Der ehemalige Vizepräsident rief die Amerikaner zu Geschlossenheit auf: „Wir mögen Gegner sein, aber wir sind keine Feinde.“ Es sei an der Zeit, den Zorn abzulegen. Dies dürfte auch eine Reaktion auf Trump sein, der sich seit Tagen - und ohne Beweise - als Opfer systematischen Wahlbetrugs darstellt und das sofortige Ende der Auszählung fordert.
Die Vorwürfe bekräftigte er am Samstag auf Twitter erneut. Inzwischen gibt es an seinem Verhalten auch in der eigenen Partei Kritik. Trump hat aber deutlich gemacht, dass er sich keinesfalls mit einer Niederlage abfinden will. Er droht mit einer Klagewelle bis hinaus zum Obersten Gericht der Vereinigten Staaten, dem Supreme Court.
Biden gab unterdessen bekannt, dass er zusammen mit der möglichen künftigen Vizepräsidentin Kamala Harris begonnen habe, die Übernahme der Regierungsgeschäfte vorzubereiten - unter anderem mit Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Man könne den bereits verstorbenen Amerikanern nicht mehr helfen - aber „wir können in der Zukunft viele Menschenleben retten“. Biden wirft Trump vor, in der Corona-Krise versagt und dadurch den Tod vieler Amerikaner verschuldet zu haben. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen stieg in dieser Woche auf Rekordstände mit mehr als 120 000.
In den noch ausstehenden Bundesstaaten stellte sich die Situation am Samstagnachmittag (15 MEZ) wie folgt dar:
PENNSYLVANIA (20 Stimmen):
In dem Staat im Nordosten führte Trump zu Beginn der Auszählung zeitweise mit mehr als 700.000 Stimmen. Biden holte aber mit Auszählung der Briefwahlstimmen immer mehr auf und übernahm am Freitag die Führung. Inzwischen hat er einen Vorsprung von knapp 29.000 Stimmen.
GEORGIA (16 Stimmen):
In dem Staat im Südosten lag Trump anfangs mit mehr als 300.000 Stimmen vorn. Im Laufe der Auszählung schmolz der Vorsprung zusammen. Inzwischen hat Biden einen Vorsprung von mehr als 7000 Stimmen. Das sind weniger als 0,1 Prozentpunkte. Bei einer erwarteten Neuauszählung soll jede Stimme neu eingescannt werden, was bis Ende November dauern könnte. Die Demokraten haben Georgia seit 1992 nicht mehr gewonnen.
ARIZONA (11 Stimmen):
Die Nachrichtenagentur AP und der Fernsehsender Fox hatten den Staat recht früh in der Wahlnacht bereits Biden zugeschlagen. Andere Medien hielten sich zurück. Im Laufe der Auszählung konnte Trump aufholen. Biden hielt zuletzt einen Vorsprung von knapp 30.000 Stimmen.
NEVADA (6 Stimmen):
In dem Wüstenstaat mit der Glücksspiel-Hochburg Las Vegas sah es nach einem knappen Erfolg Bidens aus. Er führte zuletzt mit mehr als 22.600 Stimmen.
NORTH CAROLINA (15 Stimmen):
In dem Ostküsten-Staat lag Trump mit mehr als 70 000 Stimmen vorn, was für Biden kaum noch einzuholen war. Besonderheit: In North Carolina werden sogar noch Briefwahlstimmen gezählt, die bis zum 12. November eingehen - also neun Tage nach dem Wahltag. Mit einem Ergebnis wurde am Freitag nicht mehr gerechnet. Alaska, wo es ebenfalls noch kein Ergebnis gab, gilt als sichere Bank für Trump.