein Mensch sein Leben im Straßenverkehr. Das kann niemanden zufriedenstellen.“

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