Bürgerinitiative wachsam Stromtrasse: Protest trotz Erdverkabelung

Udo Fürst

Speichersdorf - Tennet hatte eingeladen – und fast niemand kam. Wobei, das stimmt nicht ganz: Knapp 20 Mitglieder der Bürgerinitiative „Speichersdorf sagt Nein zur Monstertrasse“ statteten dem Bürgermobil des Übertragungsnetzbetreibers vor dem Rewe-Einkaufsmarkt einen Besuch ab. Mit einem Protestschild, das seit der Zusage der Erdverkabelung nicht mehr ganz aktuell war.

Die Mitglieder der Bürgerinitiative „Speichersdorf sagt Nein zur Monstertrasse“ waren beim Tennet-Bürgerbus stark vertreten. Auch wenn ihr Transparent nach dem Beschluss, den Südost-Link erdzuverkabeln, nicht mehr ganz aktuell ist. „Wir werden auch gegen diese Art der Stromtrasse kämpfen“, sagte BI-Sprecherin Annke Gräbner. ⋌Foto: Udo Fürst Quelle: Unbekannt

Viel mehr Bürger kamen aber nicht zu der Infoaktion, mit der Tennet über die Trassenführung des „Südost-Links“ aufklären will. An der recht geringen Resonanz konnte auch nichts ändern, dass Carolin Kürth und Isabell Berlik von Tennet die Öffnungszeit des Mobils extra um zwei Stunden verlängerten (womit sie – von 10 bis 16 Uhr – für Arbeitgeber dennoch ungünstig war). „Es liegt wohl daran, dass sich an der westlichen Trasse im Vergleich zum Vorjahr nichts geändert hat“, vermutet Kürth. Dieser westliche Korridor ist eine von zwei Varianten des Abschnitts C der Gleichstromtrasse und führt von Hof über Marktschorgast, Weidenberg und Speichersdorf in Richtung Süden. Der östliche von Trogen über Kirchenlamitz, Marktredwitz nach Mitterteich. Dort teilt sich die geplante Trasse wieder in zwei Varianten. Eine führt über Wiesau, Windischeschenbach, Parkstein und Nabburg zum Zielpunkt Schwandorf, die andere östlich an Tirschenreuth vorbei und über Weiden zum Raum Schwandorf. Beide Korridore seien völlig gleichberechtigt und es gebe bislang keinen Favoriten, erklärte Berlik.

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Bürgerinitiative bleibt skeptisch

Skeptischer sieht das die Bürgerinitiative. „Wir befürchten nach wie vor, dass uns die Trasse betrifft“, sagte BI-Sprecherin Annke Gräbner. Es beruhigt die Mitglieder auch nicht, dass die einst als Monstertrasse bezeichnete Überlandleitung jetzt als Erdkabel im Boden vergraben werden soll. „Dieser Korridor verändert alles. Er führt durch ein Naherholungsgebiet und hat weitreichende Auswirkungen auf den Wald“, sagte Georg Porsch, ein betroffener Waldbesitzer, der sich am Vormittag im Infobus erkundigte. Der Landwirt befürchtet, dass nach dem Bau der Stromleitung keine Waldbewirtschaftung mehr möglich sei. „Der Wald darf nicht zerstört werden, er ist viel zu wertvoll“, so Porsch.

Ein erbitterter Gegner des Südost-Links ist Heinz Schindler aus Kemnath. „Wir brauchen diese Trasse nicht. Die ist viel zu teuer“, sagt der Besitzer von etwa fünf Hektar Wald im vorgesehenen Korridor. Er plädiert für eine dezentrale Stromversorgung und den Ausbau der regenerativen Energien wie Photovoltaik oder Gasturbinen. „Die Politik ist bei der Trasse mehrfach umgefallen und hat sich schließlich aus der Verantwortung gestohlen. Vor allem der ehemalige Ministerpräsident Seehofer hat hier einmal mehr sein Wort gebrochen.“ BI-Mitstreiter und Speichersdorfs stellvertretender Bürgermeister Rudi Heier bezweifelt die veranschlagten Kosten von fünf bis sechs Milliarden Euro für die Trasse. „Die Stromtrasse wird in Konkurrenz mit dem Breitbandausbau stehen, weil die Firmen schon jetzt ausgelastet sind und entsprechend teurer werden.“

Kompetente Antworten

Carolin Kürth und Isabell Berlik antworteten den teils emotionalen Fragestellern kompetent und ruhig. „Sie machen ja auch nur ihren Job“, erkannten Annke Gräbner und Heinz Schindler: Bei der Frage der Stromversorgung sei speziell die Politik gescheitert, meinten die Trassenkritiker. Sie wollen weiterhin gegen die Pläne kämpfen.

Info: Seit Beginn des formellen Genehmigungsverfahrens im März 2017 ist die Planung zu Südost-Link weiter vorangeschritten. Im Herbst 2018 hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Festlegungen veröffentlicht. Der Untersuchungsrahmen definiert, welche Studien und Analysen Tennet für den nächsten Schritt im Genehmigungsverfahren durchführen muss. Der Untersuchungsrahmen legt auch fest, welche zusätzlichen Korridoralternativen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung in das Korridornetz von Südost-Link aufgenommen werden müssen. Diese Veränderungen am Korridornetz sowie die nächsten Verfahrensschritte und Beteiligungsmöglichkeiten stellt Tennet den Bürgern aus der Region vor.