Buchtipp Architektur Nachhaltig wohnen mit Stil

Luisa Rombach

Nachhaltiges Wohnen muss nicht auf Kosten des Stils gehen. Wie das funktioniert, zeigen Margot Guralnick und Fan Winston in ihrem neuen Buch.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Ein Bauernhaus aus Hanf in der englischen Provinz, eine Altbauwohnung in Brooklyn, ein Einzimmerhaus im australischen Perth – die Autoren des Buchs „Natürlich!“ beweisen, wie vielseitig und individuell ökologisch korrektes Wohnen aussehen kann. Das ist erfrischend, weil in der Nachhaltigkeitsblase oft dieselben Ökoklischees von minimalistischen Einrichtungen in neutralen Farben bedient werden.

Nach der Werbung weiterlesen

Auch so kann nachhaltiges Wohnen aussehen. Aber es ist nicht der einzige Weg, um es sich umweltschonend in den eigenen vier Wänden gemütlich zu machen und ein Zuhause zu bauen, das den eigenen Wünschen entspricht. Der Bildband „Natürlich!“ überzeugt auch deshalb, weil er mit dem Mythos, Nachhaltigkeit könnte einschränken und Optionen rauben, aufräumt.

Nachhaltiges Wohnen muss nicht einschränken

Auf gut 300 Seiten stellen Margot Guralnick und Fan Winston Wohnprojekte mit Fokus auf Nachhaltigkeit vor, geben alltagstaugliche Tipps für das eigene Zuhause und stellen ihre persönlichen Lieblingsmarken für umweltfreundliche Inneneinrichtung vor. Dem Fotografen Matthew Williams gelingt es, die Räume und Gegenstände ästhetisch sehr ansprechend darzustellen und den Charakter der Häuser und Wohnungen einzufangen. Ein Beispiel hierfür ist das im Buch vorgestellte Anwesen in den Catskills im US-amerikanischen Bundesstaat New York. Dort leben ein Tischler und eine Textilkünstlerin in einem Haus, in dem fast alles handgemacht ist. Das verwendete Holz stammt von Bäumen vom eigenen Grundstück, der Handlauf aus Douglasienholz ist selbst gemacht, sogar die Suppenkellen sind von den Besitzern handgeschnitzt.

Viel Licht und offene Räume. Foto: Matthew Williams/Matthew Williams

Da Nachhaltigkeit kein geschützter Begriff ist, wird er seit einigen Jahren inflationär verwendet. Dadurch droht seine Bedeutung immer mehr zu verschwimmen. Doch die Autoren scheinen in ihrem Buch hohe Standards zu setzen. Und das, ohne exklusiv zu sein. Wer ihren Remodelista-Blog kennt, weiß, dass Guralnick und Winston großen Wert auf hohe Qualität legen. Auf der Design-Website geben die beiden gemeinsam mit ihrem Team seit vielen Jahren Inspiration und Tipps zum Thema Inneneinrichtung. Sie empfehlen in ihrem Buch beispielsweise auch selbst gemachte Reinigungsmittel, die in der Herstellung deutlich günstiger sind als gekaufte Alternativen. Zudem sind die vorgestellten Projekte auf Langlebigkeit ausgelegt und deshalb auf lange Sicht preiswerter als Billigware, die häufig ersetzt werden muss. Das Bestreben, ganzheitlich zu planen und den Nachhaltigkeitsgedanken zu Ende zu denken, wird bei der Lektüre sehr deutlich.

Nachhaltigkeit muss nicht teuer sein

Die Vielfalt der dargestellten Wohnideen kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Fotos nicht minimalistisch sterile Räume zeigen, sondern Wohnungen und Häuser, die Mut zur Farbe oder unterschiedlichen Textilien beweisen. Auch gebraucht gekaufte Möbel sind abgebildet, was den Eindruck verstärkt, dass diese Orte mit viel Geduld und Leidenschaft entstanden sind.

Der Blick in bereits bestehende, möglichst nachhaltige Häuser und Wohnungen, und die Geschichten ihrer Bewohner verdeutlichen daher, dass Inneneinrichtung ein Prozess ist. Besonders, wenn sie umweltschonend sein soll. Die unbestreitbare Ästhetik der abgebildeten Räume beweist, dass das nicht auf Kosten des Stils geschehen muss. Und dass jedes Zuhause mit etwas Geduld und Motivation ein bisschen nachhaltiger werden kann – selbst wenn es kein Bauernhaus aus Hanf ist.

Infos zum Buch

Margot Guralnick und Fan Winston
Natürlich! Nachhaltig leben – Stilvoll wohnen – Ressourcen schonen. Prestel Verlag, 320 Seiten, 200 Farbabbildungen, 32 Euro.