Dieser Chor sucht seinesgleichen: Demenzkranke und ihre Angehörigen singen zusammen in Bayreuth. Der erste Bayreuther Demenzchor ist ein Versuch, von dem sich die Ideengeber viel versprechen.
„Seht, die gute Zeit ist nah – Hal-le-lu-hu-hu-ja“- tönt der Kanon durch die Räume der Bürgerbegegnungsstätte Am Sendelbach. Einen Chor wie diesen, der hier gerade Adventslieder anstimmt, hat Bayreuth vermutlich noch nicht gesehen. 13 Sänger, drei davon leiden an Demenz, vier sind Angehörige, der Rest einschließlich Leiterin sind Helfer des ersten Bayreuther Demenzchors.
Die Idee für einen Chor für Demenzkranke und ihre Angehörigen hatte Ursula Epp von der Fachstelle für pflegende Angehörige der Caritas in Bayreuth. „Von Seiten pflegender Angehöriger von Demenzkranken habe ich immer wieder den Wunsch gehört, wie schön eine gemeinsame Aktivität für die kranken Menschen und ihre Angehörigen wäre“, sagt sie. Beide Seiten würden darunter leiden, dass sie sich von der Teilhabe am öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen fühlen. Den letzten Anstoß gab schließlich die Bayerische Demenzwoche im September mit dem Thema „Musik erleben“.
Zusammen mit Seniorenbeauftragter Brigitte Nürnberger, der neuen Netzwerkbeauftragten Rosemarie Ederer und der Awo wurde ein Chorangebot für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen entwickelt. Seitdem sind jeden Mittwoch, 15 Uhr bis 16:30 Uhr, Demenzkranke und ihre Angehörigen unter dem Motto „Klangvoll dabei im Advent“ zum gemeinsamen Singen in die Bürgerbegegnungsstätte Am Sendelbach eingeladen. Die musikalische Leitung und Begleitung hat Tamara Bosch übernommen.
„Menschen mit Demenz sind oft nur noch schwer zu erreichen, aber Musik und vor allem Weihnachtslieder können auch in ihnen Erinnerungen an Gefühle von früher wecken“, sagt Epp. Singstunden könnten unruhige Demenzpatienten zur Ruhe bringen und sie entspannen. Gerade Advents- und Weihnachtslieder seien mit vielen Emotionen verbunden und sorgten für Wohlbefinden bei den Sängern. Die positiven Wirkungen haben sich in den ersten Chorstunden schon gezeigt, sagt Rosemarie Ederer. Die Resonanz der Teilnehmer sei sehr positiv, nach der Chorstunde seien sie stets guter Stimmung.
Singen sorge für ein gemeinschaftliches Glücksgefühl, das habe sie auch schon in der Awo-Pflegeeinrichtung erlebt, wo die Menschen nach dem Singen am liebsten gar nicht mehr auf ihre Zimmer wollten, sagt Tamara Bosch. Das Chorprojekt in der Bürgerbegegnungsstätte soll ermöglichen, dass auch Menschen, die zuhause pflegen und gepflegt werden, in den Genuss eines solchen Angebots kommen.
Noch kommen nur wenige Demenzpatienten mit ihren Angehörigen zur Singstunde in die Bürgerbegegnungsstätte. Aber die 13 Sänger an diesem Tag – krank oder nicht krank – haben hörbar Spaß beim Kanon. „Wer ist zuständig für das Halleluja?“ fragt einer. „Wir knobeln das aus“ scherzt ein anderer und alle lachen.
Das Projekt müsse sich erst herumsprechen und bekannter werden, sagt Ederer. Mit einem Demenzkranken von zuhause in die Bürgerbegegnungsstätte zu kommen, sei ja immer auch mit Aufwand verbunden. In den ersten Stunden ging es darum herauszufinden, wie intensiv die Gesangstunden sein können. Wie viele Lieder kann man singen? Wie anspruchsvoll können sie sein? Wie kann man mehr Menschen für das Projekt begeistern? Wenn diese Fragen geklärt sind, wird sich entscheiden, ob das Chorprojekt aus dem Advent im kommenden Jahr weitergeführt wird. Eine gemeinsame Weihnachtsfeier für den 14. Dezember ist bereits fest eingeplant.
Info: Anmeldung für die Teilnahme am Chor bei Ursula Epp, Telefon 0152/26499200 (Mailbox) oder per Mail an epp@caritas-bayreuth.de
