Chamberlain-Bibliothek Bücher trocknen bei minus 20 Grad

Nach der Rettung durch die Feuerwehr wurden die vom Wasser durchnässten Bücher am Boden ausgebreitet, bevor sie zur Trocknung und Restaurierung nach Leipzig gebracht wurden. Foto: /NEWS5 /Fricke

Sie wurde vom Dachboden des Jean-Paul-Museums, dem ehemaligen Wohnhaus von Houston Stewart Chamberlain, gerettet, weil durch das Dach Regenwasser eindrang. Nun wurde die Bibliothek mit ihren rund 12.000 Bänden im Bayreuther Richard-Wagner-Museum, wo sie in einem Lagerraum zwischengelagert wurde, Opfer eines Wasserschadens, teilweise zumindest.

 
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Es gehe ihnen den Umständen entsprechend, sagt Museumsdirektor Sven Friedrich. Gemeint sind die rund 4000 Bücher, die am Freitag in einem Lagerraum im Untergeschoss des Richard-Wagner-Museums Opfer eines Wasserschadens wurden. Dank des schnellen Handels der Feuerwehr, die in „brillanter Weise“ das Schlimmste verhindert hätten, so Friedrich, sei nur rund ein Drittel der dort gelagerten 12.000 Bände, die die Bibliothek von Houston Stewart Chamberlain umfasst, nass geworden.

Ironie des Schicksals

Wohl durch ein undichtes Rücklaufventil war in einem Nebenraum Wasser ausgetreten, das auch in den Lagerraum eindrang. Der Raum, der gefliest und gekachelt und daher nicht mit einem Kellerraum vergleichbar sei, sei normalerweise trocken und für die Lagerung der Bibliothek geeignet.

Dass es jetzt ausgerechnet dort zu einem Wasserschaden gekommen sei, könne man wohl als Ironie des Schicksals werten, sagt Friedrich. War doch die in Kartons verpackte Bibliothek im Dachgeschoss jenes Gebäudes gelagert, das Richard Wagners Tochter Eva und ihrem Mann Houston Stewart Chamberlain als Wohnhaus diente und heute das Jean-Paul-Museum und das Kulturamt der Stadt Bayreuth beherbergt.

2017 musste die Bibliothek umziehen, das das Dach des Gebäudes nicht mehr dicht hielt, Regenwasser durchdrang und den Bestand der 12.000 Bände gefährdete. Dass ausgerechnet jetzt in diesem trockenen Lagerraum ein Wasserschaden auftrete, sei wohl Ironie des Schicksals.

Auf Stoffbahnen ausgelegt

Die Bücherkartons seien von rund 50 Einsatzkräften der Feuerwehr, die das Wasser abpumpten, zusammen mit Mitarbeitern des Museums aus dem Raum getragen worden. Die oberen zwei Drittel der Kartons blieben verschont, sagt Friedrich. Die beschädigten Bücher seien im Erdgeschoss auf Stoffbahnen ausgelegt worden, bis sie am Samstag von Mitarbeitern der in Leipzig ansässigen Firma Buchrestaurierung Leipzig abgeholt wurden.

Wertvolle Bücher

Dort werden die Bände mehrere Monate verbringen, bis sie wieder in die Bibliothek zurückkehren können. Sie seien noch am Wochenende in Folien verpackt und bei minus 20 Grad eingefroren worden, sagt Restauratorin Jana Moczarski. Dort werden sie zwei bis drei Wochen verbringen, bis sie vollkommen durchgefroren sind, um beispielsweise Schimmelsporen abzutöten. Danach schließe sich eine Gefriertrocknung an.

Bis alle Bücher entsprechend behandelt seien, würden bis zu vier Monate vergehen. Danach seien die Bücher wieder verwendbar. Von jenen abgesehen, die restauriert werden müssen. Schließlich seien einige sehr schöne, sehr wertvolle Bücher, manche mit Ledereinbänden, darunter. Darüber werde man aber erst nach Abschluss des Prozesses beraten.

Einige Bücher seien durch das Wasser jedoch stärker beschädigt worden, mal hätten sich die Buchdeckel, mal Buchrücken gelöst.

Gelehrtenbibliothek

Museumsdirektor Friedrich ist optimistisch, dass alle beschädigten Bücher zu restaurieren sind. Es sei kein irreversibler Schaden entstanden, kein Buch müsse weggeworfen werden. Und da es sich um eine wichtige und wertvolle, um eine typische Gelehrtenbibliothek des 19. Jahrhunderts handle, die einen Einblick gewähre in das Denken und den geistigen Fundus von Chamberlain, müsse die Bibliothek auch wieder dorthin zurückkehren, wo sie einst gestanden hat. Friedrich: „Es wäre am schönsten, wenn sie wieder ihren angestammten Platz einnehmen könnte.“

Dieser sein Wunsch solle aber keine Schuldzuweisung darstellen. Er habe vollstes Verständnis, dass Schulsanierungen Vorrang haben. Aber daran erinnern darf man ja mal.

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