Schanelec, eine der bekanntesten Vertreterinnen der sogenannten Berliner Schule, besetzt eine Nische. Ihre unterkühlten Filme erreichen meist nur ein kleines Publikum. Was ja als grundsätzliches Problem des deutschen Kinos gilt. Millionenhits, wie aktuell Caroline Links "Der Junge muss an die frische Luft", sind die Ausnahme. Ihr Film beschreibt berührend die Kindheit von Hape Kerkeling in den 70er Jahren im Ruhrgebiet.
Fatih Akin blickt in "Der Goldene Handschuh" auf den gleichen Zeitraum. Aber mit düsterem Blick. Er zeigt vor allem verlorene Gestalten in der gleichnamigen Spelunke. Ganz klar: Für einen netten Abend mit der Familie, so wie mit dem Kerkeling-Film, taugt der "Handschuh" nicht. Nicht nur, weil erst frei ab 18 ist.
Neben Hauptdarsteller Jonas Dassler, der sich mit viel Maske in ein Monster verwandelt, geben auch Schauspielerinnen wie Margarethe Tiesel und Martina Eitner-Acheampong dem Film eine schmerzhafte Körperlichkeit. Sie spielen Frauen, die ganz unten sind. Alkoholikerinnen und frühere Prostituierte.
Vieles ist wie eine Groteske inszeniert. Honka hängt gegen den Leichengeruch grüne Duftbäumchen auf. Es wird gekotzt, gewürgt, geschlachtet, vergewaltigt, gemordet. Meist geschieht das eher erwartbar, nicht überraschend wie in einem Horrorschocker.
Ihnen sei bewusst gewesen, dass sie harte Sachen zeigten, räumt Produzentin Nurhan Sekerci-Porst ein. Für das Team hätten sie Psychologinnen am Set gehabt. Wie sich manche Szene für die Schauspielerinnen angefühlt habe? Sie habe sich beim Dreh nicht ausgeliefert gefühlt, versichert Tiesel. "Die Wahrheit wird einfach erzählt." Für den Zuschauer ist das aber oft schwer erträglich.
Er habe Gewalt nicht zelebrieren, jedoch verstörend zeigen wollen, sagt Akin. "Der Film ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Und das ist auch okay." Akin ist selbst Hamburger. Der 45-Jährige kennt St. Pauli und die klebrigen Tresen der Kiezkneipen. Er habe allen Figuren eine Würde geben wollen. Dem Mörder, aber auch den Frauen. Bei ihnen wolle er den Überlebenswillen zeigen.
Erste Kritiken nach der Premiere am Samstagabend fielen kontrovers aus. "Spiegel Online" sprach von einem "Splatter-Kammerspiel": Nach dem Verlassen des Kinos "möchte man sehr heiß duschen und dann intensiv mit Mundwasser gurgeln". Ekel löse der Film aus - "viel mehr leider nicht". Tatsächlich ist Honkas Wohnung so siffig, dass man lieber nichts anfassen wollte: Kippen, Kornflaschen, Nacktbilder.
Der RBB sah das "erste große Ärgernis des Festivals": Die Welt, die Akin auf die Leinwand bringe, sei eine abstruse Groteske und der Film würdelos. Eine Kritikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärte, sie finde den Frauenhass im Film "schmerzhaft", "hoch problematisch" und "auch kontextlos". Der Berliner "Tagesspiegel" dagegen meinte, es sei ein "gelungen düsterer" Film.