Bei der Feuerwehr Creußen gibt es keine Probleme zwischen den Geschlechtern Frauen rücken aus

Von
Im Herbst stellen sie eine komplette Frauen-Gruppe bei der Feuerwehr Creußen: Kerstin Eckert, Corinna Küffner, Alina Meißner, Leonie Bauer mit Elli und Mika, Franziska Böhm (hinten von links) sowie Nicole Rustler, Mellissa Scherm, Melanie Körber, Lena Busch mit Nora und Susann Fiedler (vorne von links). Foto: Frauke Engelbrecht Foto: red

Frauen zur Feuerwehr – so lautet eine Kampagne des Landesfeuerwehrverbandes Bayern. Bei der Feuerwehr Creußen gehören Frauen ganz selbstverständlich zu den Aktiven dazu. 1992 trat die erste weibliche Einsatzkraft dort ein. Inzwischen sind von den insgesamt 43 Aktiven acht Frauen dabei.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Susann Fiedler (30) ist seit ihrem 16. Lebensjahr im Dienst. „Ich bin durch eine Freundin dazu gekommen“, erzählt die Erzieherin, die selber zwei Kinder – zwei und vier Jahre – hat. Aus ihrer Familie war bislang keiner bei der Feuerwehr dabei. Besonders zählt für sie die Kameradschaft in der Wehr. Die war schon bei ihrem Einstieg über die Jugendwehr groß, sagt sie. Diese Gemeinschaft ist aber nicht nur in der Wehr selber, sondern auch im privaten Bereich. Die 30-Jährige ist Löschmeisterin, Geräteträgerin und Gruppenführerin. Susann Fiedler hat acht Jahre die Jugendgruppe selbst geleitet. „Ich wollte das weitergeben, was ich bei meinem Einstieg bekommen habe, wollte motivieren“, sagt sie. Nachdem sie in mehreren Führungsgremien war und inzwischen zwei Kinder hat, wurde ihr das zeitlich irgendwann zu viel.

Kein Problem zwischen den Geschlechtern

Ohne Feuerwehr kann sie es sich gar nicht mehr vorstellen, so Fiedler. „Das ist wie meine zweite Familie“, sagt sie. Ihre wirkliche Familie steht hinter ihrem Engagement. „Zum Glück“, sagt sie. Auch ihre beiden Kinder sind schon ganz heiß auf die Feuerwehr. Wenn es vom Programm passt, dürfen sie mit zu den Übungen. Probleme zwischen den Geschlechtern sieht Fiedler bei der Creußener Wehr nicht. Bei anderen Wehren sei es manchmal, dass geguckt wird, wenn eine Frau in einer Führungsposition dabei ist.

Die Einsätze, zu denen sie ausrückt, sind nicht immer einfach. „Aber wir reden hinterher immer darüber, so lässt sich das Erlebte aufarbeiten“, sagt Fiedler. Besonders schlimm ist es, wenn es Tote gibt oder Kinder unter den Opfern sind. Manchmal stehe man schon unter Spannung beim Ausrücken, denn man hat ja nur ein Alarmstichwort erhalten. Was einen genau erwartet, erfahre man dann erst vor Ort.

Die eigenen Grenzen erkennen

Seit 1995 – mit dem Wiederaufleben der Jugendgruppe – ist Nicole Rustler dabei. „Mich hat es gereizt, mal Sachen machen zu können, die ich sonst nicht tun kann“, sagt die 37-Jährige. So war es für sie eine Herausforderung, Ausbildungen zur Maschinistin und Atemschutzträgerin zu machen. „Ich wollte die Geräte bedienen können“, sagt sie. Beim Atemschutz erfahre man oft die eigenen Grenzen, sieht, was man kann und was nicht, so Rustler. „Aber mein Ziel ist es, die gestellten Anforderungen bestmöglich zu erfüllen“, sagt die Bürokauffrau. Ist sie bei Einsätzen aufgeregt? „Nein, eigentlich nur etwas angespannt, wenn es mal längere Zeit keinen gab“, sagt sie. Aber irgendwann sei es Gewohnheit, hat man beim Einsatz keine Möglichkeit, drüber nachzudenken. Sicher, manche Sachen bleiben im Kopf. „Das ist tagesformabhängig“, so Rustler weiter.

Hemmungen verlieren

Doch sie hat sich nun mal für die Feuerwehr entschieden. Hat sie mit ihrem Vater Werner Rustler – lange Jahre Jugendwart und Kommandant bei der Creußener Wehr – über bestimmte Einsätze gesprochen? „Nur so, wie mit den anderen Kameraden auch“, sagt sie. Sieht sie Nachteile in Bezug auf Frauen bei der Feuerwehr? „Nein“, sagt Rustler, „ich habe nie etwas vermisst. Mir macht es Spaß.“ Aber vielleicht wurde eine Marktlücke entdeckt, weil mit Frauen in der Feuerwehr geworben wird, fragt sie sich. Corinna Küffner (26) glaubt eher, dass mit der Aktion die Frauen eventuelle Hemmungen verlieren sollen. Insgesamt wünscht sie sich mehr, dass die Einstellung der Bevölkerung gegenüber den Aktiven toleranter ist. „Wir begegnen noch immer oft Unverständnis bei Einsätzen“, hat sie erfahren. Küffner ist seit 14 Jahren dabei. Sie war schon oft bei Übungen im Einsatz, denn ihr Vater ist einer der Aktiven. Angefangen hat sie bei der Jugendwehr, die damals der jetzige Kommandant Mario Tauber gemacht hat. „Das war einfach mal was anderes, als sonst in den Vereinen“, sagt sie. Vor allem das Technische und die Gemeinschaft sind der Reiz für die Industriekauffrau, bei der Feuerwehr zu sein. Seit Anfang des Jahres ist sie nun Kassiererin. Ihr Vorgänger hat aufgehört und man hat sie gefragt, ob sie das Amt übernehmen wolle. Es klappt gut, obwohl momentan viel zu tun ist wegen des anstehenden Jubiläums. Aber sie kann immer jemanden fragen, wenn etwas unklar ist.

Distanz halten

Wenn Alarm ist, ist Küffner schon etwas angespannt. „Es ist schon ein Unterschied, ob das Alarmstichwort ,Ölspur oder ein Verkehrsunfall ist“, sagt sie. Etwas seltsam war ihr erster Einsatz mit einer Toten. Auch kürzlich ein Bahnunfall mit einem Suizid war nicht einfach. „Aber da war ich nicht so nah dran, konnte eine gewisse Distanz halten“, sagt Küffner. Trotzdem sei es auch für sie wichtig, hinterher über das Erlebte mit den anderen sprechen zu können.

Autor