Bayreuther Workshop Stadt soll Falschparker ins Visier nehmen

Peter Rauscher
Zugeparkte und -gestellte Gehwege machen Menschen, die auf Gehhilfen oder Rollstuhl angewiesen sind, das Leben auch in Bayreuth schwer. Foto: Uli Deck/dpa-Archiv

Was kann, was sollte die Stadt Bayreuth tun, damit ihre älteren Mitbürger gut hier leben können? Ein Jahr lang hat das Bayreuther Seniorenamt in zwölf Workshops Ideen gesammelt, die in ein seniorenpolitisches Gesamtkonzept fließen werden. Zum Finale am Donnerstag gab es noch mal ein Feuerwerk an Vorschlägen.

 
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Verantwortlich dafür war in erster Linie Reinhold Richter, Vorsitzender des Bayreuther Behindertenbeirats. Behinderte und ältere Menschen hätten bei ihren Anliegen eine breite Schnittmenge, weil auch viele ältere Menschen Probleme mit Hören, Sehen und Laufen haben, erkannte Richter und legte los: Er begann bei falsch abgestellten Fahrrädern auf Gehsteigen, die dadurch von Rollatornutzern, Rollstuhlfahrern und Sehbehinderten nicht passiert werden können.

Baustellenabsicherungen nähmen oft keine Rücksicht, Taxis fahren zu schnell in der Fußgängerzone, setzte er fort. „Und es vergeht kein Tag, an dem nicht ein Aufsteller auf dem Blindenleitsystem steht.“

Am Bahnhof habe er gerade gesehen, wie ein Restaurant den kompletten Gehsteig für seine Außengastronomie nutze, wodurch Fußgänger zu einem Umweg über den Bordstein gezwungen würden. „Statt Barrieren abzubauen, würden immer wieder neue errichtet“, klagte Richter.

Es braucht zwei Geländer

An die Stadt richtete er die Bitte, mehr gegen Falschparker vorzugehen, die für Geh- und Sehbehinderte mitunter auch gefährliche Hindernisse darstellen. An Auf- und Abgängen reiche nicht ein Geländer, es brauche zwei für mehr Sicherheit.

Seit Jahren bemühe er sich vergeblich, dass die Schwingtür am Bahnhof zum Bahnsteig, die für Rollator und Rollstuhlfahrer beim Zurückschwingen gefährlich werden könne, durch eine Schiebetür ersetzt wird.

Ampeln für Fußgänger etwa an der Hindenburgstraße hätten eine zu kurze Grünphase. Bushaltestellen müssten besser ausgeleuchtet, Ansagen für Hör- und Sehbehinderte klar verständlich sein. All dies würde der Gesundheitsprävention dienen, da Barrieren für behinderte ebenso wie für ältere Menschen einem erhöhten Unfallrisiko aussetzen.

Kein Arzttermin zu bekommen

Von den rund zwei Dutzend Teilnehmern an dem hybrid veranstalteten Workshop kamen weitere Anregungen zum Thema Gesundheitsvorsorge. Einer der wichtigsten Punkte dabei: die Erreichbarkeit von Ärzten. Eine Teilnehmerin berichtete, sie habe gerade erst vergeblich versucht, bei drei Ärzten einen Termin zu bekommen, am Ende sei sie nach 30 Minuten Warten aus einer Telefonschleife herausgeflogen. „Ich stell mich morgen dort an die Theke und bleibe, bis ich einen Termin habe, aber älter Menschen könnten das nicht“, sagte sie.

Nur zwei Hautärzte

Ein Betreuer berichtete, für einen 84-jährigen Klienten von ihm habe er ein Jahr nach einem Hausarzt suchen müssen, der auch in und wieder Hausbesuche macht. Für einen anderen Patienten mit weißen Hautkrebs kämen in Bayreuth nur zwei Hautärzte in Frage, die gesetzlich Versicherte aufnehmen.

Aussagen, die in deutlichem Widerspruch zu den Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung stehen. Die hatte Kathrin Kürzdörfer von der Gesundheitsregion Plus präsentiert und daraus geschlossen, dass die Arztversorgung in Bayreuth doch ganz okay sei. Mehr ärztliche Hausbesuche für ältere Menschen wurden denn auch von mehreren Teilnehmern gefordert.

19 Mediatoren bei Min

Einfließen in das seniorenpolitische Gesamtkonzept sollen auch mögliche besondere Bedürfnisse von älteren Migranten. Ibukun Koussemou, Integrationslotse der Stadt Bayreuth stellte dazu das seit vier Jahren laufende Projekt Migranten für Migranten für Migranten (Min) vor. Insgesamt 19 Mediatoren aus verschiedenen Ländern wurden inzwischen darin geschult, ihren Landsleuten in ihrer Muttersprache das deutsche Gesundheitssystem zu erklären: An wen man sich bei Schwangerschaft wenden sollte, wie mit Medikamenten umzugehen ist, wie die Versorgung bei Diabetes funktioniert – das und noch mehr wird dem fremdsprachigen Menschen erklärt. Auf diese Weise hätten zum Beispiel viele Geflüchtete aus der Ukraine von einer Corona-Impfung überzeugt werden können.

Sprachbarriere in Heimen

Verbesserungsbedarf sieht Koussemou bei der Unterbringung von Migranten in deutschen Heimen, die für die Betroffenen vor allem wegen der Sprachbarriere eine besonders große Umstellung sei. Außerdem regte er an ein offenes Treffen von Neuankömmlingen mit Migranten, die schon seit längerem in Bayreuth leben.

All diese Vorschläge sollen in den nächsten Wochen geordnet, priorisiert und bis zum Herbst der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Zum letzten Workshop kündigte Seniorenbeauftragte Brigitte Nürnberg an, dass dies vielleicht gar nicht der letzte war. Das Format habe sich so gut bewährt und so viel Input gebracht, dass es auch künftig für andere Zwecke.


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