Testpflicht für Pendler Massenandrang am Testzentrum in Schirnding

Förmlich überrannt wurde am Wochenende das Testzentrum am Grenzübergang Schirnding. Foto:  

An der Grenze in Schirnding bilden sich hunderte Meter lange Menschenschlangen. Die Frauen und Männer warten zum Teil mehrere Stunden.

 
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Schirnding - Hunderte Frauen und Männer stehen dicht an dicht in einer mehrere hundert Meter langen Schlange am Schirndinger Grenzübergang. In Zeiten der Kontaktbeschränkungen und der sozialen Distanz ein bizarres Bild. Seit am Freitag bekannt geworden ist, dass Tschechien als Corona-Hochrisiko-Gebiet eingestuft wird, überrennen die Bürger aus dem Nachbarland das Testzentrum. Die Grenzgänger aus Tschechien benötigen ab sofort einen Coronatest, der nicht älter als 48 Stunden ist, wenn sie nach Deutschland wollen. „Daher wappnen sich die Menschen, weil sie ja am Montag wieder in der Arbeit sein müssen“, sagt Tobias Köhler, Leiter des Büros des Landrats im Landratsamt, im Gespräch mit der Frankenpost.

Zwei Stunden in der Schlange

Sonntag, 9 Uhr, am Testzentrum Schirnding. Kristine Modlawa friert, ist aber dennoch gut gelaunt. Schritt für Schritt kommt sie dem Gebäude des Testzentrums näher. Nur noch etwa 50 Meter sind es bis zum Ziel. „Na, gut zwei Stunden stehe ich jetzt schon hier“, sagt sie unserer Zeitung. Sie sei bereits früh am Morgen aus Eger nach Schirnding gefahren, um sich testen zu lassen. Am Montagvormittag müsse sie schließlich an ihrem Arbeitsplatz bei Ceram-Tec in Marktredwitz sein. Andere, die weit hinter ihr in der Schlange stehen, warteten noch länger im Schneetreiben bei Temperaturen um die null Grad.

Am Freitag sind in Schirnding bereits 956, am Samstag 935 und am Sonntag rund 1200 Menschen getestet worden. „Wir haben die Kapazitäten hier kurzfristig erhöht“, sagt Tobias Köhler, der am Wochenende viele Stunden am Grenzübergang war und alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um die Lage zu entspannen. Unter anderem haben Messebauer im Testzentrum weitere Zwischenwände eingezogen, um zwei zusätzliche Test-Einheiten zu schaffen. Auch ein Arzt und mehrere Helfer unterstützten das Team des Dienstleisters 21Dx. „Dadurch ist es möglich, die Kapazität um rund 400 auf 1600 Tests täglich zu erhöhen. Ab Montag stehen noch zwei mobile Einheiten für Tests in Containern auf dem Großparkplatz gegenüber dem Testzentrum zur Verfügung.“

Schon kurz nach 4 Uhr am Testzentrum

Wie Jürgen Kammer vom „Fachbereich Einsatz“ der Bundespolizei sagt, sind am Samstag bereits kurz nach 4 Uhr die ersten tschechischen Bürger am Testzentrum gestanden. Dieses öffnet am Samstag und Sonntag um 7 Uhr, während der Woche ab 6 Uhr. Offiziell ist nachmittags um 16 beziehungsweise 17 Uhr Feierabend. Aber die Mitarbeiter nehmen es nicht so genau und testen auch mal noch ein, zwei Stunden weiter, wenn sich viele Menschen draußen drängeln.

Genau dieses Gedränge wirkt befremdlich. Zwar tragen sicher 80 Prozent der Wartenden einen Mund-Nasen-Schutz, aber eben auch etliche keinen. Daher haben – wie den sozialen Medien zu entnehmen ist – viele Landkreis-Bürger Angst, dass das Corona-Virus aus Tschechien nach Oberfranken hineingetragen wird. Immerhin lag am Sonntag die Sieben-Tage-Inzidenz in Eger bei knapp 900 und damit fast dreimal so hoch wie im Landkreis Wunsiedel. Die Verantwortlichen auf deutscher Seite nehmen die Ängste zwar ernst, halten sie aber für weitgehend unbegründet. „Wir kontrollieren permanent im grenznahen Raum, ob auch wirklich jeder einen negativen Corona-Test vorlegen kann“, sagt Dieter Hofmann, stellvertretender Leiter der Bundespolizei in Selb.

Die meisten wollen PCR-Tests

Die meisten Grenzpendler bevorzugen den sichereren PCR-Test. Parallel wird im Testzentrum seit dem Wochenende auch ein Schnelltest angeboten. Wer diesen nutzt, sollte allerdings laut Tobias Köhler unbedingt im oder am Testzentrum das nach 15 bis 20 Minuten feststehende Ergebnis abwarten, das er aufs Handy bekommt. „Denn wer gleich weiter nach Deutschland reinfährt und von der Bundespolizei kontrolliert wird, kann dann womöglich noch kein Testergebnis vorweisen und muss natürlich umkehren.“ Auch sei es sinnvoll, nach einem positiven Ergebnis des Schnelltests sich noch einem PCR-Test zu unterziehen.

Zurück zur Schlange der Testwilligen. Laut Hofmann und Kammerer von der Bundespolizei sind allein am Sonntagvormittag viele Hundert Menschen angestanden. „Die Stimmung unter den Leuten war eigentlich ganz gut, alles andere als explosiv. Jeder will ja getestet werden, immerhin hängt da sein Arbeitsplatz dran“, sagt Kammerer.

In einer derart großen Menschenmenge bleibt es nicht aus, dass manchem die Blase drückt. Kurzerhand nutzten daher etliche die Dixi-Toiletten der Bundespolizei am Grenzübergang. Auch hier haben am Sonntag Tobias Köhler und Kollegen Abhilfe geschaffen und zusätzliche mobile Toiletten organisiert, die am Testzentrum aufgestellt werden.

Feuerwehr aus Pomezi bringt warme Getränke

Am Samstagnachmittag und Sonntagmittag brachte die Feuerwehr aus dem zwei Kilometer entfernten Pomezi den Wartenden warme Getränke als nette Geste. Tobias Köhler und Landrat Peter Berek, der sich ebenfalls am Sonntagmorgen ein Bild von der Situation gemacht hatte, baten die Feuerwehrmänner und -frauen, mit dem Megafon auf Tschechisch auf die Corona-Regeln hinzuweisen. „Tatsächlich hielten die Leute umgehend den Abstand ein“, sagte Köhler. Auch die Polizei hatte ein Auge darauf und wies immer wieder die Wartenden an, Grüppchen aufzulösen und eine Maske zu tragen.

Die zuständigen Mitarbeiter des Landratsamtes und der Polizei waren zwar auf einen Andrang vorbereitet, aber mit einer derartigen Menschenmenge hatten sie nicht gerechnet. Wie sich herausstellte, hatte sich wohl bei den Grenzgängern aus Tschechien in Windeseile herumgesprochen, dass am Wochenende zunächst in kaum einem anderen Landkreis die Testzentren besetzt waren oder wenn, diese dann nur in geringem Umfang testen konnten. Einzig Schirnding arbeitete mit voller Kapazität, sodass viele Bürger aus dem Nachbarland auch von weiter entfernten Regionen sich hier testen lassen wollten.

Landrat Peter Berek konnte der Situation in Schirnding durchaus etwas Gutes abgewinnen: „Die Lage wird sich entspannen. Wir müssen nun einfach ein paar Tage durchhalten. Eines ist klar: Das einzige was jetzt zählt, ist, die Zahl der Corona-Infektionen nach unten zu bringen. Die vielen tschechischen Bürger hier wollen ja ebenfalls nichts anderes.“

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