Herr Stelter, was haben Sie eigentlich gegen die Ehe?
Er ist eine rheinische Frohnatur, ein Fernsehgesicht, das wohl jeder kennt: Bernd Stelter, bekannt aus „7 Tage, 7 Köpfe“ und „Verstehen Sie Spaß?“ kommt mit seinem Soloprogramm „Wer heiratet, teilt sich Sorgen, die er vorher nie hatte“ am Freitag, 2. Dezember, nach Kulmbach. Warum er alles andere als ein Eheverweigerer ist und nicht alles immer lustig sein muss, verriet der Komiker, Moderator und Romanautor im Gespräch mit dem Kurier.
Herr Stelter, was haben Sie eigentlich gegen die Ehe?
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Bernd Stelter: Wenn Kabarettisten und Comedians auf der Bühne stehen und immer erzählen, warum Männer und Frauen nicht zusammen passen, dann langweilt mich das. Männer schlafen sofort ein, Frauen können nicht einparken, das ist doch immer der gleiche Mist. Also dachte ich mir: Machen wir es doch mal anders und sagen: Männer und Frauen passen sehr gut zusammen. Und nicht nur das, es macht Spaß und ist sogar noch gesund.
Der Titel des Programms suggeriert aber das Gegenteil.
Stelter: Genau das ging mir auf den Zeiger, erst so herum wird ein Schuh draus. Und so ist es überhaupt erst ein spannendes Programm geworden, wie ich finde. Zwei Drittel meiner Programme schreibe ich selbst. Gerade ich lebe von meiner Authentizität. Ich bin keine Kunstfigur und stehe als irgendwer auf der Bühne, sondern das bin halt ich, Bernd Stelter. So wissen die Leute: Was der da erzählt, das sieht der auch so.
Woher nehmen Sie Ihre Einfälle?
Stelter: Wenn ich ein Programm zur Silberhochzeit und pro Ehe mache, suche ich zuallererst einen Titel. Dieser jetzt („Wer heiratet, teilt sich Sorgen, die er vorher nie hatte“) gefällt mir gut, weil man sich ein bisschen damit beschäftigen muss. Und dann fragt man sich: Was gehört denn alles dazu? Und dann geht es los. So kam ich auf die Festrede zur Silberhochzeit, die ein sauerländischer Bauer auf seinen Nachbarn hält. Dann habe ich einen 14-jährigen Hip Hopper, der ist auf einer Hochzeit und kriegt nicht geklärt, was er da alles sieht. Ich halte auch eine Rede auf dem Kongress der Standesbeamten und Standesbeamtinnen über gleichgeschlechtliche Verbindungen. Oder ich erkläre, warum man nicht heiraten darf, wenn man verliebt ist. Das sind alles Ideen, die mir automatisch einfielen zu diesem Thema, und dann setzt man sich halt hin und schreibt.
Was haben Sie denn vor Ihrer Fernsehkarriere gemacht?
Stelter: Ich habe mit 16 Jahren angefangen, Tanzmusik zu machen. Dann habe ich die ersten Lieder selbst geschrieben, das war die Liedermacherzeit, Reinhard Mey war ein großes Vorbild und Hannes Wader. Und dann kam das Studium der Volkswirtschaftslehre in Bonn, das ich mir mit Musik finanziert habe. Und dann kam ich, als Westfale, zum Kölner Karneval wie die Jungfrau zum Kind, denn ich spreche kein Rheinisch. Dann moderierte ich bei WDR und RPR und war Station Voice bei Antenne Bayern. Wenn Sie früher gehört haben: „Guten Morgen Bayern mit Stefan Lehmann“, das war ich. Dann kam das Fernsehen dazu, einer ARD-Show, mit Rudi Carrell und 30 Mal „Verstehen Sie Spaß?“ und mein NRW-Duell. Eine tolle Zeit, wenn ich mir etwas aussuchen darf, dann stehe ich trotzdem lieber auf Bühnen.
Rudi Carrell war Ihr Mentor. Was hat er Ihnen beigebracht?
Stelter: Er hat mich engagiert und natürlich jede Woche Tipps gegeben. Ich ging in sein Büro und er hat mir erklärt, was zu machen ist. Was mir am wichtigsten war, er hat damals zu mir gesagt (imitiert Carells Stimme): „Es war alles okay, aber weißt du, ein dicker Mann, der beugt sich nicht nach vorne und brüllt, der lehnt sich zurück und erzählt seine Geschichte.“ Seitdem lehne ich mich zurück und erzähle meine Geschichte. Was vielleicht noch wichtiger war, Rudi Carell war der, der mir gesagt hat: „Wenn du den Leuten einen schönen Abend machen willst, dann bring‘ sie zum Lachen. Wenn du ihnen einen tollen Abend machen willst, dann bring‘ sie zum Lachen und zum Weinen.“ Nur Lachen ist doch langweilig, manche Sachen müssen einem auch mal im Halse stecken bleiben.
Nehmen Sie überhaupt aktuelle politische Entwicklungen auf? Nach der US-Wahl nehmen doch alle Kabarettisten Donald Trump als Vorlage. Sie nicht?
Stelter: Ich habe auch ein Comedy-Programm, da mache ich einen Gag nach dem anderen und da habe ich natürlich Trump dabei, sehr massiv, ich habe ein halbes Musical über Trump geschrieben. Aber ich bin eigentlich kein Comedian, der zwei Stunden lang auf der Bühne steht und irgendwas erzählt, Hauptsache, es ist witzig. Das wäre mir zu wenig, ich habe immer ein Thema und das wird beackert. Es muss nicht immer alles lustig sein. Ich bin ein sehr politischer Mensch, aber mich interessiert die Tagespolitik im Endeffekt nicht so sehr. Mit wem Frau Merkel was zu Mittag isst, ist mir Wurst. Was mich extrem interessiert ist, warum ist die ganze Situation so, wie sie sich jetzt darstellt. Man spricht jetzt immer von Abgehängten, aber nein, nein, nein, das ist es nicht.
Sondern?
Stelter: Ich glaube, die Leute fühlen sich überfordert von einem Thema wie der Globalisierung. Die Leute kriegen das nicht ganz geschnallt, dass da nachts weiter gehandelt wird und da ein Chinese ist, der billiger produziert als sie. Das ist alles irgendwann irgendwie sehr schwer zu verstehen. Es wäre sinnvoll, dass Politiker das erklären, das passiert aber nicht. Man hat eine diffuse Angst und da bräuchte man Hilfe, doch bei dieser Hilfe, da versagt die Politik, wie ich finde.
Macht Ihnen das Ergebnis der US-Wahl Angst?
Stelter: Es war ja von vorneherein klar, dass da zwei Leute gegeneinander antreten, die beide nicht beliebt sind. Insofern war die Möglichkeit, dass es so schief geht, permanent da. Ich hatte die auch von Anfang gesehen. Es wird bekanntlich nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird, aber Sorgen mache ich mir da schon, weil es nach dem Ende einer liberalen Wirtschaft aussieht. Aber ich bin alt genug, dass ich mich an Ronald Reagan noch gut erinnern kann und da ist doch mit Trump vieles identisch. Nur die kurzfristige Tagespolitik, nur sich darüber aufregen, was jetzt gerade passiert, das ist leider zu wenig und das passiert mir im Moment zu häufig.
Übrigens haben Sie ja auch eine literarische Seite. Schreiben Sie gerade wieder an einem Roman?
Stelter: Er ist fertig! Auf der Buchmesse in Leipzig am 24. März wird er vorgestellt, am 16. März kommt er auf den Markt. Das ist ein Camping-Krimi mit dem Titel „Der Killer kommt auf leisen Klompen“, wobei Klompen Holzschuhe sind. Ich habe da viel Herzblut investiert und freue mich darauf, damit quer durch Deutschland auf Lesereise zu gehen. Alles Sachen, die ich sehr gerne mag.
Haben Sie nie Sorge, dass Ihnen irgendwann nichts mehr einfällt?
Stelter: Wissen Sie, Heinz Erhardt, der war manisch depressiv und hatte jeden Morgen, wenn er wach wurde, das Gefühl, am nächsten Morgen fällt ihm dasselbe nicht mehr ein. Ich bin nicht manisch depressiv, aber das Problem oder Gefühl, dass mir irgendwann nichts mehr einfällt, habe ich natürlich auch und das hat jeder Komiker, der ernst genommen werden möchte.
Die Fragen stellte Redakteurin Ute Eschenbacher