Brutsituation günstig Borkenkäfer auf dem Vormarsch

Von Rosi Thiem
Waldbesitzer Johann und Erika Steger, Amtschef des AELF Bayreuth Georg Dumpert und zuständiger Revierleiter des Forstreviers Betzenstein Robert Lindl bei der Ortsbegehung im Ottenhofer Forst. Fotos: Rosi Thiem Quelle: Unbekannt

BETZENSTEIN. Die Uhr tickt. Die Kupferstecher und Buchdrucker sitzen in den Startlöchern der heimischen Fichten. Sobald die 15-Grad-Marke erreicht ist, werden sie wieder aktiv und schwärmen aus. Für den Forstdirektor und Amtsleiter des AELF Bayreuth, Georg Dumpert, und den Forstamtmann Robert Lindl ist es äußerst wichtig, allen Waldbesitzern noch einmal ans Herz zu legen, ihre Bestände erneut zu kontrollieren und bei Schadbäumen sofort einzugreifen.

 
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„Es ist allerhöchste Zeit, auch die Sturmschäden der vergangenen Wochen aufzuarbeiten“, drängt Georg Dumpert. Viele Waldbesitzer, die schon die winterliche Durchforstung hinter sich haben, sollen noch einmal akribisch nach Bruch- und Schadfichten schauen. „Es ist nicht nur die Region hier um Plech, sondern der ganze Landkreis Bayreuth betroffen, bis hoch zum Fichtelgebirge“, warnt Dumpert. Punktuell gibt es im gesamten Landkreis Befallsherde, ohne Ausnahme. Es haben, nach den warmen Sommern ab 2015, auch die Kiefern gelitten und zeigen Trockenschäden auf.

Durch die Dürre der vergangenen Jahre trifft der Borkenkäferbefall vor allem die Fichten. In 2018 gab es, laut Amtschef Dumpert, vier Generationen an Buchdruckern. Die Brutgenerationen eines einzelnen Weibchens kann mehr als 100 000 Käfer in einem Jahr betragen. Das erschreckt.

Frost lässt Borkenkäfer kalt

Dazu erklärt Lindl: „Unter günstigen Bedingungen kann die Nachkommenschaft, die sich in einer befallenen und übersehenen Borkenkäferfichte entwickelt hat, den Befall von mehr als 20 Fichten zur Folge haben und das mehrfach im Jahr.“ Als Larve, Puppe oder Käfer überwintern die Buchdrucker unter der Rinde – Frost und Kälte haben keinen Einfluss. Zudem kann er als Käfer seine Winterruhe im geschützten Waldboden verbringen. Borkenkäfer vermehren sich nur an lebenden Fichten mit noch frischer Rinde. An dürrem Totholz, so Lindl, haben die Käfer kein Interesse.

Aus dem Dürrejahr 2018 werden, laut Forstdirektor Georg Dumpert, gerade zwei Arten dieses Jahr gefährlich. Die eine Borkenkäferart sind die Kupferstecher, die sich in junge, zarte Fichtenrinden bohren oder in die Kronen älterer Fichten einnisten. Die andere Gattung sind die Buchdrucker.

Sie befallen meist jahrzehntealte Fichten und legen ihre Fraßgänge in die dicken Borken. „Die Larven unter der Rinde ernähren sich von den saftführenden Schichten des lebenden Baumes. Ist das Bastgewebe, also die Lebensader der Fichte zerstört, führt dies unweigerlich zum Tod des Baumes“, erklärt der Förster. „Im Moment ist kein frisches Bohrmehl zu sehen, aber wenn die Käfer wieder loslegen, ist es oft am unteren Stamm zu finden“, sagt Dumpert. Die Gefahr: Bei einer Massenvermehrung hat der Borkenkäfer keine natürlichen Feinde.

Borkenkäfer kennt keine Grenzen

„Wir gehen alle 14 Tage durch unseren Wald“, sagt Waldbesitzerin Erika Steger aus Ottenhof. Sie und ihr Mann bewirtschaften fünf Hektar Wald und hatten im Herbst 2018 selbst einen Befall. Hier hatten die Borkenkäfer Fichtenbäume im Grenzbereich der Stegers befallen – auch der Nachbarwald war betroffen. „Die Borkenkäfer kennen keine Grenzen“, bekräftigt Johann Steger.

„Am besten ist es auch, die Bäume am Rand des Befalls zu fällen.“ So berichtet Steger, dass er im Herbst sofort und gewissenhaft Fichten entfernte, die offensichtlich befallen waren. Als er wenige Tage später wieder zurückkehrte, saß der Schock tief. Weitere Bäume waren befallen. Die Borkenkäfer befielen fast ein Viertelhektar – über zwei Grundstücke hinweg. Das Paar musste eigenständig und in mühevoller Arbeit die Fichten aus dem Wald schaffen. Im Nachgang ließen sie sich durch den Revierförster Lindl beraten und wurden Mitglied bei der Forstbetriebsgemeinschaft Pegnitz, die ihnen direkt half und das befallene Holz einsammelte. Zudem organisierte die Gemeinschaft die Vermarktung.

„Für Waldbesitzer, die eine Unterstützung benötigen, gibt es den Förster vor Ort. Dieser berät unabhängig, neutral und kompetent“, erklärt Lindl. Im Landkreis Bayreuth gibt es acht Forstreviere. Darüber hinaus sind die ansässigen, örtlichen Selbsthilfeeinrichtungen, wie die Forstbetriebsgemeinschaften und Waldbesitzervereinigungen ansprechbar.

Hilfe für Waldbesitzer

„Mehr als die Hälfte des Waldes in Bayern gehört Privatpersonen, wie Familie Steger“, führt Lindl aus. „Der Beratungsbedarf steigt, weil der Anteil der bäuerlichen Waldbesitzer zurück geht. Die Zahl derer, die Waldarbeiten noch selbst verrichten können und Zeit für ihren Wald haben, wird immer geringer.“ Daher ist es ihm und Behördenleiter Dumpert auch sehr wichtig, dass die Waldbesitzer nicht nur nach ihrem Holz schauen, sondern auch ein wachsames Auge auf die übrigen Fichtenschläge des Forstes haben, um auch einmal einen Käferbefall zu melden. Um eine Massenvermehrung und einen Flächenbrand zu vermeiden, müsse spätestens jetzt gehandelt werden, erklärt Lindl. Hier sind sich die Fachleute mit ihrem eindringlichen Appell einig.

Größere freie Waldflächen müssen erneut aufgeforstet werden. Zur Wiederaufforstung gibt es für Mischbestände und Laubwälder Fördermittel. Reine Nadelbestände werden nicht gefördert. Der Forst der Zukunft ist nicht der Wald von heute. Behördenleiter Dumpert, Förster Lindl und ihre Kollegen in den Landkreisrevieren vor Ort, sind die Ansprechpartner für den Zukunftswald. Für die Waldbesitzer gibt es inzwischen ein bayerisches Waldinformationssystem und eine Risikoeinschätzung für alle bekannten Waldflächen. Auch angepasste Wildbestände helfen, dass der Jungwuchs bessere Startchancen bekommt. Vitale Zukunftswälder – eine Herausforderung der Gegenwart.

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