Herr Thielemann, seit wann kennen Sie das Bayreuther Festspielhaus?
Thielemann: Zum ersten Mal war ich als Stipendiat hier, in den 70er Jahren. Von 1981 an war ich drei Jahre Assistent bei „Tristan“ mit Daniel Barenboim und im Jahr 2000 habe ich zum ersten Mal hier dirigiert.
Wie hat sich das Haus – rein baulich – in dieser Zeit verändert?
Thielemann: Es sind mehr Probebühnen dazugekommen. Und Wolfgang Wagner hat ständig irgendetwas renoviert. Mir hat das sehr gefallen, ich habe das sehr genau beobachtet. Herr Wagner hat auch immer davon erzählt: Jetzt ist das Dach wieder undicht, jetzt muss ich wieder bauen ...
Laut einem Gutachten bedarf das Festspielhaus dringend einer Sanierung. Was würden Sie verändern?
Thielemann: Überhaupt nichts. Natürlich, dieses Haus war nicht für die Ewigkeit gebaut, wie wir alle wissen. Da muss man natürlich ran. Aber das ist doch überall so: Ich habe ein schönes altes Haus, neu saniert und frisch gestrichen – und auf einmal ist ein riesiger Riss in der Wand. Was wollen Sie machen.
Wie haben sich die Arbeitsbedingungen verändert, für Dirigenten und allgemein?
Thielemann: Die sind gleich geblieben – wahrscheinlich haben sie sich sogar verbessert. Bevor es das Festspielrestaurant gab, hat das Orchester ja angeblich in einer Bretterbude geprobt. Und wenn Sie sich die Aufnahmen von damals anhören: Gut gespielt haben die immer. Streng genommen hat es sowieso keinen Sinn, außerhalb des Grabens zu proben – die ersten Sitzproben könnten Sie genauso gut auf der Wiese machen. Die Stunde der Wahrheit schlägt erst im Graben. Und wenn Sie sich das Kantinengebäude ansehen, die Räume für die Techniker und die Probebühnen: Das ist Superluxus. Wir sind, was diese Dinge angeht, wahrscheinlich das am besten ausgerüstete Theater der Welt.
Seit einigen Jahren, und speziell im vergangenen, häufen sich ja die Klagen darüber, wie mangelhaft die Bedingungen hier seien.
Thielemann: Wer hat das denn gesagt?
Zum Beispiel Thomas Hengelbrock, dessen „Tannhäuser“-Dirigat Sie übernommen haben.
Thielemann: Ich weiß selber, wie es mir in meinem ersten Jahr hier ging. Für mich war alles neu, alles ungewohnt. Hätten Sie mich damals journalistisch befragt, und wäre ich dann noch frech und flapsig gewesen, dann hätte ich damals vielleicht auch etwas gesagt. Mir wurde bei der Arbeit hier klar: Das ist hier eben so, in Bayreuth. Es hat hier aber immer Dirigenten gegeben, die sich nicht wohlgefühlt haben – größtenteils tolle Kollegen, es sagt nichts über ihr Vermögen zu dirigieren aus, nichts über ihre Begabung. Es gibt Leute, die – aus Gründen, die ich nicht erklären kann – hierher gehören, und andere, die sich nicht wohlfühlen. Die Bedingungen sind toll. Für jemanden, der sein Handwerk versteht, reicht auch die Probenzeit. Meine Proben sind meist früher zu Ende. Aber wenn ich weiß, es hat im Restaurant keinen Sinn mehr, dann gehen wir nach Hause, und wenn noch eine Dreiviertelstunde Zeit wäre. Im Graben wird die Zeit voll ausgenutzt, da brauche ich meine Assistenten, die hinten drinsitzen, da brauche ich den Chordirektor, der sagt, es ist nicht zusammen. Das sind handwerkliche Sachen gefragt.