Beklaute Seniorin wohl kein Zufallsopfer

Von Marie-Christine Fischer

Eine junge Frau mit Babybauch und Blumenstrauß verwickelt eine Seniorin in ein Gespräch - während ihr Komplize die Wohnung der Seniorin im Betreuten Wohnen Brigittenpark in Pegnitz ausräumt. Schmuck im Wert von rund 80.000 Euro und rund 20.000 Euro Bargeld sollen die Gauner erbeutet haben. Hatten sie ihr Opfer gezielt ausgesucht?

 
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Das Gebäude an der Friedrich-Engelhardt-Straße, eine barrierefreie Wohnanlage, macht es Einbrechern nicht leicht. Wer hinein möchte, muss mit einem Schlüssel den automatischen Türöffner aktivieren. Wer bei einer der 45 Parteien läutet, den sieht der Bewohner über eine Videosprechanlage auf einem Bildschirm in seiner Wohnung.

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Seniorin machte es den Gaunern leicht

Die Trickdiebe, die am Sonntag eine 85-jährige Bewohnerin um Schmuck und Geld gebracht haben, scheinen darauf vorbereitet gewesen zu sein. Als die junge Frau gegen 13.30 Uhr bei der Seniorin klingelt, hat sie einen Blumenstrauß bei sich, mit dem sie ihr Gesicht verdeckt. Sie bringt die Seniorin dazu, aus ihrer Wohnung im fünften Stock an die Haustüre herunter zu kommen. Ihre - möglicherweise auch nur durch eine Atrappe vorgegebene - Schwangerschaft mag zur Begründung gedient haben, nicht selbst hinaufkommen zu können.

Nicht nur, dass die Seniorin sich darauf einlässt. Sie macht offenbar noch einen zweiten Fehler: Sie lässt die Wohnungstür offen stehen, als sie nach unten zum Hauseingang geht. "Wir haben keine Einbruchspuren gefunden", sagt Jürgen Stadter, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken. Dass sich der Komplize - es mögen auch mehrere gewesen sein - gar nicht die Mühe machen musste, das Schloss zu knacken, erscheine deshalb "der plausibelste Verlauf".

Bestohlene soll Unternehmersgattin sein

Dass das Diebesgut tatsächlich einen Wert von rund 100.000 Euro hat, will Stadter nicht bestätigen. Die Polizei habe kein Interesse daran, "deutlich zu machen, bei wem etwas zu holen ist", sagt Stadter. Entsprechend will sich der Polizeisprecher auch nicht festlegen, ob die 85-Jährige ein Zufallsopfer war. Oder eben nicht. Letztere Vermutung liegt nahe. Die Bestohlene soll die Frau eines verstorbenen Pegnitzer Unternehmers sein.

Während eine andere Bewohnerin des Brigittenparks keinen Hehl aus ihrer Verwunderung darüber macht, dass jemand derart viel Bargeld und teuren Schmuck in seiner Wohnung aufbewahrt, ist Rainer Peterson von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle in Bayreuth dieses Phänomen sehr vertraut, zu seinem Leidwesen. "Es ist oft erschreckend, welche Bargeldreserven und Wertgegenstände Senioren zuhause haben", sagt er. Damit sind sie beliebte Beute für all die falschen Handwerker, vermeintlich Schwangeren, Pseudo-Polizisten und angeblichen Stromableser mit ihrem nicht enden wollenden Einfallsreichtum. "Zuweilen labern die den Senioren sogar den Tresor auf", sagt Peterson.

Belege für Wertsachen immer aufbewahren

Er rät: Erstens zu Misstrauen. Zweiten dazu, im Zweifel die Polizei zu rufen. "Die 110 ist auch eine Servicenummer." Und drittens dazu, Bargeld und Wertgegenstände, sofern man sie denn unbedingt zu Hause aufbewahren will, bestmöglich zu schützen. Sie sollten in einem Tresor liegen. Von Schmuck und ähnlichem sollte man Rechnungen und Zertifikate aufbewahren und Fotos machen, um im Zweifel belegen zu können, der rechtmäßige Eigentümer zu sein.

Der 85-Jährigen aus dem Brigittenpark bleibt nur, zu hoffen, dass die Ermittlungen Erfolg haben und das Diebesgut wieder auftaucht. Die Polizei (Telefon 0921/5060) hofft auf Hinweise auf die junge Frau. Sie soll etwa 20 Jahre alt, 1,60 Meter groß und schlank sein. Am Sonntag trug sie ein schwarz-weiß gestreiftes T-Shirt, eine schwarze Jacke und schwarze Leggings.