"Schweren Herzens" zur Entlassung entschieden
Als der Rettungswagen weg war, klagte die Seniorin über Schmerzen im Brustkorb und rief den Bereitschaftsdienst der kassenärztlichen Vereinigung. Im Dienst war der Bamberger Arzt Hans-Joachim Herold, zugleich Chef der dortigen Notarztgruppe. Zum Fall will er sich nicht äußern. Er habe den Rettungsassistenten auch nicht angezeigt. Tage später sei aber der Arbeitgeber auf ihn zugekommen, das Bayerische Rote Kreuz.
Schweren Herzens habe man sich von dem Mitarbeiter getrennt, sagte Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer des BRK, denn der junge Mann sei ein "angesehener Rettungsassistent" gewesen. Der 29-Jährige galt als das Zugpferd einer Öffentlichkeitsaktion im Kampf gegen Gewalt gegen Rettungskräfte. Der Berufsverband spricht von einer "in Bayern üblichen Vorgehensweise der Mitarbeiterentsorgung".
Infusion war weder lebensrettend noch anderweitig dringlich
Dagegen wehrt sich der Landesgeschäftsführer und verweist auf den Anhörungstermin. "Man hätte es im Nachgang auch bei einer Abmahnung belassen können", doch die Äußerung des 29-Jährigen, er würde jederzeit wieder so handeln, habe den entscheidenden Ausschlag gegeben. Es sei nicht tragbar, als Mitwisser darauf zu warten, bis was passiere. Es habe keine Gefahr in Verzug bestanden. Die Infusion sei weder lebensrettend noch dringlich notwendig gewesen. Die Patientin hätte nach einem Sturz auf den Kopf und wegen ihrer Medikamente in ein Krankenhaus eingeliefert werden müssen.
"Hier wird in keiner Weise die Verhältnismäßigkeit gewahrt", sagt Marco König vom Deutschen Berufsverband Rettungsdienst in Lübeck. "Ein Patienten- und Mitarbeiterschutz eines Arbeitgebers sieht anders aus". BRK Landeschef Stärk sieht dagegen die vom Verband angesprochene "Verhältnismäßigkeit" gewahrt.
Was hat der geschasste Rettungsassistent gesagt?
Denn die Infusion habe nicht im Verhältnis zur Notwendigkeit gestanden. Dem Roten Kreuz sei keine andere Wahl geblieben. Und auch der Personalrat, der unter anderem aus Rettungsassistenten bestehe, habe der Entscheidung zugestimmt. Die verhaltensbedingte Kündigung sei nach der Äußerung des Mitarbeiters unumgänglich gewesen. Doch der kontert jetzt und dementiert diese angebliche Aussage, es "wieder zu tun".
"Stimmt nicht", sagt Kreisgeschäftsführer Klaus Otto, der den Gesprächsverlauf dokumentierte. Er ist noch in der Weiterbildung vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter. Die Infusion dürfte er selbst dann nicht legen, wenn sie nötig gewesen wäre. Zum Verhängnis könnte dem 29-Jährigen jetzt seine eigene Gründlichkeit werden. Denn er dokumentierte seine Maßnahmen gewissenhaft.
"Vielleicht ein geringfügiger Verstoß"
Verbandschef Marco König will gar nicht ausschließen, dass hier "vielleicht ein geringfügiger Verstoß" vorliege. Das müsse man erst intensiver prüfen, was aber nur in Verbindung mit der Krankenakte gehe. Auch sei die Kündigung formal falsch und nicht tragbar. Er glaubt, dass die Wiedereinstellung damit nur eine Formsache sei und nicht einmal verhandelt werden müsste.
Für den Rettungsassistenten geht es um alles, er will Notfallsanitäter werden. Schule und Klinik hätten bereits geäußert, die Ausbildung fortzuführen. Er braucht einen Praxisplatz auf einer Rettungswache. Sein Wunsch war Bamberg.