Bayreuth - Es war ein Abend der großen Gefühle. Des Schwelgens in Erinnerungen an eine Disco, die gar keine war – sondern ein Club. Ein Club, der schon zu Lebzeiten Kultstatus genoss. Und es war ein Abend, der Hoffnungen weckte. Auf eine schönere Nach-Corona-Normalität. Mit Party, Geselligkeit, Tanz und damit einem Zurück zu dem, was das Leben eben auch ausmacht. Mit einer „Nacht der Legenden“ wurde der einstigen DJ-Herrlichkeit im Crazy Elephant gedacht. Von zuhause aus, per Livestream. Viele wollten dabei sein, viele stimmte das glücklich. Nur ein kleiner Schönheitsfehler war mit im Spiel.

Am Tag danach zog Hauptorganisator Michael Angerer, selbst eine dieser Legenden, ein rundum positives Fazit. Zum einen, weil der Ort des Geschehens der ideale war aus seiner Sicht. Wurde das ganze doch aus der Fabrik übertragen, „das ist heute der beste Club der Stadt, so wie es das Crazy damals war.“ Zum anderen, weil die Atmosphäre unter den Hauptdarstellern passte: „Das war echt total emotional.“ Hatten sich die fünf Herren, um die sich dieser Abend drehte, zum Teil seit 30 Jahren und mehr nicht mehr gesehen. „Die waren dauernd am Tanzen, gleich lebten auch die alten Geschichten wieder auf.“ Da ging es schon auch mal ein wenig enger zu trotz Corona. Kein Problem, sagt Angerer: „Ohne negativen Test kam hier keiner rein, alle Auflagen wurden penibel eingehalten.“

Laufend in tänzerischer Bewegung war nicht zuletzt Crazy-Gründer Carl Steiner. Im Interview mit Angerer bilanzierte er die acht Club-Jahre von den Anfängen 1984 bis zum Finale anno 1992. So ganz reibungslos verlief der Start nicht, als er und sein Mitstreiter Gerd Tavernier sich mit dem Hauseigentümer über die Ablöse für die zum Teil eher traurigen Überreste des „Max 30“ verständigen müssten. Hart waren sie, diese ersten Monate, sagte Steiner, da habe man schon richtig Geld in die Hand nehmen müssen. Auch später, als es lief. Als die Helden der Plattenteller mal wieder im Eifer des Gefechts ein Stück Technik „zerlegt“ hatten. Da habe er schon ab und an tief durchatmen müssen, wenn es hieß, „wir brauchen hier mal 1000, dort mal 2000 Mark“.

Doch der Aufwand lohnte sich. Denn dem Startschuss in der Silvesternacht 1984/85 folgte nach der offiziellen Eröffnung im Februar rasch ein enormer Aufschwung, „oft standen die Leute in einer Schlange bis zum Reichshof, bevor wir aufmachten“. Das hatte nicht nur dem Flair zu tun. Sondern vor allem auch mit der Musik. Die wechselte nämlich an jedem Tag, da seien alle Stile und Geschmäcker bedient worden. Dafür zuständig zeichneten die Legenden, denen jetzt diese Nacht gewidmet war. Neben Angerer die Herrschaften Selly, Jak, Marty und Lui . Denn die hatten ihre ganz eigenen musikalischen Vorlieben, die sie dem tanzfreudigen Publikum näherbrachten.

Selly etwa, ein Mann der ersten DJ-Stunde, war in erster Linie den eher rockigen Klängen zugetan, da ging es nicht selten Gitarren-lastig zu. Dann war da Jak, Freund der für jene Disco-Zeiten reichlich extravaganten Indie- und Alternative-Klänge, für die sich rasch ein großer Fan-Kreis fand – womit in Bayreuth plötzlich auch der Montag zum Ausgehtag wurde. Jak, ganz bescheiden, im Fabrik-Gespräch: „Ja, das war manchmal schon ganz gut besucht.“

Jede Legende durfte für die zwei angebotenen Livestreams fünf Favoriten auswählen als musikalische Grundlage für das Abtanzen auf dem heimischen Parkett. Oder fürs gemütliche Zuhören. Die Chance nutzten zahlreiche Crazy-Fans. Rund 800 waren ständige Gäste zur Freude Angerers. Da wissenschaftliche Studien zeigten, „dass in der Regel dann zwei Leute vor dem Bildschirm sitzen, könnten es also wohl mehr als 1500 gewesen sein.“ Eine „tolle Resonanz“. Auch auf der Chat-Plattform war jede Menge los. Man tauschte sich aus über die passenden Getränke für diese Stunden, traf sich virtuell nach langer Zeit wieder, gab Anekdoten zum Besten. Klar, dass auch der Wunsch nach Mehr aufkam. Übrigens auch bei den Legenden selbst, „ja, wir haben uns unterhalten, ob wir nicht mal eine echte Live-Sache auf die Beine stellen, wenn es wieder möglich ist“, sagt Angerer. Doch so etwas komme schnell aus dem Überschwang der Gefühle heraus, die praktische Umsetzung sei dann etwas Anderes. „Schließlich sind wir ja nicht mehr die jüngsten., ich bin mit 56 das Nesthäkchen“.

Von einer „richtig guten Veranstaltung“ sprach am Tag danach auch Alexander Küfner, Vorsitzender des Vereins Crazy Elephant, der sich 2013 gründete, um das Gedenken an die goldenen Club-Zeiten hochzuhalten. Der dazu auch schon einige Veranstaltungen organisierte, die für Gesprächsstoff sorgten. Mit riesigem Zuspruch. Auch wenn sein Stellvertreter Thomas Hübner die Nacht der Legenden als Co-Moderator und Chef der Playlists begleitete – so ganz glücklich ist Küfner nicht damit, wie die zweijährige Vorgeschichte ablief: „Es wäre schöner gewesen, wenn man etwas mehr gemeinsam gemacht hätte, der Verein ist schon ein wenig in den Hintergrund geraten dabei.“ Michael Angerer sagte Im Kurier-Gespräch, die Nacht sei vor allem für „die Legenden der Jahre 1984 bis 1987 gedacht gewesen, das mit dem Verein kam ja erst deutlich später“.

Das will Küfner nicht so ohne weiteres stehen lassen, schließlich sei Thomas Hübner alias Mad T ja auch schon 1987 als DJ dabei – „und die anderen haben später schon auch noch aufgelegt“. Was aber nichts daran ändere: „Das war wirklich eins ehr gelungener Abend.“ Er hofft, jetzt im Verlauf dieses Jahres die nächste Crazy-Revival-Party auf die Beine stellen zu können, wenn die Pandemie es zulässt. Mit der alten Abfüllerei oberhalb des Liebesbier hätte man auch schon einen idealen Ort.