Bürgerversammlung Ein Baugebiet für Reizendorf

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In Reizendorf soll im südlichen Bereich ein Baugebiet ausgewiesen werden, weil im Ort kein Lückenschluss erfolgt. Foto: Frauke Engelbrecht Quelle: Unbekannt

REIZENDORF. Die Stimmung im Reizendorfer Wirtshaus brodelte ein paarmal auf bei der Bürgerversammlung am Donnerstagabend. Bürgermeister Florian Questel kam gar nicht dazu, seinen Vortrag über Pro und Contra eines Baugebietes vorzutragen. Immer wieder schlugen die Emotionen unter den gut 80 Bürgern hoch. Die Stimmungsabfrage am Schluss war dann deutlich.

 
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Fakten: Es gebe immer wieder Nachfragen an die Gemeinde nach Bauplätzen, die meisten kämen von Ahorntaler, so Questel. Das Problem sei, es gebe Baulücken in Reizendorf selber, aber keine Bereitschaft der Grundbesitzer, etwas zu verkaufen. Die Gemeinde selber habe sieben eigene Bauplätze zum Verkauf. „Das heißt, der Bedarf ist da und die Gemeinde ist gezwungen, nach außen zu gehen und ein neues Baugebiet auszuweisen“, so der Bürgermeister. Das potenzielle Gebiet im Süden von Reizendorf sei als Baugebiet geeignet, habe das Landratsamt schon signalisiert. Möglich seien sechs bis zehn Parzellen. Für ein Baugebiet spreche, dass junge Familien bleiben oder zuziehen, der Ort attraktiv bleibe und sich weiter entwickle sowie die Grundstückspreise stabil bleiben. Gegen ein Baugebiet spreche, dass Flächen versiegelt und der Ortskern geschwächt werde sowie die Baulücken weiter bestehen. „Wir wollen Bürgern das Bauen ermöglichen“, betonte Questel.

Kosten: „Welche Kosten kommen bei der Erschließung auf die Anlieger zu?“, wollte Peter Distler wissen. Da der vorhandene Kanal sowieso saniert werden müsse, würden die hier anfallenden Kosten auf alle Bürger umgelegt werden, so Wasserwart Erwin Neuner. Zweiter Bürgermeister Johannes Knauer ergänzte, dass die Kosten für die Straße – es wird eine Ringstraße angelegt – auf die Anlieger umgelegt   werden. Um hier die Bürger zu schonen, wäre es möglich, vor den bestehenden Grundstücken einen Streifen Gemeindegrund anzulegen. „Damit müssten sich die Anlieger nicht beteiligen“, so Knauer.

Contra: „Es kann nicht sein, dass zwei, drei Leute ein Baugebiet wollen und alles im Geheimen abläuft“, kritisierte Arnold Roppelt. Dem widersprach Gemeinderat Alexander Brendel, der auch zwei Plätze in dem Baugebiet hätte. „Ich habe vor einem Dreivierteljahr einen Antrag an den Gemeinderat gestellt, seit dem war genügend Zeit, eine Alternative zu finden“, sagte er. Mit den anderen Anliegern habe er nicht gesprochen. „Es ist doch egal, was ich gemacht hätte, wäre immer der falsche Weg gewesen.“ Auch Questel verwahrte sich gegen den Vorwurf. „Wir hatten die Anfrage, haben mit dem Landratsamt gesprochen, mit den Leuten, die Baulücken haben und halten jetzt eben die Bürgerversammlung, um zu informieren“, sagte er.

Pro: „Irgendwann sind die jungen Leute alle weg, wenn wir ihnen keine Bauplätze bieten können“, argumentierte Hermann Rühr. Dann blute der Ort aus, denn man sollte nicht vergessen, dass das Durchschnittsalter in Reizendorf bei über 50 Jahren liege. Der Gemeinderat verfolge keine privaten Anliegen, unterstrich Gemeinderat Thomas Nägel. Er bezog sich damit auf ein Plakat, dass sich gegen das Baugebiet wendet und den Gremiumsmitgliedern Bereicherung vorwirft. „Wir arbeiten für die ganze Gemeinde und so eine Behauptung ist eine Unterstellung“, stellte er klar. Zur Sache selber stellte er fest, dass sich jeder Ort weiter entwickeln müsse und ein neues Baugebiet Leute anziehen würde. „Wenn eine Mehrheit dieses Gebiet will, ist das der richtige Weg“, sagte Nägel.

Miteinander: „Wir haben hier im Ort schon immer ein gutes Miteinander gehabt“, sagte Maria Rühr ziemlich aufgebracht. Jetzt würden die jungen Familien das Engagement, beispielsweise in den Vereinen, fortführen. „Soll ich nun zu meiner Tochter sagen, sie soll in einen anderen Ort ziehen, weil es in Reizendorf nicht möglich ist, zu bauen?“ Die jungen Leute seien hier aufgewachsen und würden da bleiben wollen. Da müsse man ihnen eben auch die Möglichkeit geben, selber zu bauen. „Und eine Flächenversiegelung wird das Gebiet schon aushalten“, betonte sie. Hier erhielt sie auch Unterstützung vom Bürgermeister. „Flächenversiegelung ist vor allem bei extrem großen Flächen in der Industrie gefährlich“, sagte er. Bei einem relativ kleinen Gebiet wie eben in Reizendorf sei die Gefahr nicht so. „Wir müssen Bauflächen schaffen“, stellte er klar.

Appell: „Geht noch mal in euch“, brach auch dritter Bürgermeister Matthias Brendel für mögliche Bauplätze eine Lanze. Er appellierte an die Besitzer der Baulücken im Ort, doch zu verkaufen. Man komme gerne in den Ort, lebe gerne dort. „Und man kann nichts mitnehmen“, so Brendel. Grundsätzlich wünsche er sich das Baugebiet, um den Bürgern etwas anbieten zu können. „Wir müssen gemeinsam eine diplomatische Lösung finden“, sagte er.

Tendenz: Bürgermeister Florian Questel wollte bei der Bürgerversammlung ein Stimmungsbild abfragen. „Nach diesem unverbindlichen Ergebnis werden wir uns im Gemeinderat richten und das Anliegen entsprechend weiter verfolgen. Schließlich befürworteten 46 Anwesende das Baugebiet, 14 waren dagegen, gut 20 enthielten sich.

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