Bayreuth und seine Originale: Siegfried Jantsch macht die lokale Brauer-Historie lebendig Mit Bierkutscher Siggi durch die Stadt

Von Norbert Heimbeck
Siegfried Jantsch macht im Auftrag der Brauerei Maisel Stadtführungen zum Thema Bayreuther Bierbrauer Foto: red

„Bin ich erst mal in Bayreuth – Himmel, wie werd’ ich trinken!“ Dieser Ausspruch des Dichters Jean Paul beschreibt, wie sehr er das Bayreuther Bier liebte. Auch Siegfried Jantsch liebt Bier. Deshalb ist er tief in die Brauer-Historie der Stadt eingestiegen. Als „Bierkutscher Siggi“ führt er künftig Touristen durch die Stadt.

 
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„Es wird keine Stadtführung mit vielen Jahreszahlen werden“, verspricht „Siggi“, der mit Schirmmütze und dicker Lederschürze aussieht, als wäre er gerade vom Kutschbock gestiegen. Tatsächlich ist es schon viele Jahrzehnte her, dass das Bayreuther Bier per Pferdewagen von der Brauerei ins Wirtshaus transportiert wurde. „Bis Mitte der Fünfziger Jahre waren in Bayreuth die Bierkutschen und Stoßkarren unterwegs,“ erzählt Jantsch, der sich intensiv mit der Stadtgeschichte beschäftigt hat. Stoßkarren sehen ähnlich wie Schubkarren aus und haben Platz für drei Bierfässer. Sein Wissen hat sich Siegfried Jantsch aus den Büchern bekannter Lokalhistoriker erarbeitet: Er hat die Bücher von Bernd Mayer, Rainer Trübsbach und Kurt Herterich daheim im Regal. Bei deren Studium hat er auch viele Gschichtla von Bayreuther Wirten gefunden, um die herum er einen eineinhalbstündigen Spaziergang durch die Stadt entwickelt hat.

Die Idee dazu stammt von Harald Riedl, Museumsleiter der Brauerei Maisel: „Wir wollen Bierkultur lebendig machen.“ Die Bierführung soll bewusst machen, dass es in Oberfranken noch rund 200 aktive Brauereien gibt, die die unterschiedlichsten Biere produzieren. Die Brauer-Geschichte der Region ist überaus spannend. Und in Bayreuth selbst ranken sich viele Anekdoten um einzelne Brauer und Gastwirte. All das soll nicht in Vergessenheit geraten.

Siegfried Jantsch ist gebürtiger Bayreuther, er arbeitet in einem Reisebüro. Seit 30 Jahren trinkt er Bier. „Alles, was gut schmeckt“, antwortet er auf die Frage nach seinem Lieblingsbier. Bei Reisen hat er natürlich auch probiert, was andere Brauer im Faß haben: „Ich habe Lagerbier in Neuseeland gekostet, afrikanisches Bier in Windhoek und auch das Tsingtao-Bier in Asien,“ erzählt er. Trotzdem kommt er immer wieder aufs oberfränkische Bier zurück: „Ich habe mal ausgerechnet, wenn man täglich ein anderes Bier aus der Region trinkt, hat man drei Jahre lang zu tun, ohne dass man sich wiederholen muss“. Als Bierkutscher Siggi will er nun ein bisschen von dieser Freude an der Braukunst an seine Gäste weitergeben – auch wenn er ohne Pferd und Brauereiwagen unterwegs sein muss: „Das klappt aus mehreren Gründen nicht. Wir sind zum Beispiel in den engen Gassen in der Innenstadt unterwegs, da ist kein Durchkommen mit einer Kutsche. Außerdem haben in einer Kutsche ja höchstens fünf oder sechs Gäste Platz. Und für die Pferde ist es auch nicht so einfach.“ Aus diesen Gründen, marschiert „Siggi“ zu Fuß vorneweg und führt seine Gästegruppen vom Startpunkt an der Brauerei Maisel an Mistel- und Sendelbach entlang über Dammallee, Kanzlei- und Friedrichstraße und steuert in der Innenstadt weitere markante Punkte an, ehe am Ende ein Feierabend-Seidla im Biermuseum wartet.

Die Tour könnte auch für Einheimische interessant werden. Denn wer weiß schon so genau, wo einst der Galgen stand, an dem Schwerverbrecher hingerichtet wurden? Solch drakonische Strafen für schlechtes Bier gab es nicht, aber die „Bierkieser“ sorgten in der Stadt einst dafür, dass nur gute Ware ins Glas kam, sagt Siggi Jantsch: „In den Archiven habe ich entdeckt, dass für diesen Beruf ganz besondere Ansprüche galten. Die Männer hatten rechtschaffen zu sein, mussten sich im Brauwesen auskennen und mussten ihre Geschmackswerkzeuge rein und unverdorben zur Arbeit mitbringen. So wurde es damals formuliert.“ Eifersüchtig wachten die Bayreuther schon damals über ihre Geschäfte – im 15. Jahrhundert sicherten die „Bayreuther Stadtfreiheiten“ den Bürgern Vorrechte gegenüber der Landbevölkerung. Das Braurecht gehörte dazu. In einem Dokument aus dem Jahr 1455 ist nachzulesen, dass einer „Bierwirtin zu Bindloch frembden Bieres wegen die Fosse zerhieben“ wurden.

Eine Besonderheit sind die Beck’n-Bräuer, also Bäcker, die das Braurecht ausübten. Jantsch sagt: „So um 1860 gab es in der Stadt 54 Bäcker, die auch gebraut haben, aber nur fünf Brauer.“ Diese ehrenwerte Tradition hält heute nur noch ein einziger Bäcker am Leben. Auch das Bierwissen schwindet. Deshalb erzählt der Bierkutscher Siggi Geschichten von kauzigen Wirten, der Kussi-Kapelle und der Bierliesel. Er berichtet vom Bierkrieg, als der Preis für ein Seidla von zehn auf elf Pfennig erhöht werden sollte. Und er berichtet von vielem mehr. Er macht für eineinhalb Stunden ein Stück Bayreuther Geschichte lebendig.

Info: Die Bierkutscher-Führung kostet acht Euro. Die erste öffentliche Führung ist am 28. März ab 18 Uhr. Anmeldung im Brauereimuseum unter 09 21/40 12 34.

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