BRK-Mann nach Einsatz entlassen

Von Markus Roider
Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa Foto: red

Ein Bamberger Rettungsassistent (29) wurde entlassen, weil er einer Patientin während eines Einsatzes auf eigene Faust eine Infusion gelegt hatte. Damit habe er seine Kompetenz überschritten, so der Kreisverband des Roten Kreuzes in Bamberg. Der Gefeuerte wehrt sich und bekommt Rückendeckung.

 
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Der Einsatz, der zur Entlassung des Rettungsassistenten führte, soll so gelaufen sein: Am Osterwochenende wurde ein 29-jähriger Rettungsassistent mit einem Kollegen zum Einsatz gerufen. Eine ältere Frau, die erst aus dem Krankenhaus entlassen wurde, war zu Hause gestürzt und auf den Kopf gefallen.

„Eine Kompetenzüberschreitung"

Lebensbedrohlich sei die Situation nicht gewesen, sagen am Geschehen Beteiligte. Die Frau wollte nicht ins Klinikum gefahren werden. Und so bot der Rettungsassistent an, ihr eine Infusion zu legen. „Eine Kompetenzüberschreitung", sagt Klaus Otto vom BRK Kreisverband Bamberg.

Schon in lebensbedrohlichen Situationen sei die "Notfallkompetenz" umstritten, das Thema wird seit Monaten in Fachkreisen diskutiert. Der Sanitäter beruft sich darauf, dass die Angehörigen einverstanden gewesen seien. Ein Enkel der Frau sei selbst Rettungsassistent. Einen halber Liter Vollelektrolyt-Lösung habe der 29-Jährige verabreicht. Nichts Gefährliches also. Alles sei säuberlich dokumentiert.

Patientin voll zurechnungsfähig

Nach dem Sturz habe die Seniorin über leichte Rückenschmerzen, Durchfall und Erbrechen geklagt, schreibt der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst. Von diesem Verband lässt sich der Rotkreuzler vertreten. Die Patientin sei ebenso wie ihre Angehörigen "nach der umfangreichen Aufklärung mit dieser Maßnahme einverstanden" gewesen und lehnte "bei voller Zurechnungsfähigkeit" eine Beförderung durch den Rettungsdienst schriftlich ab.

Der Rettungsassistent klärte die Patientin und deren Familienmitglieder laut Angaben des Berufsverbandes umfangreich auf, dass sie bei erneuter Verschlechterung des Gesundheitszustandes nochmal den Rettungsdienst oder alternativ den kassenärztlichen Bereitschaftsarzt rufen sollen.

"Schweren Herzens" zur Entlassung entschieden

Als der Rettungswagen weg war, klagte die Seniorin über Schmerzen im Brustkorb und rief den Bereitschaftsdienst der kassenärztlichen Vereinigung. Im Dienst war der Bamberger Arzt Hans-Joachim Herold, zugleich Chef der dortigen Notarztgruppe. Zum Fall will er sich nicht äußern. Er habe den Rettungsassistenten auch nicht angezeigt. Tage später sei aber der Arbeitgeber auf ihn zugekommen, das Bayerische Rote Kreuz.

Schweren Herzens habe man sich von dem Mitarbeiter getrennt, sagte Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer des BRK, denn der junge Mann sei ein "angesehener Rettungsassistent" gewesen. Der 29-Jährige galt als das Zugpferd einer Öffentlichkeitsaktion im Kampf gegen Gewalt gegen Rettungskräfte. Der Berufsverband spricht von einer "in Bayern üblichen Vorgehensweise der Mitarbeiterentsorgung".

Infusion war weder lebensrettend noch anderweitig dringlich

Dagegen wehrt sich der Landesgeschäftsführer und verweist auf den Anhörungstermin. "Man hätte es im Nachgang auch bei einer Abmahnung belassen können", doch die Äußerung des 29-Jährigen, er würde jederzeit wieder so handeln, habe den entscheidenden Ausschlag gegeben. Es sei nicht tragbar, als Mitwisser darauf zu warten, bis was passiere. Es habe keine Gefahr in Verzug bestanden. Die Infusion sei weder lebensrettend noch dringlich notwendig gewesen. Die Patientin hätte nach einem Sturz auf den Kopf und wegen ihrer Medikamente in ein Krankenhaus eingeliefert werden müssen.

"Hier wird in keiner Weise die Verhältnismäßigkeit gewahrt", sagt Marco König vom Deutschen Berufsverband Rettungsdienst in Lübeck. "Ein Patienten- und Mitarbeiterschutz eines Arbeitgebers sieht anders aus". BRK Landeschef Stärk sieht dagegen die vom Verband angesprochene "Verhältnismäßigkeit" gewahrt.

Was hat der geschasste Rettungsassistent gesagt?

Denn die Infusion habe nicht im Verhältnis zur Notwendigkeit gestanden. Dem Roten Kreuz sei keine andere Wahl geblieben. Und auch der Personalrat, der unter anderem aus Rettungsassistenten bestehe, habe der Entscheidung zugestimmt. Die verhaltensbedingte Kündigung sei nach der Äußerung des Mitarbeiters unumgänglich gewesen. Doch der kontert jetzt und dementiert diese angebliche Aussage, es "wieder zu tun".

"Stimmt nicht", sagt Kreisgeschäftsführer Klaus Otto, der den Gesprächsverlauf dokumentierte. Er ist noch in der Weiterbildung vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter. Die Infusion dürfte er selbst dann nicht legen, wenn sie nötig gewesen wäre. Zum Verhängnis könnte dem 29-Jährigen jetzt seine eigene Gründlichkeit werden. Denn er dokumentierte seine Maßnahmen gewissenhaft.

"Vielleicht ein geringfügiger Verstoß"

Verbandschef Marco König will gar nicht ausschließen, dass hier "vielleicht ein geringfügiger Verstoß" vorliege. Das müsse man erst intensiver prüfen, was aber nur in Verbindung mit der Krankenakte gehe. Auch sei die Kündigung formal falsch und nicht tragbar. Er glaubt, dass die Wiedereinstellung damit nur eine Formsache sei und nicht einmal verhandelt werden müsste.

Für den Rettungsassistenten geht es um alles, er will Notfallsanitäter werden. Schule und Klinik hätten bereits geäußert, die Ausbildung fortzuführen. Er braucht einen Praxisplatz auf einer Rettungswache. Sein Wunsch war Bamberg.

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